alunablue - stock.adobe.com
Bei der Einführung von SAP Leonardo müssen alle mitwirken
Der Verpackungshersteller Pregis hat SAP Leonardo implementiert, um sicherzustellen, dass seine Maschinen effektiv laufen. Der Weg dorthin war allerdings steinig.
Um die Maschinen rund um die Uhr am Laufen zu halten, wandte sich der US-Verpackungshersteller Pregis an SAP. Das Ziel: Leonardo sollte das Equipment rund um die Uhr digital überwachen und analysieren.
Leonardo bietet eine granulare Überwachung und Kontrolle von IoT-Sensoren. Die Technologie wurde entsprechend an die Bedürfnisse von Pregis angepasst, doch nicht bevor das Unternehmen die richtige Hardware ausgewählt und den Rechnungs- und Verkaufsprozess angepasst hatte.
Pregis stellt nicht nur Verpackungsprodukte her. Das Unternehmen stellt seinen Kunden auch vor Ort Maschinen zur Verfügung, die die Bestellungen der Kunden verpacken. SAP Leonardo ist aus Sicht der Unternehmensleitung die geeignete Lösung, um zu gewährleisten, dass die bereitgestellten Maschinen jederzeit laufen.
„Die IoT-Plattform SAP Leonardo hilft Pregis dabei, Ausfallzeiten von Maschinen zu vermeiden, was zu einer höheren Kundenzufriedenheit führt“, sagt Jeff Mueller, Vice President und CIO von Pregis. „Wir verdienen nur Geld, wenn die Maschinen laufen. Also wollen wir natürlich, dass sie rund um die Uhr arbeiten – und wir nicht lange auf einen Außendiensttechniker warten müssen.“
Um dieses Ziel zu erreichen, muss Pregis sicherstellen, dass von den Maschinen die richtigen Daten rechtzeitig erfasst werden. Nur so lassen sich optimale Entscheidungen treffen.
„Heute sind wir zwar immer noch reaktiv, aber wir bewegen uns in Richtung Prävention“, erläutert Mueller. „Im nächsten Schritt werden wir nach Trends in den Daten suchen, um proaktiv agieren zu können. Wir hatten schon längere Zeit Unmengen von Daten, aber wir haben damit nichts gemacht. Und wir hatten auch nicht die richtige Art von Daten gesammelt. Und schließlich: Die Daten, die wir gesammelt hatten, standen nicht rechtzeitig bereit. Mit einem Wort: Wir waren zwar reich an Daten – aber arm, was gute Entscheidungen betraf.“
Pregis implementierte außerdem SAP Connected Goods – ein Cloud-basiertes IoT-Produkt, das SAP Analytics Cloud und SAP Leonardo Edge Services unterstützt. SAP Connected Goods ist eine Softwarelösung, die die Möglichkeiten von SAP Leonardo IoT Edge erweitert. Es hilft, Maschinen mit Sensonren zu managen, die das Unternehmen in den Distributionszentren seiner Kunden unterhält.
Ausgestattet mit Tablets und speziellen Sensoren können diese Maschinen Daten sammeln und übertragen. Mit diesen kann Pregis die Tools ununterbrochen am Laufen halten, den Außendienst automatisieren und sicherstellen, dass der Bestand des Unternehmens rechtzeitig aufgefüllt wird.
Die Technologien versorgen die Kunden auch mit Rohstoffen, die sie für die Herstellung der Verpackungen benötigen. Und sie ermöglichen es Technikern, mechanische Probleme zu lösen, bevor sie zu kritischen Problemen werden, wie eine Fallstudie zeigt.
Pregis hat im November und Dezember 2017 einen Proof of Concept für Microsoft Azure und im Januar und Februar 2018 einen Pilotversuch mit Leonardo gemacht. „Wir haben ein schnelles, sechswöchiges Setup ausgeführt, was einer Verlagerung auf die Leonardo-Plattform gleichkommt“, sagt Mueller.
