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NetOps: Die größten Probleme und wie man sie meistert
Klassische Netzwerk-Operations-Teams haben mit verschiedenen Aspekten des Netzwerkmanagements zu kämpfen. Experten erklären, warum das so ist und was man dagegen tun kann.
Der Netzwerkbetrieb (Network Operations, NetOps) hat in den letzten Jahren mehrere Veränderungen erfahren, um die sich wandelnde Networking-Landschaft zu unterstützen. Faktoren wie das Aufkommen der digitalen Transformation und die COVID-19-Pandemie haben eine neue Ära von NetOps eingeleitet.
Netzwerkexperten nutzen neue Technologien und Frameworks, um ihre einst statischen, manuell verwalteten Netzwerke in dynamische, programmierbare Software-defined Networks umzuwandeln, die in der Lage sind, eine Vielzahl von Benutzern zu verbinden und deren Anwendungsfälle abzudecken.
Mit zunehmender Komplexität der Netzwerke wird ihre Verwaltung immer schwieriger. Neue Networking-Technologien können IT-Teams dabei helfen, eine optimale Netzwerk-Performance zu gewährleisten und die Geschäftsanforderungen ihres Unternehmens zu unterstützen. Bevor diese neuen Methoden in die Praxis umgesetzt werden können, müssen die IT-Teams jedoch zunächst die Netzwerk-Performance sicherstellen.
Das kann eine schwierige Aufgabe sein, weil viele Netzwerkteams heute mit verschiedenen Problemen des Netzwerkbetriebs konfrontiert sind, so Shamus McGillicuddy, Vice President of Research bei Enterprise Management Associates (EMA), in einem kürzlich durchgeführten Webinar.
In einer Umfrage unter Netzwerkprofis aus 409 IT-Abteilungen gaben nur 27 Prozent der Befragten gegenüber EMA an, dass sie glauben, ihre Netzwerk-Operations-Teams seien erfolgreich. Der Prozentsatz der Fachleute, die an die Effektivität ihrer Teams glauben, ist seit 2016 – damals bejahten 49 Prozent der Befragten dies – gesunken, und zwar in einem Maße, das McGillicuddy als beunruhigend bezeichnet.
Worin liegt also die Ursache für diese Schwierigkeiten der Netzwerk-Operations-Teams? Laut McGillicuddy stellt ein Überangebot an Management-Tools eines der größten Probleme dar. Personalmangel, die Komplexität der Cloud und die mangelnde teamübergreifende Zusammenarbeit gehören ebenfalls zu den zentralen Herausforderungen, wie McGillicuddy feststellt.
Unzulänglichkeiten bei der Personalausstattung
Etwa 27 Prozent der befragten Unternehmen erklärten gegenüber EMA, dass ihre Networking-Teams unter einem Mangel an qualifizierten Netzwerkspezialisten leiden. Obwohl der logische nächste Schritt darin besteht, mehr Personal einzustellen, berichteten 13 Prozent der Unternehmen, dass sie Schwierigkeiten haben, Mitarbeiter für den Networking-Bereich zu finden und langfristig zu halten. Mehrere Faktoren tragen zu diesem Problem bei, etwa unzureichende Qualifikationen der Bewerber und die Möglichkeit, Mitarbeitervergünstigungen anzubieten.
Unzureichende Qualifikationen
Circa 47 Prozent der Unternehmen gaben in der EMA-Umfrage an, dass es den Bewerbern an Fachkenntnissen mangelt, während 40 Prozent sagten, der Talentpool sei zu unerfahren. Zu den am schwierigsten zu findenden Qualifikationen gehörten Networking-Kenntnisse in den Bereichen Sicherheit, Automatisierung, Monitoring, Troubleshooting und Public Cloud.
Da es oft nicht einfach ist, qualifizierte Mitarbeiter einzustellen, könnte es sich für Unternehmen lohnen, mehr Geld in das Netzwerkmanagement zu investieren und die Netzwerkteams etwas zu entlasten, meint John Burke, Analyst bei Nemertes Research.
„Die Inanspruchnahme von mehr Managed Services, die umfassendere Nutzung professioneller Dienste und die Investition in Werkzeuge und Schulungen, die den Netzwerkmitarbeitern mehr Spielraum bei der Lösung ihrer Probleme geben, werden es ihnen erleichtern, mehr zu leisten“, so Burke.
Als McGillicuddy Unternehmen fragte, ob sie glauben, dass der Einsatz eines kommerziellen Tools zur Netzwerkautomatisierung die Auswirkungen des Mangels an erfahrenen Mitarbeitern mildern würde, stimmten 79 Prozent von ihnen dieser Vorstellung zumindest teilweise zu.
