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Einführung in Festplattentechnologie mit mehreren Aktuatoren

Rechenzentren werden bald Festplatten benötigen, die heutige Kapazitäten übersteigen müssen. Multi-Aktuatoren in Festplatten könnten zur Lösung dieses Problems beitragen.

Die Multi-Aktuator-Technologie ermöglicht den Bau von Festplatten, die sowohl hohe Kapazitäten als auch hohe Leistungen bieten.

Seagate steht bei diesen Bemühungen an vorderster Front, gefolgt von Western Digital. Ihre Bemühungen sind erst der Anfang. Wenn sich ihre Laufwerke bewähren, könnte die neue Technologie in absehbarer Zukunft die Bauweise vieler Festplatten für Unternehmen verändern. Um darauf vorbereitet zu sein, sollten Speicheradministratoren verstehen, wie multiple Aktuatoren zusammenarbeiten und welche Vorteile und Herausforderungen sich daraus ergeben.

Wie funktionieren HDDs mit multiplen Aktuatoren?

Multi-Aktuatoren-Festplatten werden oft als Dual-Aktuator-HDDs bezeichnet, da die aktuellen Modelle nur zwei Aktuatoren enthalten. Es ist denkbar, dass in Zukunft weitere hinzukommen werden, wenn sich die derzeitige Dual-Aktuator-Technologie durchsetzt.

In der Vergangenheit enthielten Festplatten nur einen Aktuator, und die meisten Festplatten sind immer noch auf diese Weise gebaut. Ein Aktuator ist eine physische Baugruppe innerhalb einer Festplatte, die Lese-/Schreibköpfe über die Oberflächen der sich drehenden Platten des Laufwerks bewegt.

Heutige Festplatten umfassen in der Regel mehrere Platten, Aktuator-Arme und Schreib-/Leseköpfe. Trotz all dieser Komponenten kann eine Festplatte mit einem einzigen Aktuator Daten immer nur von einer Stelle aus lesen und schreiben, was bedeutet, dass immer nur ein Kopf aktiv ist.

Die Leistung eines Laufwerks hängt zum großen Teil davon ab, wie effizient der Aktuator auf die Daten an verschiedenen Stellen auf den Platten zugreifen kann. Je höher die Dichte, desto schwieriger wird dieser Prozess. Selbst der schnellste und effizienteste Aktuator kann ins Stocken geraten, wenn die Plattendichte zu groß wird.

Um die Einschränkungen eines einzelnen Aktuators zu überwinden, haben sowohl Seagate als auch Western Digital Festplatten mit zwei Aktuatoren auf den Markt gebracht, die den einzelnen Aktuator in zwei teilen. Bei dieser Konfiguration teilen sich die beiden Aktuatoren dieselbe Achse, aber jeder Aktuator verfügt über einen eigenen Satz von Aktuator-Armen, Lese-/Schreibköpfen und einen eigenen Schwingspulenmotor. Die Aktuatoren arbeiten unabhängig voneinander, wobei jeder Aktuator die Hälfte der Aktuator-Arme der Festplatte steuert.

Aufgrund ihrer Unabhängigkeit können die beiden Aktuatoren gleichzeitig auf Daten von verschiedenen Orten zugreifen, als ob es sich um zwei separate Laufwerke handeln würde. Diese Unabhängigkeit ermöglicht es den Aktuatoren, Daten parallel zu lesen und zu schreiben, wodurch der Datenfluss zum oder vom Laufwerk erhöht wird.

Bei Laufwerken, die eine SAS-Schnittstelle verwenden, sieht das Hostsystem die Festplatte als zwei unabhängige LUNsmit gleicher Kapazität. Ein 18-TB-Laufwerk mit zwei Aktuatoren erscheint dem Hostsystem beispielsweise als zwei LUNs mit jeweils 9 TB Kapazität. Bei Laufwerken, die eine SATA-Schnittstelle verwenden, sieht das Hostsystem nur ein logisches Gerät mit 18 TB.

