wachiwit - stock.adobe.com
Ist Windows 10 Microsofts letztes Desktop-Betriebssystem?
Es ist schwer zu sagen, ob Windows 10 die letzte Version des Betriebssystems bleibt. Ein Blick auf Microsofts Motivation bei der Einführung hilft jedoch bei der Einschätzung.
Microsoft-Entwickler Jerry Nixon bezeichnete Windows 10 bekanntermaßen als die letzte Version von Windows. Doch heute, Jahre nach dem Erscheinen des Betriebssystems, stellt sich die Frage, ob das wirklich stimmt.
Ob Windows 10 die letzte Iteration von Windows-Betriebssystemen ist, oder ob wir uns vielleicht doch auf Windows 11 einstellen müssen, ist nicht so leicht zu beantworten. Viele Nutzer sind mit der Windows-10-Strategie unzufrieden und hadern mit der Update-Struktur. Für sie ist die Frage, ob ein Ende in Sicht ist, besonders relevant.
Zu verstehen, welche Intentionen Microsoft mit Windows 10 verfolgt, kann Microsoft-Kunden eine bessere Vorstellung davon vermitteln, was sie erwarten können.
Die Geschichte von Windows-Betriebssystemen
Microsoft terminierte seine Neuerscheinungen lange nach einem festen Muster. Mit der Veröffentlichung von Windows 10 im Juli 2015 brach der Anbieter daher mit einer mehr als 25 Jahre währenden Update-Praxis, die für Windows NT, Windows 95, Windows XP, Windows 2000, Windows 7, Windows 8, Windows 8.1 und andere wie Windows ME und Vista galt.
Im alten Ansatz unterstützte Microsoft eine Version ungefähr drei Jahre lang voll und brachte dann eine neue Version heraus. Die alte Version wurde noch für einige Zeit unterstützt, bis sie den Mainstream-Support verlor. Kunden, die eine längere Supportdauer für ältere Anwendungen oder Hardware benötigten, konnten im Anschluss erweiterten Support gegen eine Gebühr erhalten. Solange eine Version Support erhielt, bekam sie von Microsoft regelmäßig Updates mit Funktionsverbesserungen und Patches.
Für IT-Mitarbeiter bedeutete das, dass sie alle paar Jahre einen kompletten Rollout eines neuen Betriebssystems und anschließend der Service Packs auf alle Geräte durchführen mussten. Viele Benutzer hassten es, eine neue Version von Windows zu bekommen und sich an deren Funktionen, Benutzeroberfläche und weitere Änderungen gewöhnen zu müssen. Auch aus Sicht des Geschäfts war es hinderlich, weil der Umstellungsprozess die Produktivität senkte.
Aus Sicht von Microsoft war diese Lösung ebenfalls nicht ideal. Wie andere Softwarehersteller auch, befand sich der Anbieter in einem ewigen Wettlauf mit Softwarepiraten. Microsoft versuchte mit Lizenzierungsschemata und Aktivierungsprozessen sicherzustellen, dass jeder, der Windows nutzte, dafür bezahlt hatte. Doch immer mehr Nutzer fanden Wege, sich einen Zugang zu Windows zu erschleichen. Das schadete Microsofts Fähigkeit, eine stabile Plattform aufrechtzuerhalten. Viele Anbieter von Anwendungen lösten dieses Problem, indem sie ihre Software in der Cloud anbieten. Das kommt für ein Betriebssystem jedoch jenseits virtueller Desktops nicht in Frage.
Microsoft entschied sich deshalb, mit Windows 10 eine letzte Windows-Plattform auf den Markt zu bringen, die nur noch aktualisiert und nicht mehr ersetzt werden sollte, so dass Anwender keine neuen Betriebssysteme mehr kaufen mussten.
Stattdessen nimmt Microsoft eine Gebühr für die Installation von OEMs (Original Equipment Manufacturer, Gerätehersteller), auf deren Geräten Windows 10 laufen soll. Die Gerätehersteller liefern dann diese Geräte an Endkunden mit fertig installiertem Betriebssystem aus. Das bedeutet, dass man Windows nicht mehr alle paar Jahre neu kaufen musst, dass Piraterie sich letztlich kaum noch lohnt, und dass die Plattform für das Entwickeln von Anwendungen und Geräten wieder stabil genug war.
Das Problem mit dieser Strategie ist, dass Microsoft die gesamte aktuelle Benutzerbasis auf Windows 10 bringen musste, um die Compliance zu gewährleisten. Microsoft verschenkte daher Windows 10 für begrenzte Zeit als kostenlosen Download, um die bestehende Windows-Benutzerbasis zur Migration auf Windows 10 zu bewegen.
