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Campus Edge Switches: Markt und Anbieterumfeld ändern sich
Der Switching-Markt für Edge-Geräte bietet eine breite Palette von Produkten mit Multigigabit-Port-Geschwindigkeiten. Bei so viel Auswahl fällt die Orientierung oft schwer.
Der Campus-LAN-Markt für Edge Switches ist hochdynamisch. Die Open-Networking-Bewegung konkurriert mit traditionellem Switching um Marktanteile. Auch die Anbieterlandschaft hat sich verändert. Es ist nicht nur zu einer Konsolidierung gekommen, die Unternehmen setzen auch andere Schwerpunkte. Entwicklungen bei drahtlosen Hochgeschwindigkeitsnetzwerken ändern ebenfalls das Gesicht von Campus Edge Switching und legen die Grenze zwischen drahtgebundenem Netzwerk und WLAN neu fest.
Es gibt eine Vielzahl von Campus Edge Switches. Allerdings herrscht unter den Switch-Anbietern kein Konsens was die neuen Entwicklungen angeht. Einige Anbieter glauben, dass Open Networking die wichtigste Entwicklung auf dem aktuellen Markt ist. Andere wiederum sind der Meinung, Virtual Extensible LAN (VXLAN) sei die bedeutendste neue Technologie beim Campus Switching. Welche Anbieter haben recht? Die Antwort hängt größtenteils von jeder einzelnen IT-Umgebung und deren Anforderungen ab.
Im Folgenden untersuchen wir die Funktionen und Optionen, die bei traditionellem und Open Networking zur Verfügung stehen.
So hat sich traditionelles, proprietäres Switching entwickelt
Der LAN-Switching-Markt besteht mittlerweile seit mehr als 20 Jahren. Von Anfang an waren proprietäre Produkte der Standard. Wer einen Switch von Cisco Systems, Hewlett Packard Enterprise (HPE) oder D-Link kaufte, bekam immer ein Gerät, das die Hardware genau dieses Anbieters enthielt, auf der ausschließlich dessen Switch-Software lief. Es gab keine Alternative. Doch seitdem hat sich eine Menge geändert.
Noch vor einigen Jahren bestand Switching-Hardware aus anwendungsspezifischen ASICs (Application-Specific Integrated Circuits), die jeder Anbieter individuell angepasst fertigte. Diese integrierten Schaltungen waren teuer und für die Außenwelt nicht dokumentiert. Aber der Markt hat sich verändert, da Anbieter wie Broadcom, Marvell und Mellanox Technologies leistungsstarkes Merchant Silicon beziehungsweise Switching-Chips produzieren und verkaufen. Auf diese Weise können andere Firmen darauf zurückgreifen und müssen keine eigenen Lösungen entwickeln. Aufgrund von Skaleneffekten ist die Verwendung von Merchant Silicon für Switch-Anbieter äußerst attraktiv. Alle diese Faktoren haben zu Entstehung und Wachstum von Open Networking geführt.
Open Networking
Open Networking stellt Disaggregation in den Mittelpunkt, also die Trennung der zugrunde liegenden Switching-Hardware von der Switching-Software. Bei Open Networking wählt der Kunde die Software von einem OS-Anbieter und die Hardware, auf der das OS ausgeführt werden kann, von einem Gerätehersteller.
Heute gibt es mehrere Anbieter für Netzwerkbetriebssysteme, unter anderem Pluribus Networks, Pica8 und Cumulus Networks. Selbst Halbleiterproduzent Broadcom bietet ein generisches Netzwerkbetriebssystem an. Es gibt zudem Software, die vom Open-Source-Projekt OpenSwitch (OPX) der Linux Foundation entwickelt wird.
Zusätzlich ist das von Facebook mitgegründete Open Compute Project an der Entwicklung von Switching-Software beteiligt. Aufgrund der Aktivitäten sowohl von kommerzieller Seite als auch von der Open-Source-Gemeinde könnte es sich durchaus lohnen, Open Networking in Betracht zu ziehen.
So hat sich die Anbieterlandschaft verändert
Die Networking-Branche hat eine fortwährende Konsolidierung bei den Anbietern erlebt, und der Switching-Markt bildet keine Ausnahme. Aruba Networks und 3Com gehören nun zu HPE. Force10 ist ein Teil von Dell, das natürlich mit EMC fusionierte. Extreme Networks kaufte nicht nur Enterasys, sondern übernahm auch das Switch-Portfolio von Nortel, zuvor im Besitz von Avaya. Und Ruckus Networks, ein Anbieter von Enterprise-WLAN-Produkten, gehört jetzt zu Arris Networks, das außerdem die Switch-Produktlinie von Brocade Communications Systems übernahm, als Broadcom, nach dem Aufkauf von Brocade, sich von diesem Teil des Geschäfts trennte.
Legacy-Anbieter, etwa Juniper Networks und Arista Networks, haben ihre Aufmerksamkeit auf Enterprise- und Campus-Netzwerke gerichtet, während sie versuchen, ihre traditionelle Basis von Service-Provider- und Hyperscale-Rechenzentren zu ergänzen. Unterdessen steuern Anbieter wie D-Link und Netgear einen anderen Kurs, indem sie Unternehmen genauso umwerben wie ihre angestammten Segmente, die sich aus KMUs und Endverbrauchern zusammensetzen.
