BICS, MDX und Universen: Wo die SAP-BW-Integration mit BusinessObjects hakt
Die Reporting-Möglichkeiten des SAP Business Warehouse lassen sich durch die Integration mit SAP BusinessObjects erweitern, doch es gibt Hindernisse.
Seit der Übernahme von BusinessObjects (BO) unterstützt SAP sowohl die BO-Plattform für Business Intelligence (BI) wie auch das eigene Produkt SAP Business Warehouse (SAP BW). Beide BI-Plattformen überlappen und ergänzen sich dabei auf unterschiedliche Weise. Wegen der Ähnlichkeit beider Softwareprodukte und jahrelangen Bemühungen, die SAP betreibt, um die Plattformen zu verknüpfen, sollte man davon ausgehen, dass der Zugriff auf SAP-BW-Daten über die SAP BusinessObjects BI-Suite unkompliziert funktioniert. Allerdings ist das bis heute nicht der Fall.
Die BI-Suite von SAP BusinessObjects enthält eine Reihe von Werkzeugen für das Reporting sowie zur Verknüpfung und Visualisierung von Daten aus verschiedenen Quellsystemen. Die Plattform stellt darüber hinaus IT-Tools für transaktionales und analytisches Reporting, Dashboards und Datenexploration, die Entwicklung semantischer Datenmodelle auf Quelldaten sowie den mobilen Zugriff auf Analyseberichte zur Verfügung.
Beim SAP BW handelt es sich um eine BI-Lösung für unternehmensweites Data Warehousing, die Werkzeuge für Extraktion, Modellierung und Vereinheitlichung von Datensätzen bereitstellt. Das Business Warehouse stellt für diese Zwecke über die Suite SAP Business Explorer (SAP BEx) eigene Reporting-Tools zur Verfügung. Allerdings konzentriert sich SAP bei der Weiterentwicklung seiner Reporting-Strategie seit der Übernahme ganz auf die BI-Frontend-Werkzeuge aus BusinessObjects.
Bei den älteren Versionen der beiden BI-Plattformen, zum Beispiel BusinessObjects 3.1 und SAP BW 7.0, benötigte man für den Zugriff auf BW-Daten aus BusinessObjects heraus noch ein eigenes Add-On und musste unterschiedliche BW-Schnittstellen nutzen. Das hatte zur Folge, dass ein Endanwender, der Daten in BusinessObjects modellierte, darauf zu achten hatte, welches BO-Werkzeug und welche SAP-BW-Schnittstelle er nutzt. Zum Beispiel konnte es vorkommen, dass ein Xcelsius-Dashboard (mittlerweile SAP Crystal Dashboard Design) und ein SAP-Web-Intelligence-Report, die auf demselben BW-Datensatz erstellt waren, unterschiedliche Leistungsmerkmale und Kennzahlen darstellten, denn die Frontend-Tools nutzten nicht die gleiche Schnittstelle.
Diese Schnittstellen sind aber im Hinblick auf die Performance wie auch die Funktionalität wichtig. Mithilfe der Datenbanksprache Multidimensional expressions (MDX) lassen sich Analyseanfragen auf multidimensionale OLAP-Datenbanken ausführen. MDX auf SAP BW läuft zwar nicht sonderlich schnell, eignet sich aber gut für Abfragen, bei denen nur kleine Datenmengen zurückgegeben werden.
Die MDX-Performance verlangsamt sich jedoch deutlich, wenn im Rahmen einer Abfrage eine große Datenmenge zurückgegeben wird. Zum Teil lässt sich die Anfrage gar nicht ausführen. Genau auf solche umfangreichen Datensätze greifen aber die BusinessObjects-Universen und -Anwendungen bei analytischen Berechnungen zu. Diese bilden in BO technisch gesehen einen zentralen semantischer Layer, der die Geschäftsdaten strukturiert.
Abbildung 1 (Quelle: SAP): Die Schnittstellen ab SAP BW Version 7.3. Die primären externen Schnittstellen zum SAP BW sind Datenbanksprachen wie Multidimensional Expressions (MDX) und Structured Query Language (SQL) sowie Business Intelligence Consumer Services (BICS-Verbindungen). Drittanwendungen (wie auch die Version 3.1 von BusinessObjects) nutzen vorwiegend MDX-Schnittstellen. Seit Version 4.0 greifen die Tools der BusinessObjects-Plattform auch über die BICS-Schnittstelle auf die BEx Queries im SAP BW zu. Ab Version 4.0 nutzt BO die BICS-Schnittstelle zugleich für den Zugriff auf viele neue wie auch auf bestehende Applikationen.