Technisch gesehen ist die Frist für diesen kostenlosen Download bereits abgelaufen, doch für Nutzer von Windows-7- und Windows-8-Geräten ist er noch über den Download des Windows10 Update-Assistenten verfügbar (Stand 19.2.2021)
Updates und Verbesserungen
Natürlich gab es auch vor Windows-10 regelmäßige Updates und Service-Packs für die unterstützen Windowsversionen. Wenn IT-Administratoren ein Betriebssystem nicht auf dem neuesten Stand hielten, fiel es aus dem Support. Das bedeutet, dass Microsoft sich nur nach bestem Wissen und Gewissen um die Problemlösungen bemühte und sich nicht um Bugs kümmerte.
Das ständige Aktualisieren bedeutete einen enormen Aufwand für IT-Administratoren. Sie mussten Bereitstellungs-Tools kaufen, Updates validieren und trotzdem alle paar Jahre für ein neues Windows bezahlen. Unabhängige Softwareanbieter und OEMs mussten ständig Treiber erneuern, damit sie mit der Windows-Plattform funktionierten.
Hat Windows 10 das verändert? Im Großen und Ganzen nicht. Aber die Implementierung ist ein wenig anders. Es gibt immer noch Updates, die zweimal im Jahr in Form von Funktions- und Sicherheits-Updates veröffentlicht werden. Admins müssen das Betriebssystem über den Windows Server Update Service aktualisieren und ältere Windows-10-Builds werden üblicherweise für 18 Monate unterstützt.
Der Unterschied bei Windows 10 ist, dass diese Änderungen größtenteils im Verborgenen stattfinden und keine massive Umstellung erfordern. Das Betriebssystem führt die Updates normalerweise automatisch durch, Administratoren können dies aber abschalten, so dass sie Neuerungen vorher testen können.
Die neuen Builds werden automatisch über Windows verteilt, und Microsoft hat eine Priorisierung, die festlegt, welche Systeme sie in welcher Reihenfolge erhalten.
Die Windows Update-Einstellungen finden Sie, wenn Sie in der Suchleiste von Windows 10 Windows Update-Einstellungen eingeben. Hier können Administratoren:
- die aktuelle Version und den aktuellen Build anzeigen, die auf dem Computer laufen,
- feststellen, ob der Computer neu gestartet werden muss, um Updates anzuwenden,
- den Neustart planen oder verzögern,
- den Update-Verlauf anzeigen; und
- erweiterte Optionen verwalten.
Wenn Sie außerdem Winver in die Suchleiste eingeben, zeigt Windows ein Fenster mit der aktuellen Version an.
Doch das System in seiner neuen Form hat auch einige Vorteile:
- Sie müssen keine Hardware auf Windows-Kompatibilität testen. Das macht der OEM; Bei Enterprise-Versionen erhalten Unternehmen nur die Updates, die auf ihrer Hardware funktionieren.
- Keine Bereitstellung eines neuen Betriebssystems und auch keine Betriebssystemmigration.
- Keine Lernkurve der Benutzer und dadurch weniger begleitende Beschwerden.
- Kein Ausgaben für neue Betriebssysteme und nach dem Kauf des Geräts sind die Updates kostenlos.
- Updates lassen sich verzögern.
- Schlägt ein Update fehl – wie in einigen Fällen der Mai-2020-Build – veröffentlicht Microsoft out of band-Updates. Solche Fehler werden schneller behoben als früher.
Da es etwas schwierig sein kann, den Überblick über aktuelle Builds und Versionen zu behalten, führt Microsoft einen Update-Verlauf, in dem Administratoren Informationen zum Inhalt der Updates erhalten, bekannte Fehler nachlesen können und, so vorhanden, auch Lösungsvorschläge für diese finden.
Wie sieht es jetzt aus mit Windows 11?
Ob es ein Windows 11 geben wird oder nicht, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Für die absehbare Zukunft gibt es jedoch nur Windows 10 und Microsoft hat nicht angedeutet, dass sich das ändern wird. Die Veröffentlichungsstrategie von Windows 10 ist solide, da sie seit 2015 funktioniert – wenn schon nicht gut, dann zumindest gut genug.
Was ist Windows 10X?
Die ursprüngliche Vision für Windows 10 war es, ein geräteübergreifendes Betriebssystem zu schaffen: PCs, Notebooks, Tablets und Smartphones sollten alle auf Windows 10 laufen. Diese Hoffnung hat sich jedoch alsbald zerschlagen, unter anderem, weil sich bestimme Gerätehersteller vom Plan abgelöst hatten. 10X ist eine hybride Form von Windows 10, die für Tablets und leichtgewichtige Laptops gedacht ist.
Windows 10X wurde im Oktober 2019 angekündigt und soll im Frühjahr 2021 erscheinen. Es soll besonders klein und sparsam werden, um sich für ähnliche Anwendungsszenarien wie Chrome OS zu eignen. Die Version, die 2021 erscheinen soll, kann nur Apps ausführen und läuft nur auf traditionellen Laptops oder Tablets – später ist jedoch angedacht, dass die Benutzeroberfläche sich auf faltbare Geräte mit zwei Bildschirmen anpassen kann und zudem hat Windows angekündigt, langfristig die Unterstützung von Win32-Programmen in Containern hinzuzufügen.