D-Link bietet zum Beispiel Switches mit 10 GbE (Gigabit Ethernet), die den Durchsatz und die Port-Dichte liefern, die bei Campus-Edge-Installationen erforderlich sind. Switch-Hardware von D-Link kann auch genutzt werden, um darauf Open-Networking-Betriebssysteme von Unternehmen wie Pluribus Networks laufen zu lassen.
Da viele Anbieter sich auf den Enterprise-Bereich konzentrieren, stehen eine Vielzahl von Unternehmen und Produkten zur Auswahl – etwas, das es auf einem ausgereiften Markt im Allgemeinen so nicht gibt.
Der Markt für Campus Edge Switches und Überlegungen zum Deployment
Zukünftige Artikel werden sich näher mit den Funktionen beschäftigen, die Organisationen berücksichtigen sollten, bevor sie Campus Edge Switches kaufen. In diesem Beitrag erläutern wir einige der Entwicklungen, die Deployments von Edge Switches beeinflussen.
WLAN. Jahrelang lag der maximale Durchsatz eines Access Points (AP) deutlich unter 1 GBit/s. Infolgedessen gab es keine Performance-Einbußen, wenn man einen AP an einen Switch Port mit 1 GBit/s anschloss. Das Aufkommen von Wi-Fi 5 (802.11ac) im Jahr 2013 änderte diese Gleichung dramatisch, denn nun waren Geschwindigkeiten von bis zu 3,4 GBit/s möglich. Wi-Fi 6 – auch als 802.11ax bekannt – erhöht das Tempo noch einmal und erlaubt mehr als 10 GBit/s. Dies bedeutet, dass inzwischen PoE-Switch-Ports (Power over Ethernet) mit einem Gigabit (GbE) den Flaschenhals darstellen.
Die Industrie reagierte mit einer Fülle von Produkten, die sich durch Port-Geschwindigkeiten im Multigigabit-Bereich auszeichnen. Es stehen mehr Optionen für Port-Geschwindigkeiten als je zuvor zur Auswahl: Links mit 1, 2,5, 5, 10, 25, 40, 100 und sogar 200 GbE. Viele davon werden mithilfe von Breakout-Kabeln (vorkonfektionierte Glasfaserkabel) erreicht und erfordern keine dedizierten Ports mit einer bestimmten Geschwindigkeit.
Die Verbreitung von Serververbindungen mit 10 GbE hat ebenfalls zu einer Überzeichnung auf Switch-Ebene geführt, was die höheren Uplink-Geschwindigkeiten forciert hat. Viele Edge Switches verfügen vielleicht über einen oder zwei 10-GbE-Ports, die als Uplinks zur nächsten Netzwerkebene fungieren. Ein Switch mit beispielsweise zwei 10-GbE-Ports kann dementsprechend 20 Verbindungen mit einem GbE unterstützen, bevor er überzeichnet ist, also keine Uplink-Bandbreite mehr besitzt. Kommen nun aber ein oder zwei Server-Ports mit je 10 GbE hinzu, dann überzeichnen diese Ports alleine bereits die Uplink-Bandbreite.
PoE. Wenn Access Points leistungsstärker werden, benötigen sie mehr Energie. Diese wird, natürlich, vom Switch über PoE bereitgestellt. Auch hier gilt: Je nach den PoE-Fähigkeiten, die ein Switch bietet, kann die AP-Auswahl eingeschränkt sein.
APs sind häufig an der Decke angebracht, um eine optimale Abdeckung zu gewährleisten. Doch da keine Steckdosen zur Verfügung stehen, sind die Access Points auf den Strom angewiesen, der über die Switch-Kabelverbindung geliefert wird. Eine separate Stromversorgung von APs direkt über Wandanschlüsse ist, im besten Fall, unpraktisch. IoT und Anwendungen, die zusätzliche Energie benötigen, zum Beispiel Kameras mit Neige-, Schwenk- und Zoomfunktion, sind ein weiterer Aspekt. In diesen Installationen müssen Edge Switches in der Lage sein, die aktuellste PoE-Spezifikation (4PPoE) zu unterstützen, bei der alle vier Leitungspaare für die Stromübertragung genutzt werden.
Vereinfachung und Automatisierung. Hierbei handelt es sich um Haupttreiber, insbesondere wenn Switch- und Konfigurationsanforderungen stark zunehmen. Es herrscht ein Trend in Richtung Zero Touch Provisioning, selbstheilende Netzwerke und sogar selbsterneuernde Netzwerke, in denen andere Switches eine frisch ausgetauschte Komponente automatisch konfigurieren können. Unterstützt wird diese Entwicklung durch den Einsatz von Open-Source-Tools, etwa Ansible, die eine große Palette von agentenlosen Werkzeugen zur IT-Automatisierung bereitstellen.
Der Folgeartikel beschäftigt sich näher mit Switch-Funktionen.
Hinweis der Redaktion: Die TechTarget-Redakteure haben sich mittels intensiver Recherche über den Markt für Campus Edge Switches in dieser Artikelreihe auf die führenden Anbieter von Switching-Ausrüstung für den Enterprise-Bereich konzentriert. Die vorgestellten Lösungen unterstützen Funktionen wie Multi-Rate-Gigabit-Durchsatz, erweitertes PoE sowie automatisierte Bereitstellung und Konfiguration und werden genutzt, um Unternehmensnetzwerke mit Third-Party-Netzwerken zu verbinden. Unsere Recherche enthält Daten von TechTarget-Studien und Berichten von anderen renommierten Marktforschungsinstituten, unter anderem Gartner.