Die ersten Kunden unterschrieben im November 2018. „Im Moment ist die Anzahl der Kunden noch gering“, sagt Mueller. „Aber im zweiten Quartal 2019 werden wir bis zu 500 Kunden haben. Bis Ende des Jahres 2019 rechnen wir mit fast 2.000 Systemen.“
Einführung von SAP Leonardo meistern
Bei der Einführung von SAP Leonardo stieß Pregis allerdings auch auf Herausforderungen – und zwar an drei Fronten: Bei der Technologie, bei den Prozessen und vor allem bei Menschen. Der Pilot und das Setup waren aus technologischer Sicht ziemlich unkompliziert. Die Probleme entstanden an anderer Stelle.
„Unser Unternehmen ist eher SAP-zentriert“, erklärt Mueller. „Wir sind zu Leonardo und SAP aufgrund der Integration gewechselt, und um enger und effizienter mit unserer SAP Backoffice- und unserer CRM-Umgebung verknüpft zu werden. Aber da wir Early Adopter waren, mussten wir einige Herausforderungen stemmen.“
Zunächst war es laut Mueller schwierig, die richtige Hardware auszuwählen und diese mit der Hardware für Edge Services zu verbinden. „Wir haben Edge-Hardware bei einigen Distributoren und wir haben Edge Services. Und wir haben dafür eine Wi-Fi-Verbindung“, sagt Mueller. „Wir mussten die technischen Aspekte von vier verschiedenen Arten von Verbindungen verstehen, anstatt sie einfach einzuschalten und es funktioniert. Das erzeugt Probleme. Aber jetzt funktioniert es.“
Eine weitere technische Herausforderung waren die Legacy-Systeme von Pregis. „Viele unserer älteren Maschinen sind mit Low-End Tablets ausgestattet – und es war ältere Technologie auf unseren Maschinen“, sagt der CIO. „Um Leonardo und die Plattform nutzen zu können, mussten wir die Tablets und die unterschiedliche Hardware auf diesen Systemen aktualisieren.“
Aus prozessualer Sicht ging Pregis an sein Projekt mit dem Ziel heran, sein Umsatzmodell zu ändern und den Kunden monatliche Gebühren für seine Dienstleistungen in Rechnung zu stellen. Damit möchte Pregis den Trend von servicebasierten Modellen auf Abobasis auskosten.
„Wir wollten das mit unseren Kunden am Frontend durcharbeiten“, erläutert Mueller. „Das hat am Anfang leider nicht geklappt. Wir konnten unser Verkaufsteam nicht von dem technischen Wandel überzeugen und es nicht dazu bringen, seine Verkaufsstrategie zu ändern.“
Kommunikation ist der Schlüssel
Die Lektion, die Pregis aus diesen Vorfällen gelernt hat, war, dass es enger mit seinen Kunden hätte zusammenarbeiten sollen, um die Änderung der Verkaufsstrategie und Preise ins rechte Licht zu rücken.
„Dann hätten wir unseren Abrechnungs- und unseren Verkaufsprozess modifiziert und es als Verkaufs-Tool am Frontend nutzen können – was wir heute auch machen“, sagt er. „Aber wir sind auch schon seit sechs Monaten im kommerziellen Betrieb.“
Die größte Lektion, die Mueller und sein Team gelernt haben, war, dass die Business-Seite des Unternehmens von Anfang an in das Projekt hätte eingebunden werden sollen. Leider begann die Transformation zunächst ausschließlich als IT- und technisch geprägtes Projekt, so Mueller. Das Blatt wendete sich erst, als das Business-Team an einer Sitzung mit SAP teilnahm, um die Ziele des Projekts besser zu verstehen.
„Wir haben die Technologie verstanden“, sagt er. „Aber wir haben alle anderen außen vorgelassen und sie nicht mitgenommen. Aus menschlicher Sicht mussten wir unser Business-Team erst dazu bringen, die Technologie wirklich anzunehmen und sie aktiv unterstützten, anstatt aus IT-Sicht einfach zu sagen: Hey, das ist coole Technologie.“
In vielen Fällen ist die Implementierung von SAP Leonardo auch deshalb eine Herausforderung, weil die SAP-Lösung für Unternehmen eine große Veränderung darstellt, sagt Eric Kimberling, CEO und Gründer der Third Stage Consulting Group.
