Open Source: Zwischen Zuspruch und Ablehnung

Über Open Source wurde im vergangenen Jahr viel geredet. Start-ups, Verbände und Akquisitionen deuten darauf hin, dass Open Source angekommen ist.

Jahrzehntelang wurde in der kommerziellen IT-Welt Open Source als Subkultur betrachtet. Mittlerweile hat sich die Technologie auf breiter Front etabliert. 2019 könnte zu einem Meilenstein bei der Open-Source-Nutzung werden.

Diese Entwicklung zeichnete sich schon im vergangenen Jahr ab, als viele Open Source Start-ups auf den Markt kamen und es bemerkenswerte Akquisitionen gab.

Milliarden-Akquisitionen

Besondere Beachtung erhielt die Übernahme der Open-Source-Plattform GitHub durch Microsoft, für die der Verfechter von proprietärer Software 7,5 Milliarden Dollar zahlte. Doch allen voran verursachte die 34 Milliarde Dollar schwere Übernahme des Open-Source-Spezialanbieters Red Hat durch IBM viel Wirbel.

In der Vergangenheit war IBM nur Kooperationspartner von Red Hat und fokussierte sich auf die Entwicklung von gemeinsamen Cloud-Lösungen und das Linux-Geschäft. Mit der Übernahme gehen Analysten aber davon aus, dass die Übernahme die Position von IBM im Cloud-Markt stärkt.

In einer Pressemitteilung schrieb IBM CEO Ginni Rometty: „Die Übernahme von Red Hat wird uns zum weltweit führenden Hybrid-Cloud-Anbieter machen.“ Bei Red Hat hob man vor allem die Breite des Portfolios hervor. „Diese Übernahme ist ein Quantensprung für uns. Wir haben jetzt eine größere Reichweite und erhalten Zugang zu vielen Ressourcen und Einrichtungen“, schrieb Jim Whitehurst, President und CEO von Red Hat, zur Akquisition.

Große Akzeptanz

Dabei ist die aktuelle Open-Source-Akzeptanz schon hoch. Laut der Linux Foundation nutzen inzwischen 72 Prozent aller Unternehmen Open Source für nichtkommerzielle Zwecke und 55 Prozent setzen Open Source in kommerziellen Produkten ein. „Oft beginnen Open-Source-Projekte informell in einer kleinen Arbeitsgruppe oder mit einigen führenden Entwicklern und werden erst später offiziell eingerichtet“, heißt es in dem Bericht.

Vor allem in der Automobilindustrie ist das Interesse an Open Source gewaltig. „Wir sehen einen deutlichen Aufwärtstrend bei Open Source und den damit verbundenen Plattformen“, sagt Rüdiger Laabs, zuständig für den Bereich Manufacturing bei Red Hat. „Die Kunden schätzen an Open Source vor allem die Flexibilität und Herstellerunabhängigkeit.“

Laut Laabs ist Open Source bei allen OEMs und großen Zulieferern weit verbreitet. Das reicht von Linux bei Mainframes über Server- und Cloud-Anwendungen bis hinein in Automobile. Das zeigte auch die Ankündigung weitere OEMs auf der CES in Las Vegas, die sich an AGL beteiligen.

AGL steht für Automotive Grade Linux und ist ein Betriebssystem für die sogenannte Car2Car- und Car2Infrastructure-Kommunikation. Über 140 Mitglieder sind bei AGL Mitglied, darunter Schwergewichte wie Daimler, Toyota und Hyundai. Die AGL-Plattform wurde auf der CES mit dem Innovation Award 2019 ausgezeichnet.

Mehr Sicherheit durch Open Source

Eines der herausragenden Merkmale von Open Source ist der freie Austausch. Das bedeutet, die Nutzer von Open-Source-Software entwickeln diese auch weiter. Die Ergebnisse werden wiederum an die Community zurückgeben.

Damit lässt sich auch der Einstieg in die Open-Source-Welt starten. Zum Beispiel verkündete Elon Musk im vorigen Jahr, dass die Sicherheitssoftware der Tesla-Fahrzeuge unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlichen wird. So können sich Sicherheitsexperten die Software vorknöpfen und nach Sicherheitslücken Ausschau halten. Das ist äußerst attraktiv, denn findet man eine Lücke, gibt es eine Belohnung.

Was die Open-Source-Nutzung im Rechenzentrum und als Teil von dedizierten Produkten angeht, so blockieren aber verschiedene Sorgen und Ängste weiterhin die Akzeptanz. Dazu gehört vor allem die Offenheit, die häufig im Widerspruch zum Schutz des geistigen Eigentums steht.

Studie zeigt Schattenseiten

Aber es gibt auch andere Bedenken. Eine Umfrage von GitHub im Jahr 2017 deckte einige Probleme unter Mitgliedern der Open-Source-Community auf. So erhielten viele Entwickler nur unvollständige oder irreführende Dokumentationen. Hinzu kam eine mangelnde Unterstützung von anderen Entwicklern.

93 Prozent der befragten Softwareexperten gaben außerdem an, dass es in der Open Source Community ein "allgegenwärtiges Problem“ mit unvollständiger oder veralteter Dokumentation gibt. Bedenken wie diese sind der Grund, warum viele Entwickler immer noch Open Source meiden.

93 Prozent der befragten Softwareexperten gaben außerdem an, dass es in der Open Source Community ein Problem mit unvollständiger oder veralteter Dokumentation gibt.

Rod Cope, CTO von Rogue Wave Software, verweist auf weitere Probleme, die in der GitHub-Umfrage gar nicht auftauchen. Dazu gehören das Fehlen eines nachvollziehbaren Entwicklungszyklus, potenzielle Konflikte mit dem Urheberrecht, fehlende Testprozeduren und Schwierigkeiten bei der Implementierung von Open Source zusammen mit selbstentwickelter Software.

Vor allem dieser Bereich des Embedded Open Source ist problematisch. Der Bitkom hatte daher eine eigene Veranstaltung unter dem Titel Automatisierung von Open Source Compliance: Es geht nicht mehr per Hand im vergangenen September veranstaltet.

München rudert zurück

Anders als bei Data-Center- und Cloud-Lösungen ist Open Source auf Client-Seite weiterhin umstritten. Im Jahr 2013 preschte die Stadt München mit der Linux-Variante LiMux vor und installierte das System auf 29.000 Endgeräten. Hinzu kam dann die Office-Anwendung LibreOffice. 2017 wurde der Rückzug sowie die Umstellung auf Windows und Microsoft Office beschlossen. Bis Ende 2020 soll dies abgeschlossen sein.

Anders ist die Situation in Dortmund, wo man die „Potenziale von freier Software und offenen Standards im Bereich der städtischen Informations- und Telekommunikationstechnik systematisch untersuchen möchte“. Bis Ende 2019 soll den politischen Gremien ein Ergebnisbericht zum Einsatzpotenzial vorliegen. Dortmund ist in Nordrhein-Westfalen nicht die einzige Kommune, die sich damit beschäftigt. Das E-Government-Gesetz NRW schreibt allen Verwaltungen vor, zur Übermittlung von Dateien an Bürger oder Unternehmen offene und standardisierte Dateiformate zu nutzen.

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