Mitarbeitervergünstigungen
Weitere 40 Prozent der Unternehmen teilten gegenüber EMA mit, dass sie nicht in der Lage sind, die Leistungen anzubieten, die potenzielle Mitarbeiter erwarten. Etwas weniger als 34 Prozent der Unternehmen gaben an, dass Bewerber bestimmte Gehaltsvorstellungen haben, die sie nicht erfüllen können.
Die Unternehmen könnten das Problem des gering qualifizierten Personals lösen und gleichzeitig ihre vorhandenen Networking-Mitarbeiter unterstützen. Beispielsweise könnten sie in die Aus- und Weiterbildung der derzeitigen Mitarbeiter investieren und sie für die Verbesserung ihrer Kenntnisse belohnen, meint Burke.
„Honorieren Sie Netzwerkexperten, dass sie ihr Know-how erweitern und dadurch effektiver arbeiten“, erklärt Burke. „Im Grunde genommen geht es darum, ihnen Zeit zu geben, sich neue Fertigkeiten anzueignen, und sie für das Erlernen neuer Kenntnisse und deren Anwendung zu belohnen.“
Komplexität der Cloud
Beim Networking findet eine Verlagerung in Richtung Cloud statt und Untersuchungen zeigen, wie wichtig diese Entwicklung ist. Mehr als die Hälfte der von EMA befragten Unternehmen sagten, dass die Cloud ein wichtiger Aspekt ihres NetOps-Managements ist. Rund 54 Prozent gaben an, dass Public Cloud und Multi Cloud wichtige Initiativen für ihre Network-Operations-Strategien sind, während 52 Prozent Cloud-native Anwendungen als wichtig einstuften.
„Die Cloud ist der strategische Treiber von NetOps“, betont McGillicuddy.
Die Ergebnisse der EMA-Umfrage aus dem Jahr 2022 zeigen das erste Mal seit 2008, dass die Servervirtualisierung den Spitzenplatz als wichtigste Network-Operations-Initiative eingebüßt hat. Jetzt steht laut McGillicuddy die Servervirtualisierung am Ende der Liste – die Cloud hat sie überholt.
Auch wenn die Cloud zum wichtigsten Treiber für NetOps geworden ist, so gibt es dennoch einige Schwierigkeiten. Netzwerkexperten haben mit der explosionsartigen Zunahme der Komplexität und der mangelnden Kontrolle beim Betrieb einer Multi-Cloud-Architektur zu kämpfen, so McGillicuddy.
Etwa 91 Prozent der Unternehmen gaben gegenüber EMA an, dass ihre Netzwerk-Operations-Teams Management-Tools für die Verwaltung ihrer Public Clouds verwenden. Doch nur 18 Prozent waren der Meinung, dass ihre Strategien einen effektiven Einblick in die Cloud bieten. Eine Methode, mit der Netzwerkteams versuchen, diese Komplexität zu vereinfachen, besteht darin, die Art und Weise, wie sie die Cloud nutzen, neu zu gestalten, erläutert McGillicuddy.
Untersuchungen anderer Analyseunternehmen zeigen die gleiche Tendenz. Laut Brandon Butler, Research Manager bei IDC, erwartet IDC, dass ein Großteil der Networking-Branche in Zukunft auf Cloud-basierte Architekturen umsteigen wird.
Da immer mehr Anwendungen in der Cloud gehostet werden, hat die Cloud Netzwerkteams zu einer Neueinschätzung ihrer Vorgehensweise bei der WAN-Konfiguration veranlasst, so Butler. Die Implementierung von Architekturen wie Software-defined WAN ermöglicht es IT-Teams, die Zuverlässigkeit und Effizienz ihres WANs zu erhöhen – und potenziell Kosten zu senken. Laut Butler können Unternehmen in bestimmten Bereichen ihres Netzwerks Cloud-basierte Managementplattformen nutzen, während sie die On-Premises-Controller und -Geräte behalten, mit denen die Netzwerkteams vertraut sind.
„In vielerlei Hinsicht wird dies eine Herausforderung für Netzwerkfachleute sein. Diese müssen in der Lage sein, zu entscheiden 'Wo macht die Cloud für mein Unternehmen Sinn?' und 'Wie muss ich meine Arbeitsweise ändern, damit mein Unternehmen die Vorteile der Cloud nutzen kann?'“, beschreibt Butler die Situation.
NetOps: Konsolidieren oder nicht konsolidieren?
