Dell World 2019: KI und 5G essenziell für Digitalisierung
Dell Technologies hat seit der Akquisition von EMC und deren Tochtergesellschaften eine Metamorphose durchgemacht. Inzwischen zeigen sich die Früchte der Integration.
Dell Technologies gehört mit einem Umsatz von über 90 Milliarden Dollar und 157.000 Mitarbeitern zu den Schwergewichten der IT-Branche. Und während es mit den Eigentumsverhältnissen in den vergangenen Jahren hin und her ging, zeigt sich bei seinem Produktportfolio eine für die IT-Branche ungewohnte Kontinuität. So arbeitet man seit nunmehr zweieinhalb Jahren erfolgreich an der Integration der Produktfamilien von EMC und VMWare in das Dell-Portfolio.
War anfangs vielen noch nicht klar, was Michael Dell mit seinen großen Akquisitionen beabsichtigte, so zeigen sich inzwischen erste Erfolge. Das wurde auf der jüngsten Hausmesse Dell Technologies World in Las Vegas deutlich. Ob neue Data-Center- und Cloud-Lösungen, Server oder PCs – überall kommen verschiedene Komponenten aus früher getrennten Firmenangeboten in einer neuen, integrierten Form zum Einsatz.
Dells Angebotsschwerpunkt ist im Bereich der IT-Infrastruktur angesiedelt, doch Michael Dell selbst sieht sich vor allem als Visionär und Technologie-Evangelist. So ging es in seiner Keynote nicht um die Bits und Bytes, die die moderne IT-Infrastruktur bewegen, sondern um den Sinn und Zweck der neuen IT-Welt – und wie diese sich weiterentwickeln wird.
„Die Unternehmen, die die digitale Transformation nicht mit Hochdruck vorantreiben, wird es bald nicht mehr geben“, rief er gleich zu Beginn den rund 15.000 Kongressteilnehmern zu. Er ist überzeugt, dass Unternehmen zur Aufrechterhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit mehr Software, mehr Daten und mehr künstliche Intelligenz einsetzen müssen.
Probleme bei der Digitalisierung
Diese Erkenntnis ist nicht neu und viele IT- und Wirtschaftsanalysten predigen das schon geraume Zeit. Auch die meisten Unternehmenschefs sind wohl inzwischen davon überzeugt. Woran es hapert, ist die Umsetzung dieser Vorgaben. In einer Untersuchung von Dell sagten 57 Prozent der Befragten, dass die technischen Entwicklungen zu schnell verlaufen und man nicht Schritt halten kann.
„Die Unsicherheiten sind groß“, fasste Dell die Studienergebnisse zusammen. Dabei nahm er die Firmenchefs aber auch in Schutz. „Moderner Technologieeinsatz ist ein Teufelskreis, denn Daten machen Produkte und Services besser, was zu mehr Kunden und neuen Geschäftsprozessen führt – das wiederum generiert mehr Daten, und so schließt sich der Kreis“, lautet seine Kurzanalyse.
Diese Aussage konnte er mit ein paar Daten untermauern. So wird bereits im nächsten Jahr eine durchschnittliche Stadt täglich rund 200 Petabyte an neuen Daten generieren, wobei 99 Prozent dieser Daten nicht von Personen, sondern von IoT-Geräten produziert werden.
„Die immensen Datenberge, die an der Edge anfallen, können nur noch mit leistungsstarker künstlicher Intelligenz (KI), inklusive Machine und Deep Learning, analysiert und genutzt werden“, sagt Dell weiter.
