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Broadcom übernimmt CA Technologies: Was dahinter steckt
CA Technologies wird bald vom Markt verschwinden. Chip-Gigant Broadcom akquiriert es, und alle rätseln: Wie passt das zusammen und wie geht es nun weiter?
Computer Associates war einst der Wilderer in der IT-Branche. Kein Unternehmen war vor den Übernahmeangeboten des ehemaligen CEOs Charles Wang und Sanjay Kumar sicher. Durch die pausenlosen Akquisitionen entstand ein Wildwuchs an Produkten, die das Ziel hatten, die Lizenz- und Maintenance-Einnahmen zu steigern.
Nach Finanzskandalen, einer Strafe von 500 Millionen Dollar und massiven Management-Problemen kam schließlich der Neustart. Der mit erheblichen Altlasten behaftete Firmenname wurde auf CA und später auf CA Technologies geändert. Bei den Produkten besann man sich wieder auf die Wurzeln: umfassende Security-Software sowie Beratung im Mainframe-Umfeld. Vor allem der aktuelle CEO Michael Gregoire hat seit seinem Jobantritt im Jahr 2013 das Unternehmen in ruhigeres Fahrwasser gesteuert.
Doch jetzt ist das Unternehmen wieder in eine spektakuläre Akquisition verwickelt – wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. Dieses Mal ist nicht CA der Käufer, sondern man ist selbst Opfer einer Übernahme. Für knapp 19 Milliarden Dollar in bar will Chip-Riese Broadcom das Softwareunternehmen CA Technologies übernehmen. Der Deal soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
„Da passt nichts zusammen“
Nach der Bekanntgabe des Deals am 11. Juli haben sich Analysten und Marktbeobachter den Kopf darüber zerbrochen, was der Sinn einer solchen Fusion ist. Synergien gibt es weder bei Produkten, Märkten noch bei den Technologien.
„Da passt überhaupt nichts zusammen, da hat keiner der beiden auch nur die geringste Ahnung, wie das Geschäft des anderen funktioniert“, sagt Nomura-Analyst Romit Shah. Er zeigt sich vor allem vom Broadcom-Management enttäuscht. „Sie haben immer gesagt, dass sie nur organisch wachsen wollen – oder höchstens Akquisitionen tätigen, die sich nahtlos in die bestehenden Prozesse oder Märkte einfügen.“
Auch bei den Aktionären könnte der Deal auf Widerstand stoßen. Soeben hat der US-Aktionärsverein Shareholder Foundation gemeldet, dass ein CA-Aktionär Klage gegen diese Akquisition eingereicht hat. Danach sollen die beiden Unternehmen die Akquisition nicht ordnungsgemäß ausgeführt haben. Außerdem sei der Kaufpreis zu niedrig. Ob die Klage zugelassen wird, ist noch unklar, die Großaktionäre haben jedoch schon öffentlich erklärt, dass sie mit dem Deal einverstanden sind.
Mehr Dividende statt R&D?
Broadcom verfolgt bei dieser Akquisition vermutlich andere Ziele als die Nutzung von Synergien. Der ganze Deal erinnert an die Methoden von Computer Associates. Das heißt, Akquisitionen werden auf Basis von Finanzzahlen getätigt. Nach dem Erwerb treibt man die Lizenz- und Maintenance-Erlöse nach oben, reduziert die Kosten – vor allem bei Forschung und Entwicklung – und freut sich über steigende Dividenden.
Auf eine solche Entwicklung deuten auch die Aktivitäten vieler Investmentbanken, die nach Bekanntwerden der Akquisition ihre CA-Anteile teilweise kräftig aufgestockt haben. Dazu gehören unter anderen die Kantonalbank Zürich, Alabama Retirement, Amalgamated Bank, Churchill Management und Conning Inc.
Hinzu kommt, dass Anfang August Mike Gregoire zusätzlich zu seiner Position als CEO auch zum Chairman ernannt wurde. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, doch in der entsprechenden Presseerklärung heißt es unter anderem: „Mike war stets dem Shareholder Value verpflichtet und ist damit unschätzbar wertvoll für das Board of Directors.“
Mit anderen Worten: Der Shareholder Value und die Dividende haben für ihn oberste Priorität. Auch einige Analysten sehen diesen Punkt als den Hauptgrund für die Akquisition. „Broadcom geht es nur um die profitablen und kontinuierlichen Lizenzerlöse, das ist für sie beruhigend, denn im Chip-Markt geht es wesentlich wechselhafter zu“, schreibt Amit Daryanani, Analyst bei RBC Capital Markets in einem Kundenbrief.
Solides Mainframe-Geschäft
CA steht inzwischen auf stabilen Füßen, was insbesondere am steigenden Absatz von Mainframes von IBM liegt. „Vor allem mit ihrem neuen ‚Trusted Access Manager‘ für IBMs Z-Serie sind sie erfolgreich“, heißt es in einer Research Note von Zacks Investment. Doch gerade die enge Bindung an das Mainframe-Geschäft wird von vielen Analysten kritisch gesehen.
„Zu einer Zeit, in der alles in die Cloud wandert, setzt Broadcom auf altmodische Legacy-Software, das ist völlig unverständlich“, sagt Bloomberg-Analyst Anand Srinivasan. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn CA baut im dynamischen Cloud Computing seit drei Jahren erfolgreich ein neues Geschäftsfeld auf. Das umfasst zwar keine Infrastrukturen, so wie es bei AWS oder Azure der Fall ist, stattdessen fokussiert man sich aber auf Softwareentwicklung für Cloud-Applikationen, was ein rasant ansteigender Markt ist. Basis dafür sind die CA-Übernahmen von Rally Software, Automic und Veracode. Allerdings ist dieser Bereich im Vergleich zum Mainframe-Geschäft noch nicht profitabel.
Broadcom CEO euphorisch
Hock Tan, CEO von Broadcom, hat über den Deal naturgemäß eine andere Meinung: „Alle Firmen, deren Produkte komplex sind und deren Kunden mittlere oder größere Unternehmen sind, haben die gleichen Charakteristika und lassen somit gut fusionieren.“
Bolaji OjoAspencore Group.
Das deutet daraufhin, dass es noch mehr solcher Deals geben wird. Einige Analysten sind der gleichen Ansicht. „Für Broadcom geht es überhaupt nicht um eine Ergänzung des Halbleitergeschäftes, da gehören sie bereits zur Spitze. Es geht vielmehr um die Umsetzung einer neuen Unternehmensstrategie, mit der sich Broadcom zu einem universellen IT-Giganten entwickeln will. Wir werden noch einen Tsunami an Broadcom-Akquisitionen erleben“, lautet die Prognose von Bolaji Ojo, Investment-Analyst bei der Aspencore Group.
Diese Einschätzung passt auch zur offiziellen Erklärung der Akquisition, in der es unter anderem heißt, dass man „ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich IT-Infrastruktur-Technologien schaffen will“. Das aber erinnert sehr an die misslungene Fusion von Symantec und Veritas im Jahr 2005. Damals hieß es, dass man „ein Komplettangebot für die gesamte IT-Infrastruktur“ schaffen möchte. Doch das Konzept ging nicht auf und nach neun Jahren ging man wieder getrennte Wege.
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