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Netzwerkstandards: Normungsorganisationen versus Open Source
Normungsgremien und Open-Source-Organisationen wollen Modelle für Next Generation Networks (NGN) entwickeln. Wir zeigen die unterschiedlichen Ansätze und die führenden Akteure.
Normungsorganisationen (auch als Standardisierungsorganisationen bezeichnet) legen die Grundzüge für eine zuverlässige, interoperable Kommunikation zwischen verschiedenen Netzwerken, unter anderem für den Mobilfunk, fest. Open-Source-Organisationen fördern flexible, Open-Networking-Hardware und -Software für den Enterprise-Bereich und Service-Provider.
Für Netzwerkstandards existieren Dutzende von Normungs- und Open-Source-Organisationen. Jede von ihnen besitzt eigene Statuten und verfolgt eine eigene Agenda. Wenn Unternehmen Netzwerke aufbauen, müssen sie sich entscheiden, ob sie für ihre jeweiligen Anforderungen eine Standardarchitektur oder Open-Source-Netzwerke nutzen wollen. Keine Organisation bietet eine Referenzarchitektur für das Netzwerk der nächsten Generation (Next Generation Network, NGN).
Standardisierungs- und Open-Source-Organisationen im Networking-Bereich berücksichtigen das gesamte Spektrum der Netzwerktypen – zum Beispiel drahtgebunden und drahtlos – und -standorte. Diese Organisationen decken auch diverse Anwendungen ab, etwa Mobile Edge Computing sowie ein Management- und Orchestrierungs-Framework. Außerdem gehören spezifische Netzwerkelemente dazu – zum Beispiel Wi-Fi, Radio Access Networks (RAN), Serverplattformen und Ethernet-Switches.
Doyle Research verzeichnet mehr als ein Dutzend wichtiger Networking-Standardisierungsgruppen sowie 20 Open-Networking-Projekte und diente als Grundlage für die folgende Einschätzung.
Netzwerkstandards: Die Landschaft der Normungsorganisationen
Standardisierungsorganisationen haben lange den Weg vorgegeben, wie Unternehmen Netzwerke gestalten und aufbauen, um die Interoperabilität sicherzustellen. Der Netzwerkeffekt (Metcalfesches Gesetz) besagt, dass der Nutzen eines Netzwerks in direktem Zusammenhang steht mit der Anzahl der Menschen, Geräte und Dinge, die in diesem Netzwerk miteinander kommunizieren können.
Auf diese Weise wurden zugunsten einer klaren Interoperabilität Standards für das Telefonfestnetz sowie Ethernet-, Wi-Fi- und Mobilfunknetzwerke festgelegt und im Laufe der Zeit verfeinert.
Normungsorganisationen besitzen in der Regel viele Mitglieder, sind beratend tätig und konsensorientiert. Diese Organisationen haben umfangreiche, teils langwierige Prozesse etabliert, um spezifische Netzwerkstandards festzulegen und zu ändern. Sie verfolgen damit klare Ziele, zum Beispiel architektonische Stabilität und Abwärtskompatibilität.
Zu den führenden Standardisierungsgruppen für den Networking-Bereich gehören:
- 3rd Generation Partnership Project (3GPP)
- International Telecommunication Union
- Institute of Electrical and Electronics Engineers Inc.
- European Telecommunications Standards Institute (ETSI)
- MEF
- Wi-Fi Alliance
- American National Standards Institute
- TM Forum
- Broadband Forum
- Telecommunications Industry Association
- Electronic Industries Alliance
Netzwerkstandards: Die Landschaft der Open-Source-Organisationen
Open-Networking-Organisationen haben sich in den letzten zehn Jahren stark ausgebreitet. Sie konzentrieren sich auf spezifische Aspekte von großen wie kleinen Netzwerken, die reif sind für Innovationen und Umbrüche.
