Africa Studio - stock.adobe.com
Low-Code-Tools: Wie Anbieter um Citizen Developer buhlen
Low-Code- und No-Code-Anbieter kämpfen um die Gunst der sogenannten Citizen Developer. Was hinter dem Trend steckt und wie sich Anbieter darauf einstellen.
Mit dem Bedarf an schneller App-Entwicklung, -Bereitstellung und -Wartung ist der Low-Code-Markt deutlich gewachsen. Laut einer Marktanalyse des Forschungs- und Beratungsunternehmens Gartner werden bis 2023 über 50 Prozent der mittleren und großen Unternehmen eine Low-Code-Entwicklungsumgebung als eine ihrer strategischen Anwendungsplattformen einsetzen.
Neben dem Aufkommen von Low-Code-Plattformen verzeichnete der Markt eine steigende Nachfrage nach Produkten, die eine No-Code-Entwicklung zulassen. Diese Anwendungen arbeiten zwar mit Codeblöcken, die im Backend vorhanden sind, aber der Code wird von einem Anbieter verwaltet und ist für den Anwender nicht sichtbar.
Laut Jason Wong, Vice President und Analyst bei Gartner, besteht das Ziel darin, die Anwendungskonfiguration durch vom Anbieter bereitgestellte Bausteine zu ermöglichen, ohne dass der Benutzer wissen muss, wie man Code liest oder schreibt. Diese Plattformen beinhalten in der Regel Optionen für benutzerdefinierte Skripte, was eine beachtliche Menge an Erweiterungsmöglichkeiten für Unternehmensanwender bietet.
Der Aufstieg der Citizen Developer
Ein großer Teil der Popularität von No-Code dreht sich um die visuellen Drag-and-Drop- oder Point-and-Click-Schnittstellen. Diese Arten von Schnittstellen erlauben es nicht-technischem Geschäftspersonal – oder Citizen Developers – ihre eigenen Anwendungen zu erstellen, ohne über umfangreiche Programmierkenntnisse zu verfügen.
Während Low-Code eine gute Nachricht für Business-Anwender ist, weist Wong darauf hin, dass Entwickler auf Unternehmensebene wahrscheinlich nicht so begeistert sind. Dafür gibt es einige Gründe. Einer davon ist, dass diese Entwickler ihren Job bedroht sehen, da sie den Eindruck gewinnen, dass Unternehmen sie aus dem App-Entwicklungsprozess ausschließen wollen.
„Diese Entwickler sind Profis – sie haben viel Geld ausgegeben, um ihren Abschluss zu machen und viel Zeit damit verbracht, die Sprache und die Tools zu lernen“, sagt Wong. „Jetzt kommen [Unternehmen] daher und sagen: ‚Oh, mach dir darüber keine Gedanken ... einfach ziehen und ablegen, zeigen und klicken, und dann baut man eine App.‘“
Darüber hinaus machen sich die Entwickler Sorgen, dass Citizen Developer wahrscheinlich nicht auf kritische Aspekte der Anwendungsentwicklung achten. Zum Beispiel haben viele Unternehmenssoftwaresysteme spezifische Sicherheitsanforderungen, um Kundendaten und geistiges Eigentum zu schützen.
Um die Einhaltung dieser Anforderungen zu gewährleisten, machen sich professionelle Entwickler die Mühe, zu wissen, worauf die Anwendung läuft, wohin die Daten wandern und welche Art von Gefährdung es gibt. Die Sorge ist laut Wong, dass die Anwender auf Geschäftsebene sich entweder nicht genug um Themen wie Anwendungssicherheit kümmern oder darüber nachdenken, da sie möglicherweise ihren Fokus auf die gewünschten Anwendungsfunktionen einschränken.
Der Low-Code-Markt ist in Bewegung
Das wachsende Interesse von Unternehmen an Low-Code-Plattformen hat Anbieter, darunter AWS und Google, dazu veranlasst, ihr App-Entwicklungsportfolio zu stärken. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Anbieterübernahmen betrachtet und bemerkenswerten Produktveröffentlichungen im No-Code- und Low-Code-Markt der vergangenen Monate gezeigt.
Google übernimmt AppSheet
Im Januar 2020 erwarb Google AppSheet, um seinen Fokus auf die Low-Code-App-Entwicklung zu stärken. AppSheet nimmt Daten aus verschiedenen Quellen auf, wie zum Beispiel Excel und Google Sheets, und ermöglicht es Anwendern, Workflows mit einer formularbasierten Oberfläche zu entwickeln.
Anstatt auf Unternehmensanwendungen wie ERP und CRM zielt Google auf nicht-traditionelle Coder ab. Die AppSheet-Übernahme stellt auch einen Gegenschlag gegen die Low-Code-App-Entwicklungsplattform Microsoft Power Apps dar, die bei Citizen Developers an Attraktivität gewonnen hat.
Amazon veröffentlicht Honeycode
Amazon Honeycode, das im Juni 2020 angekündigt wurde, ist ein vollständig verwaltetes Tool für die Entwicklung von Mobile- und Web-Anwendungen, das der Anbieter als echte No-Code-Plattform beschreibt. Auch wenn einige Experten den Markteintritt von Amazon als spät ansehen (im Vergleich zu Microsoft und Google), soll Honeycode in erster Linie Geschäftsanwendern die Erstellung von Apps per Tabellenkalkulation vereinfachen.
Typischerweise bieten Low-Code- und No-Code-Tools den Anwendern eine visuelle Workflow- oder UX-Oberfläche, um Anwendungen zu erstellen. Honeycode hingegen nutzt die Tabellenkalkulationsschnittstelle, um Nicht-Codierern die Möglichkeit zu geben, Anwendungen zu erstellen, indem sie zum Beispiel Excel-Formeln verwenden, die sie bereits beherrschen und mit denen sie vertraut sind.
Deloitte und Unqork bündeln ihre Kräfte
Im Juli 2020 hat sich Unqork, ein Anbieter von No-Code-Plattformen, mit dem Finanzberatungsunternehmen Deloitte zusammengetan, um eine Plattform für Citizen-Development-Anwendungen zu schaffen, die auf bestimmte Branchen ausgerichtet ist.
Deloitte, das auf eine langjährige Erfahrung in der Industrieberatung zurückblickt, hofft, maßgeschneiderte Versionen der visuell basierten No-Code-Plattform von Unqork für Citizen Developer in bestimmten Branchen, wie Versicherungen, Banken, Gesundheitswesen und dem öffentlichen Sektor, bereitzustellen.
Mendix veröffentlicht neue Plattformversion
Mendix, ein Anbieter von Low-Code-Applikationsentwicklungsplattformen, hat im September 2020 eine aktualisierte Version seines Flaggschiffprodukts namens Mendix 9 (MX9) veröffentlicht. Eine Neuerung in MX9 ist der Mendix Data Hub, der wichtige Geschäfts- und Anwendungsdaten in einen zentralisierten, durchsuchbaren Katalog zieht, mit dem Entwickler schnell Apps erstellen können.
Zur Unterstützung der KI-Fähigkeiten hat das Unternehmen außerdem Mendix Performance Assist veröffentlicht, ein Bot, der automatisch Änderungen an Anwendungen vorschlägt oder implementiert, wenn er feststellt, dass dadurch die Entwicklungszeit verkürzt oder eine bessere Anwendung erstellt wird.