Racetrack Memory und dessen Auswirkungen auf Storage
Vor 20 Jahren stellten IBM-Forscher das Racetrack-Speicherkonzept vor. Wir werfen einen Blick auf diese Technologie und wohin sie sich bis heute entwickelt hat.
Die heutigen Memory-Speicher und Speichergeräte stoßen an ihre technischen Grenzen. Angesichts des Datenaufkommens und der wachsenden Anforderungen moderner Anwendungsprogramme müssen die Speichersysteme eine höhere Dichte und Leistung als je zuvor bieten. Irgendwann werden die üblichen Speicherstrukturen jedoch nicht mehr praktikabel oder erschwinglich sein.
Racetrack Memory (auch Racetrack-Speicher) könnte all dies ändern und zumindest einiges aus der heutigen Speichertechnik durch effizientere Geräte ersetzen. Die Technik hinter dem Racetrack-Speicher versprechen mehr Leistung, Kapazität und Energieeffizienz. Außerdem soll Racetrack Memory in der Herstellung billiger sein als die meisten etablierten Geräte. Allerdings befindet sich Racetrack noch in der Erforschung. Seine Zukunft ist, wie auch die anderer Speichertechnologien, noch offen.
Warum elektrischer Strom und Nanodrähte
Stuart Parkin, Experimentalphysiker bei IBM, stellte das Konzept des Racetrack-Speicher im Jahr 2002 vor. Anfang 2008 demonstrierte ein Team von IBM-Wissenschaftlern das erste Racetrack-Speichersystem. Seitdem haben IBM und andere Forschungsteams die Technik weiterentwickelt. Sie haben Racetrack zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten auf dem Weg zu einem Angebot gemacht, das die Unzulänglichkeiten der heutigen Speicher- und Memory-Systeme beheben kann.
Festplatten beispielsweise sind auf bewegliche Teile angewiesen, die die Lese- und Schreibgeschwindigkeit beschränken. Speichergeräte mit mechanischen Komponenten tragen das Risiko eines mechanischen Versagens, verbrauchen viel Strom, erzeugen übermäßige Wärme und sind laut. SSDs andererseits sind teuer und haben eine begrenzte Lebensdauer. Der Racetrack-Speicher hingegen ist nicht flüchtig, hat kein Standby-Leck und soll neben dem geringeren Stromverbrauch eine hohe Ausdauer und Leistung bieten.
Racetrack Memory verwendet die Spintronic-Technologie. Racetrack nutzt diese für einen Festkörperbaustein ohne bewegliche Teile. Laut Parkin und See-Hun Yang von IBM Research basiert der Betrieb eines spintronischen Geräts wie des Racetrack-Speichers auf der Erzeugung und Manipulation von spinpolarisierten Strömen. Die Spintronik erlaubt extrem empfindliche Detektoren für kleine Magnetfelder, die bei Raumtemperatur und darüber hinaus funktionieren, so die Forscher.
Beim Racetrack Memory werden die Daten in einer Anordnung von magnetischen Nanodrähten – den Racetracks – gespeichert, die zusammen ein Speichersystem bilden. Elektrische Ströme schieben die Daten entlang der Nanodrähte und an den Zugriffsports vorbei, die als Schnittstellen zum Lesen und Schreiben von Daten dienen. Dieser Ansatz steht im Gegensatz zu Festplattenlaufwerken, bei denen der Lese-/Schreibkopf über die sich drehenden Platten bewegt wird, anstatt die Daten zu den Köpfen zu transportieren. (Das Prinzip ähnelt also den sequenziellen Verfahren wie bei einem Magnetband oder einem Schieberegister in einer Ferritkernmatrix.)
Die Spintronik-Technologie, die den Racetrack-Speicher antreibt, nutzt den Spin und die Ausrichtung von Elektronenpartikeln innerhalb der magnetischen Nanodrähte, um die gespeicherten Daten darzustellen. In dieser Umgebung zeigen die Elektronen entweder nach oben oder nach unten. Diese Positionierung und andere Quanteneigenschaften bieten ein System für die Zuordnung zu den binären Einsen und Nullen, aus denen die Daten bestehen. Wenn ein elektrischer Strom kontrolliert an den Nanodraht angelegt wird, können sich die Datenbits an die Stelle des Zugangsports verschieben, um Lese- und Schreibvorgänge zu erleichtern.
Die Forscher verfolgen im Allgemeinen zwei Ansätze, um die Datenbits innerhalb der Nanodrähte zu verschieben, wobei die Begriffswelt noch tief aus der wissenschaftlichen Erforschung von Magnetfeldern, (ferro-)magnetischen Materialien, der Festkörperphysik und der Nanotechnologie schöpft.
Der erste Ansatz schafft magnetische Domänen (Regionen mit entgegengesetzter Spinausrichtung, in denen Daten kodiert werden können), die durch nur wenige Nanometer breite Domänenwände getrennt sind. Die Domänenwände können durch Strom an verschiedene Stellen im Nanodraht verschoben werden, so dass sie die Datenbits direkt an die Zugangsports liefern.
