vchalup - stock.adobe.com
Künstliche Intelligenz: Die Rolle von KI im Networking
Die Anwendungsfälle für KI nehmen zu, doch trotz der Vorteile steht der große Durchbruch noch aus. Drei Analysten erläutern, wie es um KI in Unternehmensnetzwerken steht.
Der berühmte KI-Pionier Oren Etzioni sagte einmal: „KI ist ein Tool. Wir haben die Wahl, wie es genutzt wird.“
Unternehmen entscheiden darüber, wie sie künstliche Intelligenz (KI) einsetzen wollen, und die Anwendungsfälle entwickeln sich weiter. Netzwerkteams verwenden KI in der Regel als Schutz vor potenziellen Sicherheitsbedrohungen, als Netzwerkmanagement-Tool oder als Methode zur Automatisierung. Da Netzwerkumgebungen immer komplexer und verteilter werden, produzieren sie große Datenmengen, die Menschen allein nicht mehr bewältigen können.
Unternehmen können die Implementierung von KI in Betracht ziehen, um komplexe Systeme wie 5G-Netzwerke zu verwalten oder Data Analytics zu ermöglichen. KI kann die Netzwerk-Performance überwachen und Admins vor etwaigen Problemen warnen, bevor diese auftreten. Einige Formen von automatisierter KI lassen sich auch für das Troubleshooting nutzen, ohne dass ein menschliches Eingreifen erforderlich ist.
Laut einem Gartner-Bericht aus dem Jahr 2021 wird AI for IT Operations (AIOps) – eine Beschreibung für den Prozess, bei dem IT-Teams KI-Technologien wie Machine Learning (ML) verwenden, um Aufgaben zu automatisieren – in Unternehmen immer mehr eingesetzt. Gartner beziffert darin den AIOps-Markt für 2020 auf 900 Millionen bis 1,5 Milliarden US-Dollar (circa 790 Millionen bis 1,3 Milliarden Euro) und geht bis 2025 von einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 15 Prozent aus.
Ein Grund für die zunehmende Einführung von AIOps liegt darin, dass sich die Unternehmen am Anfang der digitalen Transformation befinden. Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Abläufe wird es für Menschen immer schwieriger, die neu anfallenden Daten zu analysieren, zu überwachen und zu verwalten. Zu den wichtigsten Trends der digitalen Transformation gehörte 2021 der Einsatz von ML Operations.
Unternehmen nutzen AIOps-Strategien, um „traditionelle Monitoring Tools zu ersetzen“, da sie letztlich für eine „Post-COVID-19-Pandemie-Umgebung planen, die von konkreten Ergebnissen dominiert wird“, so der Bericht. Durch die Pandemie ausgelöste neue geschäftliche Anforderungen und Belastungen haben Firmen dazu veranlasst, KI einzusetzen.
Das Interesse an KI wächst zwar, aber nicht alle Unternehmen implementieren sie schnell. Abgesehen von den Vorteilen handelt es sich bei KI nach wie vor um eine neue, noch in der Entwicklung steckende Technologie, die ihr volles Potenzial noch nicht ausgeschöpft hat. Deshalb zögern viele Verantwortliche, sie einzusetzen – und sie sind nicht die Einzigen.
Auch Netzwerkteams gehören zu denjenigen, die bei der Implementierung von KI zurückhaltend sind. Lesen Sie im Folgenden, was drei Networking-Analysten über den aktuellen Status von KI in Enterprise-Netzwerken zu sagen haben und wie ihrer Meinung nach Netzwerke KI in Zukunft nutzen werden.
Hinweis der Redaktion: Die Antworten wurden aus Platzgründen und zur besseren Verständlichkeit redigiert.
Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz derzeit in den Netzwerken, in denen sie eingesetzt wird?
John Burke, Analyst bei Nemertes Research: Die Bereitstellung von KI im Networking steckt noch in den Kinderschuhen. Aber [in den Bereichen], wo sie derzeit eine Rolle spielt, konzentrieren sich die Vorgaben darauf, Transparenz für Managementzwecke zu schaffen. Was passiert eigentlich in meinem Netzwerk? Was ist ungewöhnlich an dem, was momentan in meinem Netzwerk vor sich geht? Was sind die Anomalien? Bei der Sicherheit verhält es sich ganz ähnlich: Was geschieht konkret in meinem Netzwerk? Welche der ungewöhnlichen Vorgänge in meinem Netzwerk sollten mich beunruhigen?