Hunderte eigene KI-Projekte
„Ich sehe eine explosionsartige Ausbreitung von KI. Auch innerhalb unserer Firma haben wir bereits hunderte an KI-bezogenen Projekten im Einsatz“, sagte Dell nach der Keynote in einer Pressekonferenz. Folglich erteilte er KI-Kritikern wie Elon Musk und Bill Gates eine Absage. „KI mit all seinen Facetten und immensen Möglichkeiten wird eine bessere und lebenswerte Welt schaffen. Wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, um dieses Ziel so bald wie möglich zu erreichen.“
Diese Forderung stellte er aber nicht nur an Technologieexperten, sondern auch an die Politik. Hier erhofft er sich vor allem einen schnelleren Ausbau des Technologiestandards 5G. „5G wird viele neue Geschäftsmodelle generieren, die wir uns heute noch nicht vorstellen können“, lautete seine Prognose. In einer späteren Podiumsdiskussion zu diesem Thema sagte Bryan Jones, Dells Vice President für IoT-Lösungen, dass „mindestens 75 Prozent der zukünftigen 5G Use Cases heute noch nicht mal als Idee vorhanden sind.“
Kein Bezug zum eigenen Produktportfolio
Die Ausführungen sind insofern interessant, da Dell selbst auf diesen Gebieten nichts anzubieten hat. Die digitale Transformation ist in erster Linie ein Softwarebereich, zum Beispiel bei Robotic Process Automation (RPA) oder Fraud Detection. Auch bei 5G ist Dell selbst nicht direkt beteiligt, weder bei Infrastruktur noch bei Geräten. Das bestätigen auch Manager von Dell.
„CEOs denken bei Digitalisierung natürlich zuerst an mehr Kundennähe, an moderne Analytics und neue Geschäftsmodelle – alles Dinge, die wir nicht im Portfolio haben. Moderne IT-Anwendungen sind aber nur dann möglich, wenn auch die Infrastruktur State of the Art ist“, sagte Tom Sweet, CFO bei Dell.
Neue Data-Center-Technologien
Was er damit meinte, zeigte sich an den Neuheiten, die in Las Vegas vorgestellt wurden. Allen voran das neue Cloud-Konzept, welches eine Art Hyper-Hyper-Converged Infrastructure darstellt. Hierin sind nicht nur die On-Premises Systemkomponenten aufeinander abgestimmt, sondern mittels der ebenfalls neu geschaffenen Systemmanagementoberfläche Dell Technologies Cloud lassen sich auch mehrere Cloud-Anbindungen nahtlos integrieren.
„Wir haben das Software-defined Data Center um die Cloud erweitert“, sagte VMware CEO Pat Gelsinger in seiner Keynote über das neue Konzept. Im Gegensatz zu den bisherigen Private-Cloud-Systemen bietet Dell nicht nur eine vereinfachte Bereitstellungsform für IT-Leistungen an, sondern auch viele Vorzüge, die man bislang nur von Cloud-Providern kennt.
Dazu gehört an erster Stelle eine verbrauchsabhängige Abrechnung. Dell berechnet nicht die einzelnen Server und Storage Units, die es installiert, sondern nur die genutzten Leistungen. Zum Angebot gehören auch die komplette Systemadministration, automatische Upgrades, Security-Maßnahmen und garantierte Verfügbarkeiten.
Anbindungen an AWS und Azure
Was die kompatiblen Cloud-Plattformen angeht, so funktioniert das neue Dell-Angebot aber nur, wenn der komplette VMware Cloud Stack verfügbar ist. Das ist derzeit bei Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azure der Fall.
Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit Microsoft. So kündigten Michael Dell und Microsoft CEO Satya Nadella eine umfangreiche Kooperation an, bei der Dell im Rahmen seiner neuen On-Premises Cloud auch die Azure-Leistungen integriert anbietet. Im Gegenzug will Microsoft das Dell-Angebot als integralen Bestanteil seiner Azure-Umgebung vermarkten.
Das beutet, dass Microsoft der Azure-Plattform die Option einer kompletten In-House Infrastruktur hinzufügt, die es dem Anwender erlaubt, Anwendungen nahtlos zu verschieben, wobei alles nutzungsabhängig abgerechnet wird.
„Die Kunden fordern schon länger eine nahtlose Verbindung von Private und Public Cloud“, sagte Nadella über den Hintergrund dieser Kooperation.