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Nachhaltigkeit als wichtiger Faktor für den Geschäftserfolg
Die Bedeutung der Nachhaltigkeit für ihren Geschäftserfolg ist vielen Firmen bewusst. Nur 30 Prozent haben jedoch eine umfassende Strategie - Hauptreiber ist die Kostensenkung.
Dies sind unter anderem die Ergebnisse der Studie „IT & Sustainability in Deutschland 2023“ von IDC. Hierfür wurden im April 2023 in Deutschland 210 Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern befragt. Die wirtschaftliche Bedeutung der Nachhaltigkeit ist Unternehmen durchaus bewusst, zudem werden die Aspekte durch offizielle Vorgaben auch immer stärker reguliert, kontrolliert und sanktioniert.
Nachhaltigkeit ist jedoch ein komplexes Thema, beinhaltet viele unterschiedliche Aspekte und ist dementsprechend mit vielen Herausforderungen verbunden. So verfügen denn auch nur 30 Prozent der befragten Unternehmen über eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie. Hierbei werden Initiativen und Maßnahmen langfristig aufgesetzt sowie die Ziele konkret definiert. Zudem ist es wichtig, dass alle Abteilungen, alle Prozesse und die IT eingebunden sind. Immerhin 31 Prozent der Unternehmen arbeiten mit einem konkreten Nachhaltigkeitsprogramm und 25 Prozent der Firmen ist mit individuellen, aber nicht unbedingt zusammenhängenden Maßnahmen aktiv.
Kostensenkungen als eine der Hauptmotivationen
Als Haupttreiber für Nachhaltigkeitsmaßnahmen nennen 30 Prozent der Unternehmen Kosteneinsparungen und 20 Prozent eine Verbesserung der Betriebs- und Produktionseffizienz. Die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, die Compliance sowie eine verbesserte Innovationskraft nennen jeweils 19 Prozent der Befragten. Damit dies auch umgesetzt werden kann, investieren die Unternehmen in nachhaltige Wertschöpfungsprozesse und IT. So hätten im Jahr 2023 zwei Drittel der Unternehmen im Jahr das gleiche oder ein höheres Budget für nachhaltige IT-Projekte zur Verfügung als noch im Jahr 2022. „Wir sehen, dass neben strategischen, operativen und organisatorischen Änderungen vor allem auch moderne IT-Technologien für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele und die Realisierung der Chancen eines nachhaltigen Business elementar sind“, so Sabrina Schmitt, Senior Consultant bei IDC.
Die größten Herausforderungen bei der Umsetzung
Die Ziele einer Nachhaltigkeitsstrategie zu erfüllen, ist für Unternehmen jedoch mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen verbunden. Als größtes Problem sehen die Unternehmen das mangelnde Fachwissen sowie die fehlenden Fachkräfte. Und 24 Prozent der Befragten nennen eine veraltete IT-Infrastruktur als Problem, die eine Umsetzung von Maßnahmen erschwere. Eine ältere Hardware oder Lösung müssen nicht immer unbedingt ein Hemmschuh sein, man müsse immer den Einzelfall betrachten. Je nach Ausprägung kann auch eine deutlich längere Nutzungsdauer sinnvoll sein. Legacy-Probleme treten eher häufig im Zusammenspiel von modernen Cloud-Lösungen und vorhandenen älteren Systemen auf.
Die Probleme bei der Messbarkeit des Erfolges oder ROI von Nachhaltigkeitsinitiativen nennen 21 Prozent der Befragten als Herausforderung. Die Einbindung der Mitarbeitenden auf operativer Ebene beziehungsweise ein fehlender Anreizplan wird von 19 Prozent als problematisch gesehen. Betrachtet man die Belegschaft, dann ist es wichtig, dass sich durch alle Abteilungen und über alle Mitarbeitenden hinweg eine entsprechende Kultur in Sachen Nachhaltigkeit etabliert, ganz ähnlich zu einer Sicherheitskultur. Nachhaltigkeit müsse als Kultur Einzug in alle Köpfe halten, entsprechend wie bei der Security, so Stefan Mink, Head of TechOps Hosting bei IONOS, während der Vorstellung der Studie. Nachhaltigkeit müsse in die ganze Firma getragen werden. Es brauche Fachkräfte, die wirklich die Metriken kennen, meint Emanuel Lippmann, EMEA Program Manager Sustainability bei Dell.
Beim Faktor Mensch darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass das Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens zunehmend zu einem wichtigen Entscheidungskriterium für neue Talente wird, so 59 Prozent der befragten Unternehmen.
Und nicht zuletzt spielen beim Thema Nachhaltigkeit auch die Kosten eine Rolle. So geben 19 Prozent der Befragten an, dass die Kosten beziehungsweise die fehlenden Mittel für Initiativen eine Herausforderung seien.