Warum Festplatten mit multiplen Aktuatoren interessant sind

Die Multi-Aktuator-HDD-Technologie ist vielversprechend für bestimmte künftige Arbeitslasten. Solche Workloads werden hohe Kapazitäten und Performance erfordern, aber nicht unbedingt das Leistungsniveau, das die Investition in SSDs rechtfertigt.

Im Laufe der Jahre haben Fortschritte in der HDD-Technologie dazu beigetragen, sowohl die Kapazität als auch die Leistung zu verbessern, was diesen Arten von Arbeitslasten sehr zugute kommt. Die Nachfrage nach Kapazität und Leistung hält unvermindert an – ein Trend, der sich in absehbarer Zukunft fortsetzen dürfte, insbesondere wenn die Datenmengen ungebremst wachsen. Schon jetzt stoßen die Festplatten für Unternehmen an ihre praktischen Grenzen.

Die mechanischen Komponenten einer Festplatte, insbesondere der Antrieb, können sowohl die sequentielle als auch die zufällige Leistung beeinträchtigen. Wenn die Festplattenkapazitäten weiterhin wachsen, ohne dass die Datenrate erhöht wird, kann ein einzelner Aktuator nicht mehr schnell genug auf alle Daten zugreifen, um mit der Arbeitslast Schritt zu halten, was zu Leistungseinbußen führt. Wenn die Kapazitäten weiter zunehmen, wird die Leistung noch stärker beeinträchtigt. Diese erhöhten Kapazitäten bedeuten auch, dass es unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch nimmt, ein Laufwerk im Falle eines Ausfalls wiederherzustellen.

Da sich die Branche auf 30-TB- und 40-TB-Laufwerke zubewegt, werden Hyperscale-Rechenzentren Festplatten benötigen, die die benötigten Kapazitäten ohne Leistungseinbußen bieten können. Gleichzeitig müssen die Rechenzentrenin der Lage sein, ihre Daten zu erschwinglichen Kosten pro Terabyte zu speichern, insbesondere große Speicher mit häufig abgerufenen warmen Daten. Hier kommen die Multi-Aktuator-HDDs ins Spiel. Sie bieten eine Lösung, um die IOPS beizubehalten oder sogar zu verbessern und gleichzeitig größere Kapazitäten zu erreichen.

Multi-Aktuator-HDDs sind kein Ersatz für SSDs. Sie erfüllen die Anforderungen von Hyperscale-Cloud-Anbietern und anderen Rechenzentren, die Speichersysteme benötigen, die auf die benötigten Kapazitäten skaliert werden können, ohne dass die Kosten in die Höhe schnellen. SSDs sind unschlagbar, wenn es um Leistung geht, und sie haben HDDs in mehreren Situationen verdrängt. Dennoch können HDDs jetzt und in Zukunft viele Arbeitslasten unterstützen und bieten gleichzeitig bessere Kosten pro Terabyte als SSDs.

Multi-Aktuator-HDDs könnten sich bei der Unterstützung von Workloads wie Mail-Servern, Video-StreamingContent-Delivery-Netzwerken und Hadoop-Clustern als hilfreich erweisen.

Vorteile und Herausforderungen von Multi-Aktuator-HDDs

Seagate hat 2023 die 18-TB-Festplatte Exos 2X18 vorgestellt. Die Multi-Aktuator-HDD bietet eine maximale dauerhafte Übertragungsrate von 554 MB/s mit zufälligen (random) Lese-/Schreibraten von bis zu 304 IOPS beziehungsweise 560 IOPS.

