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Google Cloud Platform: Erfolgsgeschichte auf Umwegen
Angesichts durchschlagender Erfolge vieler Technologien aus dem Hause Google verwundert es, dass das Public-Cloud-Angebot zu Beginn schwächelte und nur langsam Erfolge verzeichnet.
In der Welt des Cloud Computing ist Google eine gespaltene Figur. Als Technologieunternehmen und Innovator war es in vielerlei Hinsicht ein Pionier. Aber als Serviceanbieter hatte das Unternehmen immer wieder Rückstände aufzuholen.
Nach einem Dutzend Jahren auf dem Markt und mehreren Strategiewechseln ist Google hinter AWS und Microsoft Azure nach wie vor der drittgrößte Anbieter für Cloud-Infrastrukturen weltweit. Google Cloud hat sich zu einem brauchbaren Cloud-Anbieter der ersten Reihe entwickelt, mit Angeboten in allen drei Cloud-Kategorien: IaaS, PaaS und SaaS. Dabei hat das Unternehmen seine Bemühungen auf große B2B-Kunden und den vertikalen Markt ausgerichtet.
Es ist unklar, ob Google seinen Marktanteil ausbauen wird, aber die neuere Produktpalette ist für viele Interessenten einen Blick wert. In diesem Beitrag erklären wir, wie es passieren konnte, dass Google weit hinter die Konkurrenz zurückfiel und wie der Anbieter seine Strategie angepasst hat. Wir erläutern die Stärken und Grenzen der Google Cloud, damit Sie besser einschätzen können, ob sie Ihre IT-Initiativen unterstützen kann.
Googles Cloud-Anfänge
Googles Schwierigkeiten auf dem Markt für Cloud-Services sind etwas schwer nachvollziehbar, haben seine Entwickler und Ingenieure doch das Konzept moderner Dienste in der Cloud selbst erfunden, um die enormen, dynamischen und wachsenden Anforderungen an die Suchfunktionen und Videoplattform des Unternehmens zu bedienen.
Cloud Bigtable und die MapReduce-Datenverarbeitungssoftware sind Google-Entwicklungen aus der Mitte der 2000er Jahre, als AWS kaum mehr als eine Idee war. Der Cluster-Manager Borg –Vorgänger von Kubernetes – ist bei Google sogar intern weiterhin im Einsatz.
Der entscheidende Fehler in Googles Cloud-Strategie war also nicht ein Mangel an Innovation und technischem Know-how, sondern eine Fehleinschätzung der Marktentwicklung. Google verzögerte seinen Markteintritt bis 2008 – zwei Jahre nachdem AWS seine zentralen Infrastrukturdienste, Amazon EC2 und Amazon S3 veröffentlicht hatte.
Das Unternehmen konzentrierte sich außerdem zunächst auf Platform as a Service (PaaS) mit App Engine. Das entsprach nicht den Wünschen von IT-Profis zum damaligen Zeitpunkt; zudem dauerte es bis 2011, bis der Service wirklich verfügbar war. Schließlich veröffentlichte Google 2013 Compute Engine, um die Infrastructure-as-a-Service-Lücke (IaaS) zu füllen, doch da war AWS schon längst als Marktführer etabliert: im selben Jahr zog der Wettbewerber für seine zweite re:Invent-Konferenz 9.000 Teilnehmer an.
Anfangs richtete sich die Cloud-Computing-Strategie an Kunden mit den gleichen Ansprüchen wie Google selbst: fortgeschrittene Entwickler, die Cloud-native Anwendungen und Dienste erstellen wollen. Sie adressierte nicht Mainstream-Unternehmen und kleine Firmen, die mit einer heterogenen Infrastruktur, Legacy-Software oder Cloud-unerfahrenen IT-Mitarbeitern zu kämpfen hatten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Google Cloud zwar technisch ausgereift und elegant war, aber weniger flexibel als konkurrierende Angebote. Sie hatte eine schwächere Dokumentation und war schwer in bestehende IT-Systeme zu integrieren. Google hatte also einiges aufzuholen.
