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SAP Community Network: Die Community wird wiederbelebt
Das SAP Community Network war einst das beste Forum für SAP-Entwickler, doch die Aktivitäten gingen deutlich zurück. Kann es durch ein Redesign gerettet werden?
Die SAP-Community war einst die Drehscheibe für Informationen zu SAP. Aber das Interesse an der Community und die Aktivitäten sind in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Dies bestätigte SAP-Chef Bill McDermott, der sich im Januar in einem Blogbeitrag zum Stand der SAP-Community äußerte.
„Vor kurzem habe ich mich dafür eingesetzt, dass SAP die SAP-Community wieder in eine starke Position bringt“, schrieb McDermott im Blog. „Nach einem stetigen Strom von Rückmeldungen, dass die Stimme der Community geschwächt wurde, war klar, dass wir handeln mussten.“
Nicht-SAP-Insidern stellen sich zwei Fragen: Was hat die SAP-Community so geschwächt? Und was macht SAP, um die „Stimme der Community“ unter der Leitung von McDermott wiederherzustellen?
In seinem Blogbeitrag erklärte McDermott, dass einige Änderungen in der SAP-Community im Laufe der Jahre die Mitglieder frustriert und damit die Beteiligung untergraben haben. Zudem habe das Unternehmen auf viele den Eindruck gemacht, dass SAP seine Community einfach als einen weiteren Kanal zur Verbreitung von Marketing-Botschaften nutze.
SAP-Community kehrt zu Wurzeln zurück
Ursprünglich war die Community vor allem als Ort des Informationsaustausches für SAP-Entwickler gedacht. Zu diesen Wurzeln will man wieder zurück. Um die alten Strukturen wiederherzustellen, wird das SAP Community Network (SCN) nun von SAP CTO Björn Goerke und Thomas Grassl, Vice President und Global Head of Developer Relations and Marketing, geleitet.
„Insgesamt ist die Community sehr stark. Für [McDermott] und uns war es wichtig, eine Erklärung abzugeben, dass die Community von zentraler Bedeutung für uns ist. Sie hilft uns, mit unseren Kunden, mit unseren Entwicklern und mit den Business-Experten zu arbeiten“, sagt Grassl. „Die Fragen, die die Menschen in der Community beschäftigen und die sie diskutieren möchten, sind sehr speziell. Entweder geht es um unsere Produkte oder um ein Verständnis der Geschäftsprozesse und wie man diese mit SAP implementieren kann. Das ist der Grund, warum und wie die Community entstanden ist – und weshalb sie Schwung bekommen hat.“
Björn GoerkeSAP
Grassl sieht ganz konkrete Ursachen für den Verfall der Community. Er räumt ein, dass ein Wechsel der Plattformen im Jahr 2012 auf SCN einen negativen Einfluss hatte. Das Unternehmen entwickelt jedoch eine neue SCN-Plattform, die innovative Funktionen haben wird und Ideen von Social-Media-Plattformen wie LinkedIn integriert. Diese Plattformen hätten einige Nutzer von SCN weggelockt.
„Auf der einen Seite wollen wir die Funktionalität etablieren, die die Menschen brauchen und wollen. Aber wir transformieren nicht einfach das Etablierte, sondern beginnen auch, uns mit zukunftsträchtigen Konzepten zu beschäftigen. Zum Beispiel mit dem, was soziale Netzwerke bieten können und wie wir diese Dinge in der SAP-Community für unsere Mitglieder umsetzen können“, erläutert Grassl. „Die Community durchläuft gerade ein Redesign und wir entwickeln schrittweise neue Funktionen, damit die Community-Mitglieder diese sehen und darauf reagieren und wir so Feedback erhalten können. Wir nehmen das sehr ernst. Wenn es etwas gibt, von dem die Community sagt, dass es da drin sein sollte, werden wir es uns genauer ansehen.“
Viele Faktoren führten zu Rückgang
Langjährige Mitglieder der SAP-Community sind sich weitgehend einig, dass die Aktivitäten im Laufe der Jahre zurückgegangen sind. Dies muss nicht unbedingt an der SAP-Community selbst gelegen haben, sondern kann auf eine Reihe anderer Faktoren zurückgeführt werden, zum Beispiel auf das Entstehen und Wachstum anderer Plattformen, die SAP-Anwender untereinander vernetzen.
SCN und sein Vorgänger, das SAP Developer Network (SDN), waren zentrale Plattformen im SAP-Ökosystem. Sie brachten SAP-Mitarbeiter, -Kunden und -Partner zusammen und förderten ein „echtes Gemeinschaftsgefühl rund um die SAP-Produkte“, sagt Luke Marson, Mitbegründer und CEO von iXerv, einem auf SAP SuccessFactors spezialisierten SAP-Geschäftspartner.