„Wenn zum Beispiel ein Unternehmen in den letzten 20 Jahren die Nachfrage mit immer derselben Tabellenkalkulation vorhergesagt und prognostiziert hat, ist es eine ziemlich drastische Umwälzung, wenn es sieht, wie KI oder Machine Learning die Geschäftsprozesse verbessern können“, sagt Kimberling.
Aus technischer Perspektive ist die Umwälzung nicht unbedingt gravierend, denn obwohl sich die Technologie weiterentwickelt, ist sie stabiler als die menschliche und die Prozessseite. „Wenn wir zum Beispiel über maschinelles Lernen und KI bei Nachfrageprognosen sprechen, dann funktioniert die Technologie praktisch immer“, erläutert der Analyst.
Die Schwierigkeit für Unternehmen besteht darin, herauszufinden, wie man die Geschäftsprozesse und die Mitarbeiter auf die neue Technologie abstimmen kann. „Veränderungen sind für Unternehmen immer schwer. Das gilt besonders für Leonardo-Technologien – denn damit sind einfach so viele Veränderung verbunden“, sagt Kimberling.
Andere Unternehmen, andere Herausforderungen
Die Proximus Group war bei der Leonardo-Einführung mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert. Dem internationalen Telekommunikationsunternehmen mit Sitz in Brüssel fehlte der Einblick in die Logistik seiner Kupfer- und Glasfaserrollen, mit denen es seine Netzinfrastruktur aufbaute und modernisierte.
Jeff MuellerPregis
Nachdem die Rollen an mehr als 7.000 Standorte von Auftragnehmern und Subunternehmern geliefert worden waren, mangelte es der Logistikabteilung an genauen Informationen über den Standort der Rollen und den Verbrauch der Kabel, so Hans Schurmans, Direktor für Logistik und Verarbeitung bei Proximus. Darüber hinaus gaben die Auftragnehmer die Rollen oft verspätet zurück - was höhere Lagerkosten, Bußgelder und mögliche Projektverzögerungen zur Folge hatte.
Um diese Probleme zu lösen, arbeitete Proximus mit SAP sowie dem Implementierungspartner Ordina zusammen. Sie entwickelten mit dem Proximus IoT-Netzwerk eine sensorbasierte Smart-Applikation, um die Kabeltrommeln effizient vom Lager zu den Montageorten zu verfolgen.
„Die IoT-Technologie SAP Leonardo ist ein zentraler Bestandteil dieser Anwendung. Sie ist in die Backend-Systeme von Proximus integriert und gibt dem Unternehmen einen Einblick in seinen dezentralen Bestand“, sagt Schurmans. Das Projekt, das Anfang 2018 startete, ging in der zweiten Jahreshälfte 2018 in Betrieb.
Der Implementierungsprozess begann mit Workshops, die von Ordina veranstaltet wurden. An den Workshops nahmen verschiedene Interessensvertreter teil – darunter auch Vertreter des Business- und der Netzwerk-Abteilung. „Das Netzwerkteam beteiligte sich deshalb, weil sie diejenigen sind, die die Kabel im Netzwerk verwenden“, erklärt Bart Karel Degroote, IT-Service- und Applikationsmanager bei Proximus.
„Nicht ein Manager irgendwo an einem Schreibtisch erfand die Idee – die Grundidee kam aus der Praxis“, sagt Schurmans. „So hat von Anfang an der Benutzer profitiert. Das macht das Change Management einfacher.“
Da die Idee für die Anwendung aus der Praxis kam, war die Benutzerakzeptanz kein Problem. Allerdings gab es Probleme mit der Technologie.
„Es gab Herausforderungen, da dies eine ganz neue Technologie ist“, sagt Degroote. „Leonardo ist eine Art Suite, die verschiedene Technologien, verschiedene Module und verschiedene Möglichkeiten der Implementierung bietet. Das Problem: Wir mussten die richtigen Entscheidungen treffen, welche Lösungen wir wie umsetzen. Das war nicht ganz einfach. Also haben wir alles Mögliche ausprobiert und die SAP HANA-Datenbank für die Backend-Daten ausgewählt.“
Bezüglich der Integration sind einige der Plug-ins laut Degroote bereits verfügbar. Andere Plug-ins muss das Unternehmen jedoch mit Hilfe des Produktentwicklungsteams von SAP abstimmen, damit sie funktionieren.