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Grundlagen von Business Process Management (BPM)
Dieser Artikel beschreibt die Grundlagen von Business Process Management (BPM), zeigt seine wichtigsten Merkmal und ergänzende Technologien auf.
Wie definiert man Business Process Management (BPM) in einem einzigen Satz? Es dürfte mehrere Varianten dafür geben, doch in etwa sollten sie alle das Gleiche bedeuten: BPM hilft Organisationen dabei, ihre Aufgaben besser zu erledigen.
Der vorliegende Artikel ist ein Auszug in deutscher Übersetzung aus dem Oracle Business Process Management Suite 11g Handbook von Manjo Das, Manas Dev und Mark Wilkins. Er beschreibt die Grundlagen von BPM, seine wichtigsten Vorteile und ergänzende Technologien.
Wie der Name schon sagt, geht es bei Business Process Management (BPM) um das Management von Geschäftsprozessen, meistens mit dem Ziel, bestimmte Aspekte der Performance eines Unternehmens zu verbessern. Als Geschäftsprozesse werden dabei die Aktivitäten bezeichnet, die ein Unternehmen betreibt. Wie zu erwarten, gibt es für Geschäftsprozesse und deren Management viele Definitionen, die sich hinsichtlich Breite und Betrachtungsweise unterscheiden. Später gehen wir auf Details dazu ein. Doch um eine Grundlage für Diskussionen zu schaffen, wollen wir zunächst mit den folgenden nicht-technischen Definitionen arbeiten:
- BPM ist eine Strategie für die Steuerung und Verbesserung der Performance eines Unternehmens durch die ständige Optimierung von Geschäftsprozessen in einem geschlossenen Kreislauf aus Modellierung, Umsetzung und Messung. BPM-Aktivitäten reichen von der Konzeption bis zu Erkenntnissen bei und nach der Realisierung, wobei bei der Umsetzung von Geschäftsprozessen ein angemessener Governance-Rahmens zu beachten ist.
- Ein Geschäftsprozess ist ein Satz von miteinander zusammenhängenden Aktivitäten, ausgeführt von Menschen und Systemen, der für interne oder externe Kunden einen bestimmten geschäftlichen Wert bringt.
Wir entscheiden uns damit für einen umfassenden Blick auf BPM, der einen gesamten Lebenszyklus umfasst und ständige Prozessverbesserungen einschließt. Damit ist es eine Management-Disziplin, die über die reine Entwicklung von Software oder die reine Nutzung von Softwareanwendungen hinausgeht. Ebenfalls haben wir Governance als notwendiges Element von BPM mit berücksichtigt. Denn in unseren Augen ist für hochwertiges BPM, mit dem sich nachhaltige Wettbewerbsvorteile erreichen lassen, angemessene Governance unverzichtbar.
Bei der Definition von Geschäftsprozessen haben wir absichtlich jede Beschränkung auf strukturierte Geschäftsaktivitäten weggelassen. Bei strukturierten Prozessen sind die einzelnen Schritte und ihre Reihenfolge vorab bekannt, zumindest im Rahmen vorgegebener Optionen. Für viele Geschäftsprozesse trifft dies ohne weiteres zu und erleichtert so die Abbildung in Computern.
Eine einfache Bestellung gegen Barzahlung bei Standard-Produkten, das Bereitstellen von Telefoniediensten oder die Unterstützung von Backend-Prozessen für die meisten Internet-Käufe – all das lässt sich in die Kategorie „strukturierte Geschäftsprozesse“ einordnen. Die Unternehmen von heute müssen jedoch auch die Qualität solcher Transaktionen gewährleisten und erhöhen, die mit ad-hoc-Aktivitäten einhergehen. Hier sind die genaue Anzahl der Aufgaben und der genaue Zusammenhang zwischen ihnen einschließlich der Reihenfolge der Erledigung eben nicht vorab bekannt.
Solche Geschäftsprozesse entwickeln sich in Abhängigkeit vom konkreten Kontext einer bestimmten geschäftlichen Transaktion und basieren auf Zwischenergebnissen. Anders als bei der streng sequenziellen und vorgegebenen Verzweigung von Aufgaben bei strukturierten Prozessen, werden derartige Transaktionen von allgemeineren Normen, Regeln und Richtlinien im Unternehmen geleitet.
Sie können auch eine relativ unorganisierte Zusammenarbeit von Wissensarbeitern umfassen, die im Gegensatz zu den exakt vorgegebenen Aufgaben für Menschen in traditionellen Workflow-Systemen steht. Das Management solcher Transaktionen lässt sich über etwas sicherstellen, das als unstrukturierter Prozess bezeichnet wird. Beispiele dafür sind viele Aktivitäten im Fall-Management sowie Forschung und Entwicklung im Pharmabereich oder komplizierte Risiko-Analysen.