Googles Strategiewechsel
Die größte Herausforderung für Google und andere aufstrebende Cloud-Anbieter ist das Marktduopol von AWS und Azure. Für einen weiteren Player ist es äußerst schwierig, diese Marktmacht zu knacken – in einigen anderen Marktsegmenten nimmt Google diese Position selbst ein. Das Unternehmen hat sich schließlich gegen die größten Konkurrenten in den Bereichen Online-Suche und Werbung durchgesetzt; umgekehrt hatte es jedoch Schwierigkeiten, in die Märkte für Streaming Media, Smartphones und Cloud Computing einzudringen.
Als Google sich entschied, in das Cloud Computing einzusteigen und seine umfangreiche Technologie zu kommerzialisieren, hatten Amazon und Microsoft bereits mehr als die Hälfte des Marktes für Cloud-Infrastruktur und Plattformdienste besetzt. Tatsächlich hält Google Cloud nach Jahren des Wettbewerbs immer noch nur einen Anteil von 7 Prozent am weltweiten Markt für Cloud-Infrastruktur, so eine Schätzung von Canalys.
Google hatte sich mit seinen frühen Bemühungen in eine schwierige Position gebracht, zumal das Unternehmen es gewohnt ist, seine technischen und finanziellen Muskeln spielen zu lassen, um den Markt zu dominieren. Manche Analysten gingen sogar so weit, für Google einen Ausstieg aus dem Cloud-Markt vorherzusagen, ähnlich wie bei anderen gescheiterten Projekten wie Google Fiber, Hangouts und Allo.
Als der ehemalige Oracle-Vizepräsident Thomas Kurian Leiter von Google Cloud wurde, war das ein Bekenntnis, sowohl zu den Cloud-Produkten als auch eine Neupositionierung, um die wichtigen Unternehmenskunden zu bedienen.
Kurian lenkte die Aufmerksamkeit auf Unternehmensanwendungen, Workload-Migrationen und Anwendungsmodernisierung. Er versuchte, diese Strategie durch neue Funktionen und Unterstützung für Anwendungsszenarien umzusetzen:
- Workload-Migration in der Hybrid Cloud mit Anthos oder VMware;
- Moderne containerisierte und serverlose Anwendungen;
- Cloud-basierte Datenplattformen einschließlich Speicherung, Datenbanken, Data Warehouses, Datenextraktion, Transformation und Analyse; und
- Anwendungen für künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML).
Kurian hat die Produktpallette gezielt auf vertikale Märkte wie Einzelhandel, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Medien und Unterhaltung ausgerichtet.
Google glaubt, dass sein privates Netzwerk, seine Big-Data-, KI- und Sicherheitsexpertise das Unternehmen von der Konkurrenz abheben können.
Die Stärken von Google Cloud
Mit neuen technischen Fähigkeiten und einem umgestalteten Unternehmensfokus ist Google Cloud in einigen Bereichen sehr viel stärker geworden:
Sicherheit
Google ist der aggressivste Entwickler und Verfechter von Zero-Trust-Sicherheit, authentifizierten Endpunkten, granularer sicherer Partitionierung von Microservices, Zwei-Faktor-Authentifizierung und hardwarebasierter Zertifizierung. Diese Bemühungen sind in den Strategien BeyondCorp (Nutzersicherheit) und BeyondProd (App-Sicherheit) verankert.
Abrechnung
Google bietet eine granulare, sekundengenaue Abrechnung und automatische Rabatte für die verbindliche Nutzung. Dadurch hebt sich der Anbieter von Konkurrenten mit komplexen Preisstrukturen ab.
Big Data
Google verfügt über umfangreiche Erfahrungen bei der Organisation und Analyse von Petabytes an Suchanfragen und Online-Inhalten. Das Unternehmen nutzt dieses Fachwissen, um ein starkes Portfolio an Datenbank- und Analyseservices aufzubauen, darunter:
- BigQuery, ein verwaltetes Data Warehouse;
- Cloud Bigtable und Cloud Spanner, beides verwaltete Datenbankdienste;
- Dataflow, ein Stream-Analytics-Dienst, und
- Data Studio, ein Tool zur Datenberichterstattung und -visualisierung.