Als Antwort auf die Performance-Probleme bei der Integration entwickelte SAP eine SQL-Schnittstelle als Add-On-Komponente, mit der sich selbst bei sehr großen Datenmengen eine hohe Abfrageleistung erzielen lässt. Allerdings müssen die Anwender Abstriche bei der Funktionalität hinnehmen. So fehlt etwa die Unterstützung von SAP-BW-Hierarchien oder nicht kumulativen Kennzahlen.
Diese SQL-Schnittstelle wird nun in den BO-Universen genutzt, um die Verbindung zum SAP BW herzustellen. Dieses Szenario funktioniert (wenn auch nicht sonderlich gut wie einige meinen) für relationale Universen, die von Natur aus tabellenbasiert sind. Deshalb sind auch die BW-Features, die über keine SQL-Schnittstelle verfügen, davon nicht betroffen. Allerdings eignet sich die Schnittstelle kaum für BusinessObjects-Anwendungen, da diese von zahlreichen Analysefunktionen der MDX-Schnittstelle profitieren, die beim SQL-Interface fehlen.
Verbesserte Integration seit BW 7.3 und BO 4.0
Ab SAP BW Version 7.3 und SAP BusinessObjects 4.0, die beide seit 2011 offiziell verfügbar sind, hat SAP die Integration zwischen den BI-Plattformen noch einmal verbessert. Der SQL-basierte Zugriff auf BW-Daten erfolgt seitdem vollständig integriert, nicht mehr über ein Add-On.
Zugleich wurde die BusinessObjects-Produktlinie weiterentwickelt, insbesondere in Bezug auf technische einheitliche und am Nutzerverhalten ausgerichtete Schnittstellen für SAP-BW-spezifische semantische Konzepte wie Hierarchien und Anzeigeattribute. Aufgrund dieser Neuerungen wird die Ansicht von BW-Daten in BusinessObjects-Berichten vereinfacht. Das ist gerade dann ein wichtiger Aspekt, wenn der Endanwender zwischen den verschiedenen Frontend-Tools der BusinessObjects-Plattform und der SAP-Business-Explorer-Suite (SAP BEx) hin und her wechselt.
Ab BO Version 4.0 hat SAP gerade bei SAP BW zahlreiche technische Verbesserungen ausgeliefert, wie etwa die optionale Integration des Change- und Transportsystems (CTS+) von SAP BW oder der Bericht-Bericht-Schnittstelle (BBS) zur Verknüpfung von Abfragen. Mit der BBS kann aus einer BEx-Query (Sender) online ein Sprungziel (Empfänger) innerhalb oder außerhalb des BW-Systems aufgerufen werden, etwa andere Queries sowie Transaktionen, Reports oder Webadressen.
Die bedeutendste Änderung war jedoch, dass über die BICS-Schnittstelle jetzt BEx-Abfragen direkt aus BusinessObjects-Anwendungen heraus ausgeführt werden können. BICS ersetzt die im Hinblick auf die Performance eingeschränkte MDX-Schnittstelle und erlaubt den Zugriff auf OLAP-Funktionen im BW-System, die in den Universen, die auf der SQL-Schnittstelle basieren, nicht möglich sind.
Die BEx-Suite als natives Reporting-Tool von SAP BW nutzt die BICS-Schnittstelle, eine Eigenentwicklung von SAP, die für Drittanbieter nicht verfügbar ist, bereits seit geraumer Zeit. BICS wurde speziell für Reporting-Anwendungen im OLAP-Umfeld wie SAP BEx, SAP Crystal Dashboard Design und BusinessObjects Analysis Edition for OLAP entwickelt.
Diese Anwendungen müssen in der Lage sein, aus dem BW-System große Datenmengen auf einen Client zu übertragen. Zugleich benötigen sie den Zugriff auf die von SAP BW bereitgestellten OLAP-Funktionalitäten wie Hierarchien oder nicht kumulative Kennzahlen. Diese Anforderungen gewinnen zunehmend an Bedeutung, da neuere BI-Tools wie SAP Predictive Analysis oder SAP Lumira (früher SAP Visual Intelligence) große Datenmengen benötigen. Das BICS-Interface ist daher ein großer Schritt auf dem Weg, um diese Anforderungen erfüllen zu können.
