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Rechenzentrumsbetreiber wollen Datensouveränität

Obwohl in der IT-Welt nichts mehr wie gewohnt läuft, erwarten Marktforscher Wachstum im Rechenzentrumssegment. Viele statistische Daten lassen eine andere Interpretation zu.

Ein Blick in den Rechenzentren Report 2021 des Dienstleisters Statista könnte bei Rechenzentrumsbetreibern Freude aufkommen lassen:  Für den weltweiten Rechenzentrumsumsatz, der sich im Jahr 2020 auf 298 Milliarden US-Dollar belief, wird erwartet, dass er weiterhin mit einer hohen Rate wachsen und bis 2026 auf 394 Milliarden US-Dollar steigen wird. 60 Prozent des globalen Umsatzes entfallen dabei auf die Netzwerkinfrastruktur, gefolgt von Servern mit 26 Prozent (78 Milliarden US-Dollar) und Speichertechnik mit 14 Prozent (41 Milliarden US-Dollar).

Politisch induzierte Umsatzprobleme

Doch schon drei Jahre später sind größere Korrekturen an den Zahlwerken von 2020 notwendig. Für 2023 korrigierte Statista die Umsatzprognose für die weltweiten Ausgaben für Data-Center-Systeme nun auf 224 Milliarden US-Dollar. Angesichts des sich weiter verschärfenden Streits zwischen den USA und China, könnten auch diese Erwartungen nicht haltbar sein. 

Welche Auswirkungen die US-Sanktionen bei Chipproduktion und State-of-the-Art-Geräten auf den globalen Data-Center-Markt haben werden, ist noch nicht absehbar. Dass China Alternativen schaffen wird und muss, halten alle Beobachter jedoch für sicher, da das Bureau of Industry and Security (BIS) sogar die Lieferung von 7 Millionen Seagate-Festplatten für Huaweis Web-Services sanktionierte. Der Marktwert: 1,1 Mrd. US-Dollar. 

Ein Blick auf den chinesischen Marktanteil im RZ-Geschäft lässt schlimmes erahnen. Für das Jahr 2023 errechneten die Datenanalysten einen Umsatz von etwa 67 Milliarden Euro mit Chinas Rechenzentren (RZ). Zum Vergleich: Auf dem US-Markt werden knapp 100 Milliarden Euro umgesetzt. 

Mut zum eigenen Rechenzentrum

Die damit generell aufgeworfene Frage nach politischen und ökonomischen Abhängigkeiten, ist auch bei den Rechenzentrumsbetreibern zu spüren. Die IDC-Studie Data Center in Deutschland 2022 formuliert diese Unsicherheitsgefühl bei der branchenübergreifenden Befragung von 150 RZ-Unternehmen im ersten Schritt noch ein wenig unscharf: „Die meisten IT-Entscheider befinden sich im Spannungsfeld zwischen IT-Investitionen für das klassische Data Center und der Diversifizierung der IT-Ressourcen in Public Cloud Services, Colocation, klassischem Outsourcing oder Edge Computing.“ 

Im Kern dieser Aussage geht es allerdings darum, wo die Kontrolle der Daten stattfinden soll. Die Antwort der Befragten fällt angesichts Tausender Debatten in den letzten Jahrzehnten über die Vorteile des Outsourcings überraschend aus: „44 Prozent der Entscheider sind der Meinung, dass für die vollständige Kontrolle über alle Betriebsabläufe ein unternehmenseigenes Data Center notwendig ist.“ 

Und auch das Urteil der Entscheider über die angeblich viel besser aufgestellten Outsourcer ist überraschend. „Immerhin 41 Prozent der Entscheider, die umfassend auf unternehmenseigene Rechenzentrum setzen, erklären, effizienter als ein Cloud-Anbieter arbeiten zu können“, schreibt der IDC-Report. Bei solchen Antworten muss ein Sinneswandel in der Geschäftsleitung passiert sein. Das sonst übliche „gesundschrumpfen“ des IT-Budgets mittels Umwandlung von Capex(Capital Expenditures) in Opex (Operational Expenditures) scheint dem Willen zu mehr Investitionen für den Kundennutzen gewichen zu sein.

Nachhaltiger Energieverbrauch

Interessanterweise haben die Zusammenfassungen von Data-Center-Reports nur wenig mit IT-Prozessen zu tun. Es geht um komplexe gesellschaftliche Herausforderungen, die in zwei große Kategorien 

  • Marktanforderungen, also das politisch/gesellschaftliche Umfeld, und die 
  • Business-Prioritäten, den sorgfältigen Umgang mit den Kundendaten und -prozessen,

kulminieren. 