Globales privates Netzwerk
Google gibt an, Dutzende, wenn nicht Hunderte von Milliarden Dollar in die Infrastruktur von Rechenzentren und Netzwerken investiert zu haben, darunter 30 Milliarden Dollar für Unterseeverkabelung. In den USA wurden 13 Milliarden in neue Rechenzentren investiert, die über ein privates Netzwerk verbunden sind.
Googles Netzwerk und technische Raffinesse – das Unternehmen war eines der ersten, das SDN (Software-defined Network) zur Optimierung des WAN-Traffic-Managements und -Routings einsetzte – konnten das Unternehmen jedoch nicht vor Problemen bewahren. Das jüngste Beispiel war ein massiver Ausfall im Juni 2020, der dazu führte, dass die Server die verfügbare Netzwerkkapazität nicht ausreichend nutzten. Dadurch fielen sowohl Google- als auch Drittanbieterdienste aus, darunter Gmail, YouTube und Snapchat.
Workload-Migration
Google erhöht mit portablen Containern als bevorzugter Anwendungslaufzeitumgebung, verschiedenen Migrationsdiensten, der App-Managementplattform Anthos und VMware Engine die Flexibilität, die Nutzer beim Hosting von Workloads in GCP behalten.
Serverless
Google bietet Dienste mit Serverless-Fähigkeit an, die über ereignisgesteuerte Funktionen wie AWS Lambda hinausgehen. Dazu gehören:
- Datenbanken: Cloud Storage, Firebase;
- Analysen: BigQuery, Data Studio;
- App-Plattformen und Code: App Engine, Cloud Functions;
- Computing: Cloud Run;
- KI: KI-Plattform, AutoML; und
- DevOps-Tools: Cloud Source Repositories, Cloud Build, Cloud Scheduler, Cloud Logging.
Fokus auf Entwickler
Google verfügt über Dienste und Tools für die Modernisierung von Unternehmensanwendungen, darunter Anthos, Google Kubernetes Engine und Tekton – ein Kubernetes-basiertes Framework zum Erstellen von CI/CD-Pipelines (Continuous Integration, Continuous Delivery).
Die Schwächen von Google Cloud
Googles starker Vorstoß in Sachen App-Modernisierung unterstreicht die Tatsache, dass das Unternehmen sich der Anforderungen großer, monolithischer Unternehmenssysteme – wie SAP HANA, Infor und IFS, um nur einige zu nennen – nicht richtig angenommen hat. Stattdessen konzentriert sich Google weiterhin auf Cloud-native Entwickler.
Unter Kurian hat Google sich sehr darum bemüht, Rückstände aufzuholen; das Unternehmen hat den Vertriebskanal erweitert, Beratungs- und Softwarepartner – wie Deloitte und SAP – dazu gewonnen, und auf Unternehmen ausgerichtete Produkte wie Anthos und andere Migrations-Tools hinzufügt, darunter Cornerstone, ein Unternehmen, dessen Übernahme 2020 Google die Fähigkeit verliehen hat, Mainframes in die Cloud zu überführen.
Google Cloud kämpft jedoch weiterhin damit, Unternehmenssoftware wie SAP- und Oracle-Produkte zu unterstützen. Auch bei der Anzahl der Vertriebsmitarbeiter sowie Software- und Beratungspartner, die sich um Unternehmenskunden kümmern, liegt Google hinter Microsoft und Amazon zurück.
Außerdem leidet Google weiterhin unter dem Ruf, regelmäßig Teile seiner Produktpalette hinzuzufügen, mit ihnen zu experimentieren und sie ohne viel Federlesens wieder zu entfernen – eine Praxis, die für Unternehmenskunden, die sich eine verlässliche Infrastruktur wünschen, nicht gerade attraktiv ist.