Die andere Methode basiert auf magnetischen Skyrmionen, winzigen Quasi-Teilchenwirbeln, die sich durch Anlegen von Strom präzise steuern lassen. Skyrmionen sind kleine und stabile Strukturen, die sich mit hoher Geschwindigkeit durch den magnetischen Nanodraht bewegen können. Außerdem können sie durch elektrische Impulse schnell erzeugt und gelöscht werden. Wie bei Datenwänden spielt die Interaktion zwischen Skyrmionen eine wichtige Rolle bei der Speicherung und Übermittlung von Daten. Skyrmionen sind jedoch kleiner als Datenwände, so dass sie mehr Informationen in jedem Nanodraht speichern können.
Wie können Unternehmen Racetrack Memory nutzen
Wenn der Racetrack-Speicher seinem Hype gerecht wird, könnte er sowohl Memory- als auch Speichergeräte ersetzen. Je nach Gerätetyp versprechen Racetrack-Speicher eine vergleichbare oder bessere Leistung, Ausdauer und Dichte sowie eine Senkung des Energieverbrauchs und der Kosten. Diese Faktoren werden bei der Unterstützung von Big Data, künstlicher Intelligenz, Telekommunikation und den wachsenden Möglichkeiten von Handheldgeräten eine immer wichtigere Rolle spielen.
Racetrack Memorys könnten sich als recht vorteilhaft für die Datenspeicherung erweisen, die derzeit auf Festplatten angewiesen ist. Festplatten stoßen in Bezug auf Leistung und Kapazität allmählich an ihre praktischen Grenzen. Viele Unternehmen haben bereits auf SSDs umgestellt, um ihre geschäftskritischen Arbeitslasten zu unterstützen. Racetrack-Speicher übertreffen HDDs bei weitem, bieten eine höhere Speicherdichte und benötigen weniger Energie, um Lese- und Schreibvorgänge zu unterstützen. Es wird erwartet, dass die Kosten für Racetrack-Speicher auf dem Niveau von HDDs liegen werden.
Aus vielen der Gründe, die auch bei HDDs zutreffen, könnten Racetrack-Speicher SSDs ersetzen, einschließlich der neuesten 3D-NAND-Bausteine und der Storage-Class-Memory-Technologie (SCM). Die Lesezeit für eine Intel Optane-SSD beträgt beispielsweise etwa zehn Mikrosekunden. Das ist zwar nicht annähernd so schnell wie die meisten Subsystem-Speicher, aber es ist viel besser als die typische SSD der Unternehmensklasse und übertrifft die Festplatte bei weitem. Im Vergleich dazu verspricht der Racetrack-Speicher Geschwindigkeiten von weniger als 250 Nanosekunden, wobei einige Schätzungen auf weniger als zehn ns hinauslaufen. Darüber hinaus soll Racetrack Memory eine bessere Ausdauer und eine höhere Speicherdichte als SSDs sowie geringere Kosten und einen niedrigeren Energieverbrauch bieten.
Racetrack-Speicher könnten Subsystemspeicher wie statischen RAM (SRAM) und DRAM ersetzen, insbesondere wenn sie Lese-/Schreibzeiten im Bereich von zehn ns erreichen können. Dies gilt insbesondere für DRAM, das langsamer ist als SRAM. So beträgt die durchschnittliche Lesezeit für DRAM etwa 30 ns und die durchschnittliche Schreibzeit etwa 50 ns, Geschwindigkeiten, die ein Racetrack-Speicher leicht unterbieten dürfte. Racetrack-Speicher verbrauchen außerdem weniger Energie als DRAM, sind weniger anfällig für Drainage, unterstützen eine höhere Speicherdichte und kosten weniger.
Eine weitere wichtige Eigenschaft des Racetrack Memory ist, dass er im Gegensatz zu SRAM oder DRAM nicht flüchtig ist, was ihn vielseitiger macht. So könnten Unternehmen beispielsweise Racetrack-Speicher für den Hauptspeicher des Computers verwenden, jedoch mit der zusätzlichen Fähigkeit, Daten länger zu speichern, was zu einer Verbesserung der Leistung und Zuverlässigkeit von Anwendungen und Betriebssystemen führen könnte. Darüber hinaus können Unternehmen Racetrack-Speicher für System-Caches (L1, L2 oder L3), den Cache in GPUs oder jedem anderen System oder Gerät verwenden, das SRAM, DRAM oder einen anderen RAM-Typ benötigt.
Mögliche Fallstricke bei der Entwicklung von Racetrack Memory
So vielversprechend Racetrack-Speicher auch klingen mögen, es ist keine leichte Aufgabe, sie von der Experimental- in die Produktivphase zu bringen. Die Forscher müssen die Bewegung der Datenbits innerhalb der Nanodrähte besser kontrollieren, was sowohl die Leistung als auch die Zuverlässigkeit beeinträchtigen kann. So gibt es bei Racetrack-Speichern, die auf Domänenwänden basieren, derzeit keinen Mechanismus, der sicherstellt, dass sich die Domänenwände korrekt verschieben und mit den Ports ausrichten. Andererseits sind Skyrmionen aufgrund ihrer geringeren Größe elektrisch schwieriger zu erkennen als Domänenwände.