Das Ziel von KI besteht in beiden Fällen darin, sich zwischen Rohdaten und Menschen zu schalten und die normalen Vorgänge sowie die unbedenklichen, nicht relevanten Anomalien herauszufiltern. Somit können sich die Teams auf die wichtigen Dinge konzentrieren, entweder auf Performance oder Sicherheit. Auf der Performance-Seite geht es um die Frage: „Wo entstehen Probleme, um die ich mich kümmern muss?“ Und längerfristig: „Wie sollte ich die Kapazität in Zukunft planen?“ Das ist eher ein Problem in Data Centern als anderswo, aber es ist keineswegs auf Data Center beschränkt.
Juniper hat angekündigt, sein SD-WAN (Software-defined WAN) um KI-Funktionen zu erweitern. Von anderen Unternehmen, etwa NaaS-Anbietern (Network as a Service) und insbesondere SASE-Providern (Secure Access Service Edge), wird es noch viele weitere Ankündigungen in dieser Richtung geben, in denen es um den Einsatz von KI zur besseren Traffic-Steuerung, zur Optimierung der Bereitstellung und zur Unterstützung beim Troubleshooting geht.
Gibt es Anwendungsfälle für KI in 5G-Netzwerken?
John Fruehe, unabhängiger Analyst: 5G-Carrier-Netzwerke sind Umgebungen, in denen sich viele Variablen ständig ändern. KI ist sinnvoll, weil Sie eine Menge Daten für den Betrieb zur Verfügung stellen müssen. In stabilen Netzwerken, in denen der Traffic jeden Tag gleich aussieht und sich nicht viel ändert, bietet KI nur einen geringen Vorteil. In einem Carrier-Netzwerk jedoch ändern sich die Dinge laufend, und KI kann bei der Bereitstellung helfen. Je mehr wir 5G einsetzen und je granularer wir werden können, desto mehr Vorgänge finden statt. Und genau da ist KI sinnvoll.
Wird KI die Rollen der Netzwerkteams in irgendeiner Weise verändern?
Fruehe: Ein Teil der Entwicklung besteht darin, dass die Pandemie alle traditionellen Aufgaben [des Networkings] stark dezimiert hat. Die ganzen tollen Pläne, die Netzwerkteams für 2019, 2020 und 2021 hatten – etwa Netzwerkmigrationen und Rollouts – wurden über den Haufen geworfen. Ich glaube, die Netzwerkteams haben die letzten zwei Jahre damit verbracht, herauszufinden, wie sie all diese Probleme überwinden und zu einer stabilen Ausgangsposition zurückkehren können.
Ich bezweifle, dass wir jetzt an einem Punkt angelangt sind, an dem die Dinge so stabil sind, dass man anfangen kann, an anspruchsvollere Dinge zu denken. Es muss noch viel geklärt und in Angriff genommen werden. Der Remote-Charakter von Netzwerken hat gegenüber früher zugenommen. Die größten Veränderungen im Networking betreffen den Standort des Endanwenders, und das hat die Entwicklung von SD-WAN und VPN stark vorangetrieben.
Welchen Einfluss wird KI Ihrer Meinung nach in Zukunft auf das Networking haben?
Bob Laliberte, Chefanalyst bei der Enterprise Strategy Group (ESG), einem Geschäftsbereich von TechTarget: Da die Umgebung immer komplexer wird, werden mehr Daten über das Netzwerk übertragen. Dies führt zu mehr Komplexität, die sich dem menschlichen Verständnis entzieht, um sie effektiv managen zu können. Hier werden KI und Machine-Learning-Technologien eine Rolle spielen.
Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass KI/ML nicht dazu gedacht ist, den Menschen zu ersetzen. Sicherlich wird es Situationen geben, in denen KI/ML zwar Warnungen und Empfehlungen abgeben, aber keine Änderungen vornehmen kann.
Wenn ein Switch oder ein Kabel physisch defekt ist, kann weder KI/ML noch Automatisierung dieses Problem beheben. In solchen Fällen muss ein Mensch das Kabel, den Switch oder die Stromversorgung austauschen.
Der Fortschritt bei der Nutzung der Technologie besteht darin, Warnungen und Empfehlungen zu erhalten sowie die Automatisierung voranzubringen. Eine ESG-Studie hat gezeigt, dass 20 Prozent der Unternehmen bereits vollständig automatisiert sind.
Etwa 60 Prozent befinden sich in der Warn- und Empfehlungsphase, die ihnen hilft, diese Intelligenz einzusetzen, um ihre Arbeit effektiv zu erledigen. Die letzten 20 Prozent sind Unternehmen, die sich wünschen, dass KI sie lediglich auf ein Problem aufmerksam macht, damit sie es selbst lösen können. Im Laufe der Zeit, wenn die Umgebungen immer verteilter und komplexer werden, wird es zunehmend schwieriger, dies zu tun und die Probleme rechtzeitig zu beheben. An dieser Stelle kommen die KI-Engines ins Spiel.