Mangelnde Transparenz als Herausforderung
Das Thema Nachhaltigkeit weist in vielen Punkten Parallelen zur IT-Sicherheit auf. Zum Beispiel bei der Transparenz. Nur was erfasst beziehungsweise gemessen wird, kann auch bewertet und optimiert werden. Geht es um die IT, so werde vorrangig die Leistungsaufnahme erfasst, so 37 Prozent der befragten Unternehmen. Für die Zukunft steht bei 46 Prozent die Erfassung der Energieeffizienz der Zukunft. Rückschlüsse auf die vollzogenen Maßnahmen und deren Wirkung ließe sich nur aus dem Verhältnis verschiedener Kennzahlen ziehen. Oftmals fehlt es auch noch an dem entsprechenden Datenmaterial und den erfassten Informationen. Geht es um die Leistungsaufnahme der internen IT wird diese bei 38 Prozent nur insgesamt – also für das gesamte Rechenzentrum erfasst. Nur 20 Prozent würden den Stromverbrauch einzelner Geräte wie Server oder Netzwerkgeräten ermitteln. Einzelne Applikationen werden diesbezüglich nur bei 12 Prozent erfasst, einzelne Endgeräte gar nur bei zwei Prozent. Dies bestätigte bei der Vorstellung der Studie auch Oliver Oehlenberg, Field CTO bei Riverbed. Oftmals lägen in Sachen Energie Daten zum Rechenzentrum vor, aber wenn es um die Leistungsaufnahme von Endgeräten geht, sei dies seltener der Fall. Teils fehle es am Know-how, aber auch an der Manpower.
Im Bereich der Nachhaltigkeit würden Themen oft als Tandem auftreten – etwa Energiekosten und Nachhaltigkeit. Wenn der Einkäufer bei der Anschaffung von Lösungen nur den Preis und nicht die Energiekosten im Blick habe, weil diese nicht seine Kostenstelle beträfen, dann funktioniert dies nicht, so Emanuel Lippmann, EMEA Program Manager Sustainability bei Dell.
Nachhaltigkeitsziele verändern sich
Aktuell würden sich die Unternehmen laut der Studie auf Nachhaltigkeitsziele konzentrieren, die sich kurzfristig oder zumindest zügig umsetzen lassen. So nennen hier 60 Prozent die Reduzierung des Abfalls, 57 Prozent die Senkung des Energieverbrauchs und 49 Prozent die Verbesserung der Mitarbeitererfahrung. Innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahren werden sich die Ziele ausweiten. Zu nennen sind hier die CO2-Neutralität (45 Prozent), die Zusammenarbeit mit Lieferanten, die die eigenen Ziele teilen (45 Prozent) und die Energie aus erneuerbaren Quellen (43 Prozent).
Betrachtet man einige Ziele, dann spielen hier auch Gesetze, Vorschriften und Regularien eine Rolle. So etwa hierzulande das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG). Dieses legt Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitenden (2024 sind der Schwellenwert auf 1000 Mitarbeitende) Pflichten hinsichtlich Sorgfalt und Reporting in Bezug auf Menschenrechts- und Umweltverstöße in ihrer Lieferkette auf. So haben 58 Prozent der Unternehmen, die ab 2024 betroffen sind, angegeben, dass sie bereits jetzt gesetzeskonform sind. Ein Drittel sei zwar noch nicht völlig gesetzeskonform, habe aber bereits fortgeschrittene Maßnahmen ergriffen.
So lohne es sich die Herausforderungen, die mit dem LkSG einhergehen, zu überwinden. Neben der unumgänglichen Gesetzeskonformität würde man damit zusätzliche positive Effekte wie Qualitätssicherung (42 Prozent der Befragten nennen dies), Rechtssicherheit (38 Prozent) und eine erhöhte Kooperation entlang der Lieferkette (33 Prozent) erzielen. So würden auch Unternehmen, die nicht LkSG-pflichtig sind, aber durch entsprechende LkSG-pflichtige Geschäftspartner indirekt betroffen sind, davon profitieren. Die eigenen Prozesse ließen sich so optimieren und nachhaltiger auslegen.
Ab 2025 ändern sich mit der EU Corporate Sustainability Reporting Directive (EU-CSRD) die Vorgaben zur verpflichtenden Berichterstattung zur Nachhaltigkeit von Unternehmen. Unternehmen müssen ihre Einflüsse auf die Umwelt und Gesellschaft transparent darlegen. Laut der IDC-Studie seien die Grundlagen dafür vorhanden. Bereits 87 Prozent der befragten Unternehmen erfassen ihre Nachhaltigkeits- beziehungsweise ESG-Performance. Dies geschieht mittels Business-Software (41 Prozent), spezifischen ESG-Tools (32 Prozent), spezifischen CO2-Tools oder über die allgegenwärtigen Excel-Tabellen (33 Prozent). Die Sicherstellung der Datengenauigkeit sei dabei für 57 Prozent die größte Herausforderung bei der ESG-Berichterstattung (Environmental, Social und Governance - Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung).
Der im April 2023 vorgelegte Entwurf des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) könne zudem auch für Betreiber von Rechenzentren neue Herausforderungen mit sich bringen.
Technologien für nachhaltige IT und Prozesse
Um ihre Prozesse oder IT nachhaltiger zu gestalten setzen die Unternehmen vielfach auf das Thema Cloud – in unterschiedlicher Ausprägung. So setzen 52-Prozent auf private oder hybride Cloud-Umgebungen sowie 45 Prozent auf Public Clouds. Sowohl hybride wie Public-Cloud-Umgebungen könnten durch Virtualisierung, Skalierungseffekte sowie eine bessere Auslastung nachhaltiger sein als reine On-Premises-Bereitstellungsmodelle. Die Unternehmen sehen hier insbesondere eine Senkung der Energiekosten (39 Prozent), eine Verringerung des CO2-Abdrucks (25 Prozent) sowie eine verbesserte Resilienz (22 Prozent). In Bezug auf nachhaltige Prozesse speilt das Thema Remote Work für 43 Prozent eine wichtige Rolle. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), maschinellem Lernen (ML), Predictive Analytics und IoT werde von den Unternehmen künftig forciert. Damit ließen sich Daten kontinuierlich erfassen und auswerten. Somit sei eine frühzeitige Verbesserung von Verbräuchen und der Effizienz möglich.