Die Unterschiede zwischen der Exos 2X18 und der Exos X18, einem 18-TB-Laufwerk mit einem Aktuator, verdeutlichen die Leistungssteigerung. X18 bietet eine maximale anhaltende Übertragungsrate von 270 MB/s – weniger als die Hälfte der von 2X18 gebotenen Performance. Die Leseraten sind ebenfalls deutlich niedriger und liegen bei nur 170 IOPS, etwas mehr als die Hälfte der 2X18. Bei zufälligen Schreibvorgängen sieht es etwas besser aus. Die zufällige Schreibgeschwindigkeit der X18 liegt bei 550 IOPS, verglichen mit den 560 IOPS der 2X18.

Multi-Aktuator-HDDs könnten sich bei der Unterstützung von Workloads wie Mail-Servern, Video-Streaming, Content-Delivery-Netzwerken und Hadoop-Clustern als hilfreich erweisen.

Western Digital hat zudem die Ultrastar DC HS760 auf den Markt gebracht, ein Laufwerk mit zwei Aktuatoren und einer Kapazität von 20 TB. Western Digital hat noch keine detaillierten Spezifikationen für sein neues Laufwerk veröffentlicht, aber der Hersteller gibt an, dass es den sequenziellen Durchsatz verdoppelt und die Zufallsleistung um das 1,7-fache erhöht, verglichen mit der 20 TB Ultrastar DC HC560 HDD.

Abbildung 1: Hier ist der Prototyp einer Festplatte mit zwei Aktuatoren zu sehen, den Western Digital bereits auf dem Open Compute Project Summit 2019 vorgestellt hat.
Abbildung 1: Hier ist der Prototyp einer Festplatte mit zwei Aktuatoren zu sehen, den Western Digital bereits auf dem Open Compute Project Summit 2019 vorgestellt hat.

Die Exos-Laufwerke mit zwei Aktuatoren bieten keine besseren Latenzraten als die Laufwerke mit einem Aktuator. 2X14 und 2X18 haben eine durchschnittliche Latenzzeit von 4,16 Millisekunden, die gleiche wie bei X18 und X20. Was die Laufwerke von Western Digital betrifft, so ist es ungewiss, wie die Latenz im Vergleich zu den Laufwerken mit einem Aktuator ausfällt, bis die Spezifikationen für die Ultrastar DC HS760 vorliegen.

Die Integration von HDDs mit mehreren Aktuatoren in das Rechenzentrum könnte mit einigen Anlaufschwierigkeiten verbunden sein. So könnte es beispielsweise erforderlich sein, die Hostsoftware zu modifizieren, um die Dateiplatzierung zwischen den beiden logischen Volumes ordnungsgemäß zu handhaben. Das LUN-Verhalten über die beiden Partitionenhinweg könnte zu Verwirrung führen, da nicht immer ersichtlich ist, welche Befehle sich auf die einzelne Partition und welche auf das Laufwerk als Ganzes auswirken.

Die Industrie braucht möglicherweise Zeit, um sich auf Festplatten mit mehreren Aktuatoren einzustellen. So sind beispielsweise einige Host-Bus-Adapter möglicherweise nicht sofort mit den aktuellen Dual-Aktuator-Laufwerken kompatibel. IT-Teams könnten Probleme mit der Anbieterbindung bekommen, da der Markt noch so klein ist, obwohl die Einführung des Western Digital-Laufwerks dazu beitragen dürfte, diesem Nachteil entgegenzuwirken.

Sowohl Seagate als auch Western Digital haben ihre Festplatten mit mehreren Aktuatoren mit relativ wenig Aufsehen eingeführt. Vielleicht haben sie diesen Ansatz gewählt, um zu sehen, wie die Technologie bei aktuellen Arbeitslasten funktioniert und um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, was der Markt wirklich benötigt und akzeptiert.

Das könnte auch der Grund dafür sein, dass Anbieter wie Toshiba noch nicht in den Wettbewerb der Multi-Aktuatoren eingestiegen sind. Auch sie wollen erst ein besseres Gefühl dafür bekommen, wie der Markt reagiert, bevor sie sich ganz auf diese neuen Festplatten konzentrieren.

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