In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, dass Geschäftsprozesse in Anwendungspaketen wie ERP, CRM, HRM und SCM enthalten sein können und dies auch sind. Ebenfalls können sie in der Middleware um derartige Anwendungen herum realisiert sein. Anwendungsübergreifende Prozesse sind dabei klar in der Middleware verortet.
Doch es gibt oft auch Situationen, in denen vielfältige Überlegungen über Konzeption und Betrieb erforderlich sind, um die beste Stelle für das Anlegen eines Geschäftsprozesses zu finden. Die BPM-Suite von Oracle ist ein Middleware-Produkt (oder genauer: Teil von Fusion, der Middleware-Familie von Oracle) und lässt sich dafür nutzen, unabhängige Geschäftsprozesse zu schaffen, die mit Anwendungspaketen integriert werden oder sie erweitern können.
Ein weiterer Hinweis: Die Abkürzung BPM wird häufig auch für Business Process Modelling, Business Process Monitoring und Business Performance Management verwendet. Die ersten beiden Aspekte sind in unserer Definition von BPM mit enthalten, während es beim dritten um die finanzielle Messung der geschäftlichen Performance geht, zu der unser BPM letztlich beitragen soll.
Warum BPM?
Aktuell sind die meisten Unternehmen sehr interessiert daran, BPM in der gesamten Organisation einzuführen, um zu einer Verbesserung der Performance beizutragen. Wenige davon haben damit bereits ein Stadium der Reife erreicht, die meisten sind also noch in frühen Phasen. Studien von führenden Analysehäusern wie Gartner, Forrester und IDC zeigen immer wieder, dass Verbesserungen beim Prozess-Management in den vergangenen Jahren zu den wichtigsten Themen für Unternehmensführungen zählten, was auch in den kommenden Jahren noch so sein soll.
Die jährlichen Ausgaben für BPM werden von Analysten auf fünf bis sechs Milliarden US-Dollar geschätzt, die Wachstumsrate auf 30 bis 40 Prozent pro Jahr (zum Vergleich: bei den meisten anderen Märkten für Software zur geschäftlichen Integration liegt sie bei fünf bis zehn Prozent). Insgesamt scheint sich BPM derzeit einer starken positiven Dynamik zu erfreuen. Aus diesem Grund dürfte es sich lohnen, etwas genauer zu erkunden, warum BPM als so hilfreich für Unternehmen gilt.
Vorteile von BPM
Wie bereits angemerkt, geht es bei BPM um eine umfassende Steuerung von geschäftlichen Aktivitäten. Dies bietet viele Vorteile, wobei als Hauptmotivation unterschiedliche Faktoren in Frage kommen. Manchen Unternehmen könnte es beispielsweise vor allem darum gehen, ihre Aktivitäten effizienter zu gestalten – also dieselbe Produktionsmenge mit weniger Ressourcen wie Zeit, Geld, Vorprodukten und Arbeitskraft zu realisieren. Anderen Unternehmen könnte eher daran gelegen sein, sich mehr Agilität zu verschaffen, um besser auf veränderte Marktbedingungen reagieren zu können.
In manchen Fällen kann Prozess-Management auch dafür gebraucht werden, um genügend Transparenz und Audit-Spuren über eine Kette von Aktivitäten hinweg zu erreichen, so dass regulatorische Anforderungen erfüllt sind. Allgemein gesagt, lassen sich Vorteile durch BPM als entweder intern oder extern klassifizieren. Bei internen handelt es sich typischerweise um Effizienz, externe Vorteile helfen Kunden und Partner dabei, mehr Wert aus den Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens zu ziehen.
Zu höherer Effizienz führt BPM, wenn integrierte Prozesse zustande kommen, die unterschiedliche IT-Bereiche und Arbeitskräfte umfassen. Ein höheres Maß an Automatisierung von Transaktionen durch die Computerisierung von Prozessaktivitäten verringert den Zeitaufwand für die Umsetzung, führt zu höherer Transaktionskapazität und zu weniger menschlichen Fehlern. Funktionen für Zusammenarbeit (wie in der Oracle BPM Suite 11g) machen den Umgang mit komplexen Ausnahmen deutlich einfacher und billiger und tragen so ebenfalls zu mehr Produktivität und Effizienz bei.