In die gleiche Richtung zielt das Support Package 4 für die BusinessObjects BI-Plattform 4.0, denn in den BO-Anwendungen lassen sich nun auch BW-Hierarchien anzeigen und eingeben. Ebenso unterstützt werden neue Universen (UNX), BBS-Schnittstellen sowie BICS-Interfaces in Dashboards, Analysen und Web Intelligence.
Nicht jede BO-Anwendung unterstützt alle hier genannten Features, doch genau das ist die Zielsetzung. Je mehr dieser Schnittstellen von BusinessObjects unterstützt werden, desto mehr werden die Probleme behoben wie sie noch bei der Datenmodellierung in der Version 3.1 von BO üblich waren.
Abbildung 2: Die aktuelle Struktur der BusinessObjects-BW-Integration. Die Grafik zeigt auf, welche Verbindungstypen es zwischen den verschiedenen BO-Tools (ab Version 4.0 mit Support Package 4) und dem SAP-BW-System gibt. Die wichtigsten Anwendungen unterstützen inzwischen UNX-Universen oder direkte BICS-Verbindungen mit SAP BW oder beides. Legacy-Direktverbindungen zum BW sowie direkte Verbindungen zum SAP Business Warehouse Accelerator (BWA) und zu SAP HANA wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassen. (Das Original dieser Abbildung zeigte an, dass die BusinessObjects Analysis Edition for OLAP eine Verbindung zum BW über UNV- und UNX-Universen herstellen könne. Das ist falsch, denn zurzeit ist nur die Verbindung über BICS möglich.)
BusinessObjects und SAP BW: Integration bleibt Herausforderung
Doch der Weg zur BO-BW-Integration ist noch weit. Einer der Schwachstellen ist, dass der einzige effiziente Weg für den Zugriff auf die OLAP-Fähigkeiten des BW-Systems über die direkte Anbindung individueller BusinessObjects-Anwendungen führt.
Die semantische Schicht der Universen in der Version 4.0 der BusinessObjects-Plattform unterstützt lediglich eine relationale Anbindung an das SAP BW. Die Modellierung von BW-Objekten als relationale Universen macht nur wenig Sinn, da ein solches Datenmodell nicht mit dem BW-internen Reporting-Modell übereinstimmt.
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Der Prozess ließe sich deutlich verbessern, wenn die Universen beziehungsweise semantischen Layer um eine Option ergänzt würden, die auf den BW-Infocubes oder Data-Store-Objekten (DSO) basiert und die Anbindung via BICS unterstützt. SAP hat diesen Aspekt in die Roadmap für ein künftiges Release von BusinessObjects aufgenommen.
Darüber hinaus geht es um die Frage, wie BI-Tools von Drittanbietern in das SAP-BW-System wie auch in die In-Memory-Plattform SAP HANA integriert werden können. Viele Kunden gehen davon aus, dass BI-Werkzeuge von Drittanbietern der BusinessObjects-Lösungen beim mobilen Einsatz und der Datenvisualisierung überlegen sind. Allerdings werden BI-Drittanwendungen von der BICS-Schnittstelle ausgesperrt, da SAP diese als ihr geistiges Eigentum schützt.
Durch die Unterstützung einer offenen und hoch performanten BI-Reporting-Schnittstelle würde das BW-System als Enterprise Data Warehouse (EDW) jedoch an Attraktivität gewinnen, denn die bestehenden MDX-basierten Schnittstellen werden diesen Anforderungen nicht gerecht.
Allerdings ist es schwierig, die Schuld dafür bei SAP zu suchen, da bisher kein übergreifender Schnittstellenstandard existiert. Ein solcher müsste neu entwickelt werden, was eine enorme Herausforderung darstellt. SAP verfügt über die nötige Erfahrung, um einen solchen Standardisierungsprozess zu initiieren, und könnte hierbei eine Führungsrolle übernehmen.
Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich sagen, dass SAP bei der BusinessObjects-BW-Integration den richtigen Weg eingeschlagen hat. Bei der Version 3.1 von BusinessObjects hat die Integration zwar auch funktioniert, war in der Praxis aber sehr schwierig auszuführen. Durch die Anpassungen in Version 4.0 und 4.1von BusinessObjects gestaltet sich jetzt der ganze Prozess für Administratoren wie auch für Endanwender wesentlich einfacher. Auch die Schnittstellen sind leistungsfähiger geworden, seitdem neue, performantere Verbindungstypen genutzt werden.
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