Einige Experten vertreten die Meinung, dass die Integration von NetOps in andere Teams, wie DevOps und Sicherheit, angesichts der Komplexität der Cloud und des Netzwerkbetriebs helfen könnte. Andere Experten widersprechen dem, was die Komplexität und die Schwierigkeiten des NetOps-Managements nur noch weiter vergrößert.
Rund 60 Prozent der Unternehmen erklärten in der EMA-Studie, dass sie über ein DevOps-Team verfügen. Mehr als 38 Prozent gaben an, dass sie ihre NetOps- und DevOps-Teams zusammenlegen werden, während fast 55 Prozent sagten, dass ihre NetOps- und DevOps-Teams zwar eng zusammenarbeiten, aber nicht formell konsolidiert werden. Lediglich 0,3 Prozent der Unternehmen erklärten, ihre Teams würden kaum miteinander kommunizieren.
„Wenn weniger als ein halbes Prozent sagen, dass die NetOps- und DevOps-Teams überhaupt nicht miteinander reden müssen, zeigt das, dass sie miteinander reden sollten“, meint McGillicuddy. „Alle machen das, zumindest bis zu einem gewissen Grad.“
Bei der Konsolidierung von NetOps und DevOps konfigurieren Networking-Experten das Netzwerk so, dass Entwickler bei der Arbeit an Anwendungen besser unterstützt werden. Die Networking-Experten wiederum sind dann in der Lage, diese neuen Anwendungen einfacher zu konfigurieren und bereitzustellen, da sie direkt mit den Entwicklern zusammenarbeiten.
„Je enger die Integration ist, desto mehr wissen sie, was vor sich geht, desto mehr verstehen sie die Anforderungen, und desto mehr können die Teams eine optimierte Lösung liefern“, so Bob Laliberte, Senior Analyst bei der Enterprise Strategy Group (ESG), einem Geschäftsbereich von TechTarget.
Unternehmen streben zudem die Integration ihrer Networking- und Sicherheitsteams an, was Netzwerkexperten beim Management zunehmend komplexerer und verteilter Umgebungen helfen kann, erklärt Laliberte.
Laut einer ESG-Forschungsstudie aus dem Jahr 2021 mit dem Titel SASE Trends berichteten jedoch 67 Prozent der 613 Befragten in Unternehmen, in denen Netzwerk- und Sicherheitsteams eng zusammenarbeiten, von organisatorischen Herausforderungen. Dazu zählen Zielkonflikte, unterschiedliche Anweisungen der einzelnen Hierarchieebenen und Kommunikationsprobleme.
Nach Auffassung von Burke ist es für die meisten Unternehmen nicht notwendig, IT-Teams zusammenzulegen. Stattdessen können sie mehr miteinander reden, müssen aber nicht unbedingt im selben Team sein. Eine Konsolidierung hängt von den Zielen des Netzwerkteams eines Unternehmens ab, ergänzt er.
Best Practices zur Verbesserung des NetOps-Managements
Obwohl es zahlreiche Herausforderungen im Bereich Network Operations gibt, können Teams ebenso viele Best Practices befolgen, um das NetOps-Management zu vereinfachen. Zu den von McGillicuddy genannten Best Practices gehören die Einrichtung von Cloud Visibility für End-to-End-NetOps und die Aufrüstung eines herkömmlichen Network Operations Centers zu einem domänenübergreifenden NOC.
Die Teams sollten außerdem offener für neue Technologien sein, die den Netzwerkbetrieb verbessern könnten, empfiehlt Laliberte. So kann etwa Machine Learning (ML) beim Netzwerkmanagement helfen, indem es Prozesse wie die Root-Cause-Analyse automatisiert und Methoden zur Lösung eines Problems oder zur vollständigen Klärung der Gesamtthematik vorschlägt.
„Da wir es mit immer mehr verteilten Umgebungen und vor allem mit verteilten Arbeitsplätzen zu tun haben, gewinnt die Nutzung der intelligenten Fähigkeiten von KI/ML für einen effektiven Netzwerkbetrieb zunehmend an Bedeutung“, betont Laliberte.
Netzwerkexperten sollten daran denken, dass es möglicherweise nicht ausreicht, einfach nur Best Practices zu befolgen oder neue Technologien zu implementieren. Butler schlägt vor, dass Netzwerkteams Verfahren anwenden sollten, die sich am besten mit der allgemeinen Geschäftsstrategie und den Zielen ihres Unternehmens vereinbaren lassen.
„Mein wichtigster Ratschlag lautet, zu erkennen, was das Unternehmen von der IT-Abteilung und insbesondere vom Networking-Team benötigt“, fügt Butler hinzu. „Sämtliche Technologie- und Kaufentscheidungen sollten sich daran orientieren, was das Unternehmen von seinem Netzwerk erwartet.“