Top-Priorität hat laut IDC die Senkung des Stromverbrauchs auf Grund unkalkulierbarer Energiekosten (47 Prozent) bis hin zu Lieferengpässen. Eine Studie des Bitkom e.V. aus dem Jahr 2022 liefert hierzu eindrucksvolle Zahlen, wie der laxe Umgang mit den ehemals niedrigen Energiekosten inzwischen zu Konkurrenznachteilen führt: „Rechenzentren und kleinere IT-Installationen in deutschen RZ-Unternehmen verbrauchten 2020 rund drei Prozent der gesamten Stromerzeugung, was etwa 16 Milliarden Kilowattstunden entspricht. 42 Prozent davon (6,6 Milliarden Kilowattstunden) fließen in den Betrieb von Servern. Der einzig positive Effekt ist aus der Nutzung erneuerbarer Energien entstanden, so dass 1,1 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden konnten. 

Eine Wiederverwertung der RZ-Abwärme mittels Wärmepumpen oder Einspeisung in Fernwärmenetze ist auf Grund technischer Probleme weitgehend unterblieben. Trotzdem erklärten 45 Prozent der befragten Unternehmen, dass sie laut Bitkom-Studie die CO2-Neutralität bis 2020 erreichen werden. Fragt sich, ob die Vorgabe auch schon die derzeitigen Wachstumsfantasien durch Digitalisierung und KI eingepreist hat.

Mal schnell die Welt retten

An zweiter Stelle in der IDC-Rangliste steht das Bedürfnis nach gesteigerter Nachhaltigkeit mit 41 Prozent. Soziale, ökologische und ökonomische Aspekte sind die Messlatte für den Nachweis unternehmerischer Nachhaltigkeit, liefern mit ihrer Unschärfe allerdings viel Konfliktpotenzial. Das wird selbst durch genauere Vorgaben wie im Lieferkettengesetz des Gesetzgebers geschehen nicht kleiner.  Überspitzt ausgedrückt geht es um die Rettung der Welt, zu der jedes Unternehmen seinen Teil beitragen soll. 

Wirtschaftsdienstleister PwC fasst die Herausforderung so zusammen: „Eine ganzheitliche Sicht auf das gesamte Geschäftspartnerportfolio zu erlangen – von den eigenen Geschäftsaktivitäten über Lieferanten bis hin zu Kunden. Kern der Anwendung ist eine umfassende und automatisierte Risikoanalyse des Geschäftspartnerportfolios, die aus markterprobten Risikoanalysestufen besteht. Risikobehaftete Geschäftspartner werden so schnell und einfach identifiziert.“ 

Die Durchsetzung der Geschäftspartnerauslese sollen aktuell Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern voranbringen, ab 2024 werden dann auch Firmen mit 1000+ Mitarbeitern in die Sorgfaltspflicht genommen.  Als kleines Trostpflaster, verspricht die Politik, werde die Umsetzung der diversen ISO-Nachhaltigkeitsprozesse Firmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Vorläufiges Fazit: Rückbesinnung auf die eigenen Qualitäten

Erste Business-Priorität und größere Baustelle wäre laut IDC-Report die Verbesserung bei Datensicherheit und Compliance. Hier kommen viele Unternehmen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, schreiben die Autoren des Reports. Das sehen allerdings nur 40 Prozent der Befragten so. Für die Data-Center-Betreiber geht es naturgemäß darum, dass die Verfügbarkeit von Rechenzentrumsleistungen sichergestellt ist, dass die Server laufen. Danach haben Kundenwünsche mit vielen neuen Apps den Vorrang. Doch das sind nur einige Funktionalitäten. Das Rechenzentrum soll viele Facetten von vielen unterschiedlichen Protagonisten bedienen. Für das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) sollten Faktoren wie Sicherheit und Konnektivität umgesetzt sein. Genauer: Die Leistung eines Rechenzentrums soll auch in Krisenzeiten und bei Cyberangriffen jederzeit verfügbar sein. Weil viele Interessen an der Wertschöpfung des Data Center zerren, reduzieren die Betreiber die Komplexität eines Dienstleistergeflechts aus Public Cloud Services, Hosting, Colocation und klassischem Outsourcing und besinnen sich auf die eigenen Stärken. Die Kontrolle und Verantwortung für die anvertrauten digitalen Kundendaten zu haben respektive zu erlangen, ist vordringliches Ziel. 

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