Prescriptive Analytics: Analytisches Modell mit hohem Reifegrad
Prescriptive Analytics zeigt, wie sich verschiedene Handlungen auf das Geschäftsergebnis auswirken und bietet Handlungsempfehlungen für Firmen.
Immer mehr Menschen, die mit Business Intelligence und Datenanalyse zu tun haben, sprechen von Prescriptive Analytics. Doch was ist das? Während Predictive Analytics auf Basis von Prognosen Informationen darüber liefert, was passieren wird oder könnte, geht Prescriptive Analytics noch einen Schritt weiter und gibt Handlungsempfehlungen.
Unternehmen können damit auf Basis von Prognosen Entscheidungen automatisieren. Außerdem ergeben sich völlig neue Ansätze und Möglichkeiten. Mustererkennung, Prognosen, Simulationen und automatisierte Entscheidungsfindung werden in wichtige operative Kernprozesse eingebunden. Der Ansatz ist dynamisch und verwendet datengetriebene Anwendungen, die sich und das Unternehmen permanent optimieren.
Einfach ausgedrückt optimiert Prescriptive Analytics die Prozesse für die Wahl zwischen verschiedenen verfügbaren Optionen, um so die beste Handlungsempfehlung für eine bestimmte Geschäftssituation zu ermitteln. Im Reifegrad-Modell zur Analytik von Gartner liegt Prescriptive Analytics am oberen Ende. Die Matrix beginnt mit der beschreibenden Analyse (Descriptive Analytics), gefolgt von Diagnose-Analytik, Predictive Analytics und schließlich auf der höchsten Ebene Prescriptive Analytics.
Predictive und Prescriptive Analytics sagen auf Basis einer Vielzahl von Szenarien voraus, was in der Zukunft passiert oder passieren könnte. Probleme, denen Unternehmen gegenüber stehen, sind häufig sehr komplex und lassen sich möglicherweise über mehrere Handlungsoptionen lösen.
Der Unterschied zwischen den beiden Ansätzen: Predictive Analytics hilft bei der Modellierung künftiger Ereignisse, Prescriptive Analytics zeigt dem Benutzer, wie sich die verschiedenen Aktionen auf das Geschäftsergebnis auswirken und geben so Hinweise auf die optimale Entscheidung. Wenn datengetriebene Unternehmen feststellen, dass bestimmte Informationen strategische Wettbewerbsvorteile verschaffen, werden sie sich verstärkt der reiferen Prescriptive Analytics zuwenden.
Doch Vorsicht ist geboten: Auch wenn Prescriptive Analytics hohes Potenzial für größeren Geschäftserfolg bietet, kann es sehr schnell komplex werden und manche Unternehmen überfordern. Auch deswegen lassen viele Unternehmen diese Chancen ungenutzt. Laut einer Studie von Gartner nutzen nur drei Prozent der befragten Unternehmen derzeit Prescriptive-Analytics-Software, während 30 Prozent Predictive-Analytics-Tools einsetzen. Es ist aber davon auszugehen, dass angesichts von Datenflut und verbesserten Technologien die Akzeptanz von Prescriptive Analytics in den kommenden Jahren wachsen wird.
Der Prescriptive-Ansatz bietet viele Optionen
Die Handlungsempfehlungen von Prescriptive Analytics-Tools für optimierte Geschäftsergebnisse basieren auf einer Kombination aus historischen Daten, Geschäftsregeln, mathematischen Modellen, Variablen, Einschränkungen und Algorithmen, die maschinell lernen. Prescriptive Analytics wird ähnlich wie sein Predictive-Verwandter in Szenarien genutzt, in denen das menschliche Gehirn ohne Unterstützung durch Technologie nicht in der Lage ist, die vielen Optionen, Variablen, Randbedingungen und Datenpunkte effizient zu bewerten.
Die Tools und Technologien kommen auch zum Einsatz, wenn Experimente, Tests und Simulationen in der realen Welt zu teuer, riskant oder zeitaufwändig sind. Anspruchsvolle analytische Modelle und Monte-Carlo-Simulationen werden mit bekannten und zufälligen Variablen ausgeführt, um die nächsten Aktionen zu empfehlen, wenn/dann-Szenarien anzuzeigen oder die Bandbreite möglicher Ergebnisse besser verstehen zu können.