Anbieter- oder Käufergruppen drängen diese Organisationen typischerweise dazu, bestimmte technologische Fortschritte, zum Beispiel neue Funktionen oder niedrigere Kosten, in einem Element des Netzwerks – etwa RAN, Edge Router oder SDN-Controller (Software-defined Networking) – zu fördern.
Der Hauptvorteil von Networking-Software aus dem Open-Source-Bereich liegt in der rasanten technologischen Innovation aufgrund der Möglichkeit, ein breites Spektrum von interessierten Käufern, Anbietern und Channel-Partnern zur Verfügung zu haben. Open-Source-Organisationen hoffen, die Kostenkurve von Networking-Equipment – mit seiner hohen Marge – zu senken. Dazu dienen offene Ökosysteme und freie Software, unter anderem eine Reihe von Open-Source-Software-Optionen für White Box Switches und Router.
Zu den führenden netzwerkbezogenen Open-Source-Organisationen und Projekten aus diesem Bereich gehören:
- Linux Foundation
- OpenStack Foundation
- Open Compute Project
- Open Network Automation Platform
- O-RAN Alliance
- OpenDaylight Project
- Data Plane Development Kit
- Open Networking Foundation
- Telecom Infra Project
- Software for Open Networking in the Cloud
- Disaggregated Network Operating System
- Multi-access Edge Computing
- Facebook Open Switching System
- OpenFog Consortium
Open Source oder strikte Standardisierung: Was bringt Erfolg?
Die Industrie kann den Effekt von Normungsorganisationen und Open-Source-Organisationen anhand von verschiedenen zentralen Kriterien beurteilen. Um die Industrie zu beeinflussen, sollten führende Anwender für ein bestimmtes Technologiesegment eine Standardisierungsorganisation wählen, die dieser Technologie aufgeschlossen gegenübersteht.
Zum Beispiel führten Mobilfunkbetreiber für ihre aktuelle 4G- und 5G-Infrastruktur 3GPP-Standards großflächig ein. Andererseits propagierte ETSI die NFV-Architektur (Network Functions Virtualization) für Softwarevirtualisierung in Service-Provider-Netzwerken mit lediglich begrenztem Erfolg.
Mit Open-Source-Networking-Projekten können erfolgreiche Unternehmen innovativen, Cloud-fähigen Softwarecode erstellen. Man sollte diese Organisationen aber aufgrund ihres Grads an Anwender- und Anbieterbeteiligung, Überlebensfähigkeit der Ökosysteme und den Geschäftsfall mit nachgewiesenem Return on Investment (ROI) beurteilen. In vielen Fällen liefern Organisationen aus dem Bereich Open Source Networking Code mit begrenztem Nutzen an die Endanwender-Community und haben relativ geringe Auswirkungen auf die Networking-Branche.
Normungsorganisationen sind von wesentlicher Bedeutung, um die Zuverlässigkeit, Interoperabilität und Abwärtskompatibilität von Netzwerken zu gewährleisten. Allerdings kann es für die langsam agierenden Normungsorganisationen eine Herausforderung sein, mit der schnellen Entwicklung von IT- und Networking-Technologien Schritt zu halten.
Organisationen aus dem Open Source Networking sind beweglicher und können innovative Software und Hardware für spezielle Networking-Anwendungsfälle liefern. Doch außerhalb von speziellen Nischen für Trendsetter hat Open Source Networking immer noch Mühe, Fuß zu fassen.
Die Herausforderung für Vorreiter im Netzwerkbereich besteht darin, wichtige Technologien zu identifizieren, die Vorteile in puncto Anwendungen, Performance oder Kosten für ihre Unternehmen bringen. Die Vielzahl von konkurrierenden Standardisierungsgruppen macht es schwierig, vielversprechende offene Technologien zu erkennen. Keine der Organisationen lieferte bislang brauchbare Entwürfe, um die Architektur der nächsten Generation für Enterprise- oder Service-Provider-Netzwerke zu bestimmen.