Mehr Transparenz über geschäftliche Transaktionen erfordert eine angemessene Überwachung des jeweiligen Prozesses. Die kann auf der obersten Ebene geschehen und liefert dann allgemeine Informationen über den Zustand der Transaktionen im Zusammenhang mit dem Prozess – etwa wie viele Transaktionen offen sind und wie viele sich in welchem Stadium der Erledigung befinden, Bandbreiten für den Zeitaufwand der Bearbeitung und Ausfall-Quoten. An derartigen Informationen ist oft das Top-Management interessiert.
Die Entwickler von Prozessen und Personen, die an ständiger Verbesserung arbeiten, wollen unterschiedliche Performance-Parameter für die einzelnen Aktivitäten und Reaktionen auf die Performance von Rand-Anwendungen im Auge behalten, die für den Prozess eine Rolle spielen. Operative IT-Teams interessieren sich allgemein für die System-Performance von Hardware und Software, für Informationen zur schnellen Fehler-Entdeckung und in Bezug auf die erwartete Servicequalität der Systeme zur Unterstützung von Business Continuity. Verkaufs- und Marketing-Mitarbeiter wiederum wollen über Gelegenheiten für Cross-Selling und Up-Selling informiert sein, die sich aus einem Kunden oder seinen Transaktionen ergeben.
Explizite und digitalisierte Beschreibungen eines Prozesses mit allen dazugehörigen Aktivitäten, Regeln und Endsystemen sowie von Ereignissen in den laufenden Instanzen von Geschäftsprozessen sind bei der Herstellung von Transparenz eine große Hilfe. Wenn alle Aktivitäten in einer prozessbasierten Transaktion nachverfolgbar sind, wird es zudem leichter, Audit-Trails oder Warnmeldungen für Compliance-Verfahren zu generieren. In Systeme für BMP integrierte Prozess-Analyzer (wie bei Oracle BPM Suite 11g) oder ergänzende Werkzeuge wie Business Activity Monitoring (wie Oracle BAM) oder Business Intelligence (etwa Oracle BI) lassen sich dafür einsetzen, unterschiedlichste Prozessinformationen mühelos zu visualisieren.
Eine hohe geschäftliche Agilität ist zu einer unverzichtbaren Eigenschaft für Unternehmen geworden, die sich im globalen Wettbewerb von heute durchsetzen wollen. Sie hängt zusammen mit schnellen Reaktionen auf geplante und ungeplante Veränderungen in der geschäftlichen Umsetzung, und Geschäftsprozesse können der ideale Ort sein, um solche Reaktionen zu koordinieren: Mit ihrer Hilfe können beteiligte Mitarbeiter aus geschäftlichen und IT-Abteilungen bestehende Prozesse rasch so modifizieren, wie es das veränderten Umfeld erfordert.
Zudem ist eine Wiederverwendung von bestehenden Unterprozessen oder Dienstleistungen (an den Endpunkten von Prozessen) möglich, was die Reaktionszeit ebenfalls deutlich verringern kann. Die Verwendung von externalisierten und im laufenden Betrieb integrierbaren Geschäftsregeln, mit denen sich (wie bei Oracle BPM Suite 11g möglich) bestimmte Aspekte der Prozessumsetzung anpassen lassen, ist eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der geschäftlichen Agilität: Manche Änderungen lassen sich so direkt von Analysten der geschäftlichen Seite eingeben, ohne dass lange und teure IT-Entwicklungsprojekte nötig werden.
Abbildung 1-1 zeigt eine Zusammenfassung der wichtigen Kategorien von BPM-Vorteilen sowie typische Kennzahlen, mit denen sich das Ausmaß der erreichten Verbesserungen erfassen lässt (auf Englisch).
Über die Autoren:
Manjo Das ist leitender Manager in der Produkt-Management-Gruppe für Oracle Fusion Middleware mit Spezialisierung auf BPEL und Geschäftsregeln. Vor der Übernahme durch Oracle war er bei Siebel verantwortlich für die Entwicklung der prozesszentrischen Anwendungsplattform der nächsten Generation.
Manas Deb ist Direktor in der Oracle-Gruppe für Fusion Middleware/SOA, BPM und Goverance Suites. Derzeit leitet er dort das externe Projekt-Management und mehrere strategische Initiativen zu SOA, BPM und Governance weltweit.
Mark Wilkins ist Enterprise-Architekt für das Global Enterprise Architecture Program von Oracle. Zuvor arbeitete er für BEA, wo er entscheidend zur Entwicklung von Methoden und Dienstleistungsangeboten für Service-orientierte Architektur beigetragen hat.