Hier einige Beispiele für Geschäftsprozesse, in denen Prescriptive Analytics zum Einsatz kommt: Preisfindung, Bestands-Management, Betriebsmittelzuweisung, Produktionsplanung, Optimierung der Lieferkette (Supply Chain), Transport- und Distributions-Planung, Technik-Management, Zuordnung von Leads im Vertrieb, Optimierung des Marketing-Mixes und Finanzplanung.
Ein Beispiel: Preissysteme für Flugtickets verwenden Prescriptive Analytics zum Sortieren komplexer Kombinationen von Reisefaktoren, Nachfrageniveaus und Kaufzeitpunkt, um potenziellen Passagieren Preise anzubieten. Ziel ist es, einerseits die Gewinne zu optimieren und andererseits auch keine Käufer abzuschrecken. Auch das Logistikunternehmen UPS nutzt Prescriptive Analytics für die Optimierung seiner Lieferwege.
Anwendungen rund um Prescriptive Analytics gibt es bereits seit geraumer Zeit. Auch in Management-Kursen von Business Schools stehen entsprechende Tools und Techniken auf dem Lehrplan. Software ist erhältlich für Excel oder als Excel-Add-Ins von Anbietern wie Frontline Systems sowie von Anbietern wie SAS, IBM, SAP, Tibco Software, MathWorks, Ayata, Fluss Logic und KXEN (von SAP gekauft). Nach meiner Erfahrung starten die meisten Prescriptive-Analytics-Experten mit Excel. Wenn das zu lösende Optimierungsproblem die Grundfunktionen von Excel und Add-In-Optionen übersteigt, machen sie sich auf die Suche nach Tools mit erweiterten Funktionen.
Voraussetzungen für Prescriptive Analytics
Es ist ein häufiges Missverständnis, dass für Prescriptive Analytics oder ganz allgemein fortschrittliche Analysemethoden ein Data Warehouse und ein oder mehrere Data Scientists erforderlich sind. Natürlich sind beide Faktoren nützlich. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten für die Umsetzung von Prescriptive Analytics und deren Technologien sowie Simulationen.
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Hierzu gibt es zwei gute Bücher: „Spreadsheet Modeling & Decision Analysis“ von Cliff Ragsdale und „Management Science: The Art of Modeling with Spreadsheets“ von Stephen Powell und Kenneth Baker. Auch Know-how in Statistik kann nicht schaden.
Die Vorgehensweise bei Prescriptive Analytics ähnelt dem Cross Industry Standard Process for Data Mining (CRISP-DM). Der Prozess beginnt mit einer umfassenden Beschreibung der Geschäftsprozesse, die modelliert werden sollen. Die Beschreibung umfasst unter anderen die Definition der Unternehmensziele sowie die Variablen, Kontrollfaktoren und Einschränkungen, die analysiert werden sollen.
Oft entwickelt sich das Modell von einem zunächst konzeptionellen Denkmodell zu einem visuellen, logischen oder mathematischen Modell. In vielen Fällen entstehen bereits in dieser Definitionsphase neue Fragen und vorteilhafte Einsichten. Ähnlich wie in Prognose-Modellen sind die vollständige und genaue Definition der zu modellierenden Geschäftsprozesse und des Analyseziels entscheidend für valide und umsetzbare Ergebnisse.
Der gesamte Prozess ist qua Definition sehr iterativ und erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Analytik-Experten und Spezialisten aus den Fachabteilungen. Sobald ein Prescriptive-Analytics-Modell abgeschlossen ist, lässt es sich für die manuelle Entscheidungsfindung nutzen oder in operative Systeme einbetten, um automatisierte Echtzeit-Entscheidungen zu unterstützen.
Über den Autor:
Jen Underwood ist Gründerin von Impact Analytix, einem Beratungsunternehmen für Business Intelligence und Predictive Analytics. Sie hat mehr als 15 Jahre Erfahrung in den Bereichen Data Warehousing, BI, Reporting und Predictive Analytics.
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