Außerdem arbeiten die Wissenschaftler mit Materialien im Nanomaßstab, die wenig Raum für Abweichungen oder Fehler lassen. Selbst der kleinste Fehler in einem Nanodraht kann sich auf die Leistung und Zuverlässigkeit auswirken. Aus diesem Grund muss das Material für den Nanodraht genaue Spezifikationen erfüllen, um sicherzustellen, dass es die Vorteile der Spintronik maximiert, ohne die internen Strukturen zu destabilisieren. Skyrmionen zum Beispiel benötigen eine bestimmte Materialumgebung, um ihre Stabilität zu erhalten. Schon kleine thermische Schwankungen können sie zum Abdriften bringen.
In der Tat wissen die Forscher noch vieles nicht, zum Beispiel wie gut der Racetrack-Storage als Ersatz für Speicher mit hoher Kapazität funktionieren wird. Theoretisch sollte die Technologie in der Lage sein, erhebliche Speicherdichten zu unterstützen, aber es gibt noch keinen Beweis dafür. Die Wissenschaftler haben vorgeschlagen, ihre 2D-Konstruktionen auf 3D-Speichergeräte auszuweiten, aber es ist nicht klar, ob sie ein Gerät entwickeln können, das datenintensive Arbeitslasten und die massiven Datensätze, die sie antreiben, unterstützen kann.
Unabhängig davon, ob Racetrack-Speicher als Speicher oder Memory verwendet wird, muss das Gerät selbst zuverlässige Lese- und Schreibvorgänge liefern, die die erforderliche Leistung erbringen und die zuverlässige Übertragung von Daten gewährleisten können. Die nanoskalige Umgebung verschärft diese Herausforderung noch. Wenn der Speicher beispielsweise auf Datenwänden basiert, müssen die Zugriffsanschlüsse die Domänen-Spin-Orientierungen unterscheiden, um die Codierung der Datenbits durchzuführen. Bei einem auf Skyrmionen basierenden Speicher müssen die Zugriffsanschlüsse erkennen, ob ein Skyrmion vorhanden ist oder nicht.
Die Spintronik ist noch ein relativ junges Forschungsgebiet. Es gibt noch viel zu lernen und zu verstehen über die Quantenmechanik und die Materialien, die zur Optimierung der Spintronik benötigt werden. Außerdem müssen die Wissenschaftler – zusammen mit anderen wichtigen Akteuren – noch die Hard- und Software entwerfen und entwickeln, die erforderlich ist, um die Komponenten des Systems miteinander zu verbinden. Darüber hinaus müssen sie die notwendige Schnittstelle für die Zusammenarbeit mit anderen Systemen schaffen.
Wie nah ist der Einsatz von Racetrack-Memory-Systemen?
Es liegt auf der Hand, dass Racetrack-Storage noch ein Stück weit von der industriellen Anwendung entfernt ist. Bevor die IT-Branche kommerzielle Geräte sehen wird, die in die IT-Infrastrukturen eingebaut werden können, vergehen noch einige Jahre. Obwohl die Wissenschaftler in den letzten zwei Dekaden erhebliche Fortschritte gemacht haben, müssen sie noch besser verstehen, wie die magnetischen Strukturen auf der Quantenebene funktionieren und interagieren. Die wissenschaftliche Gemeinschaft – und die sie unterstützende Industrie – müssen auch mehr Ressourcen in die Erforschung der Spintronik und der Materialien investieren, die für den Bau von Geräten auf der Grundlage dieser Technologie erforderlich sind.
Die Wissenschaftler müssen noch umfassende Prototypen entwickeln, die für verschiedene Anwendungen geeignet sind und unter verschiedenen Umgebungsbedingungen und mit unterschiedlichen Datenmengen funktionieren. Die Prototypen müssen umfangreichen Tests unterzogen werden. Ein Verfahren muss sicherstellen, dass produktionsreife Materialien zur Verfügung stehen, was bedeutet, dass die Wissenschaftler zunächst die am besten geeigneten Materialien ermitteln müssen. Die Forscher müssen die erforderliche Hard- und Software entwerfen und bauen und alles ordnungsgemäß prototypisieren und testen.
Angesichts der Herausforderungen, die noch vor uns liegen, wird es wahrscheinlich länger als fünf Jahre dauern, bis Racetrack Memory kommerziell nutzbar ist, aber es hängt davon ab, wie die Forscher vorankommen und welches Interesse ihre Arbeit weckt.
Es hängt auch von anderen Entwicklungen im Bereich der Speicher ab. Dazu gehören Fortschritte bei bestehenden Technologien wie NAND-Flash und SCM sowie neuere Technologien wie Phase-Change-RAM, ferroelektrischer RAM, 5D-Speicherkristalle und DNA-Speicher. Angesichts der großen Datenmengen, die auf dem Spiel stehen, ist der Racetrack-Storage auch nur ein Kandidat unter vielen, die um ein Stück vom Datenkuchen wetteifern.