„Ich war ein aktives Mitglied bei SDN und SCN und profitierte enorm von meinem Engagement in diesen Communities“ sagt Marson. „Sie stellten mir auch eine Plattform zur Verfügung, auf der ich bloggen konnte. In meinem Spitzenjahr schrieb ich 34 Blogs. Insgesamt veröffentlichte ich über 100 Blogs und andere Artikel, die über 500.000 Views generierten.“
Allerdings begann der Stern von SCN zu sinken, als die damals aktuelle Website im Jahr 2012 auf eine Jive-Plattform umgestellt wurde. Die neue SCN-Site hatte laut Marson eine „uninspirierende und unintuitive Oberfläche“ und änderte gänzlich die Art und Weise, wie Inhalte gefunden wurden. Dies führte dazu, dass sich die Nutzer von der Website abwandten. Dafür verantwortlich waren allerdings auch noch andere Faktoren.
„LinkedIn startete seine Blogging-Plattform etwa zur gleichen Zeit, und die Autoren hatten deutlich mehr Views auf ihrem LinkedIn-Blog als auf demselben Blog auf SCN“, sagt Marson. „Ein letzter Sargnagel für SNC waren die zunehmenden Marketing-Inhalte von SAP, getarnt als ‚Thought Leadership‘. Mit der Reduzierung von Nutzer erstellten Content und immer mehr platzierten Marketing-Inhalten, ging der Wert der SAP-Community deutlich zurück.“
Direkte Nutzerbeteiligung verheißt Gutes
Ethan Jewett, SAP Mentor sowie Gründer und Berater bei Coredatra, einem Beratungsunternehmen für Daten-Management und Visualisierung, berichtet ebenfalls von einem Rückgang der Aktivitäten, nachdem SCN im Jahr 2012 die Plattformen gewechselt hatte.
Luke MarsoniXerv
„Nach der Umstellung auf die neue Plattform reduzierte sich meine Aktivität gravierend. Es war plötzlich viel schwieriger für mich, Inhalte auf der für mich relevanten Seite passiv zu abonnieren. Weil ich damals mit vielen anderen Dingen beschäftigt war, ist es aber schwer zu sagen, was die eigentliche Ursache war“, sagt Jewett.
Die direkte Beteiligung von McDermott und der Schritt, SCN unter der Obhut von Goerke und Grassl zu stellen, verheißt Gutes, sagt Jewett. Noch besser wäre es nach Ansicht von Jewett, wenn man die gleiche Art von Community-Experience auf Plattformen wie LinkedIn und Stack Overflow hätte, anstatt auf einer vom Hersteller kontrollierten Seite.
„Wenn die SCN Community nun in einer explizit technischen Organisation unter der Leitung des CTO steht, stellt sich natürlich die Frage: Kehrt SCN zu seinen Wurzeln als primär technische Community zurück? Oder stehen weiterhin Geschäfts- und Prozessthemen im Vordergrund“, sagt Jewett.
Technik verursachte große Probleme
Laut Gavin Quinn, Gründer und Geschäftsführer von Mindset Consulting, einem in Minneapolis ansässigen Unternehmen, das sich auf Fiori UX und die mobile Entwicklung für SAP ERP-Systeme spezialisiert hat, gab es auch technische Probleme mit dem 2012 neu gestalteten SCN.
Zum Beispiel haben sich laut Quinn Accounts manchmal nicht richtig verbunden, so dass SCN an Glaubwürdigkeit verlor, die sich die Plattform aufgebaut hatte. „Ich glaube nicht, dass der Niedergang umstritten ist. Die meisten Menschen schreiben schließlich nicht rein altruistisch, sondern weil sie eine Botschaft mit einer Gemeinschaft teilen und ihren Einfluss vergrößern möchten“, sagt Quinn. „Die Reorganisation hat das irgendwie zerstört, und man konnte sehen, wie die Anzahl der Views drastisch zurückging.“
Quinn glaubt nicht, dass Marketing-Botschaften viel mit dem Rückgang zu tun hatten. Er ist aber definitiv überzeugt, dass die Verbreitung anderer Plattformen einen signifikanten Effekt hatte. „Ich glaube nicht, dass sich jemand am Marketing gestört hat; jeder weiß, dass dies ein Business ist, nicht eine Community von Katzenliebhabern“, sagt Quinn. „Es gibt viele andere Communities, die seit der Veröffentlichung von SCN gewachsen sind, Twitter, Medium, einfachere Blog-Plattformen, LinkedIn, Podcasting und YouTube, diese Plattformen haben ein breiteres Publikum.“
Dennoch ist Quinn optimistisch, was die Richtung von SCN unter der neuen Führung angeht, auch wenn die Zukunft etwas unklar ist. „Ich mag die Idee, dass es besser werden soll“, sagt er. „Der Wert der Community, der Wert des Contents und der Verbindungen existiert immer noch und könnte wieder angezapft werden. Ob es aber funktioniert – da bin ich mir nicht ganz sicher.“
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