iaremenko - stock.adobe.com
5G-Mobilfunk versus Unternehmens-WLAN
Sollen Firmen ein privates 5G-Netz im eigenen Campus aufbauen? Wird 5G das Firmen-WLAN und den Einsatz von Wi-Fi 6 bald überflüssig machen? Das sagen die Hersteller dazu.
Es wäre ja völlig normal, wenn Mobilfunk-Netzausrüster eine Lanze für 5G brechen würden, und wenn WLAN-Anbieter gute Argumente für Wi-Fi 6 im Köcher hätten. Huawei spielt sogar in beiden Welten mit: 5G und Wi-Fi 6.
WLAN-6, Wi-Fi 6, Wi-Fi-6, IEEE802.11ax, kurz 11ax, sind unterschiedliche Bezeichnungen für den neuen WLAN-Standard.
Huawei kann Beides: 5G und Wi-Fi 6
Als Mobilfunk-Netzausrüster hat Huawei technisch und wirtschaftlich eine starke Position, neben weiteren Mobilfunk-Infrastrukturlieferanten wie Ericsson, Nokia, Samsung und ZTE.
Doch auch bei Wi-Fi 6 hat Huawei bereits am Standard (IEEE 802.11ax) maßgeblich mitgeplant und mitentwickelt. Derweil hat Huawei mit seinem AP7060DN einen der stärksten Access Points (AP) für Wi-Fi 6 im Portfolio.
Hohe Bandbreiten
Technologisch „ähnelt sich der Fortschritt der beiden Drahtlostechnologien hinsichtlich der Belegung von ähnlichen Frequenzbändern unterhalb von 6 GHz“, sagt Dr. Michael Lemke, Senior Technology Principal (ICT) bei Huawei Technologies:
- Im Bereich der Luftschnittstelle mit wachsenden, spektralen Bandbreiten: Bei 5G 100 MHz pro Trägerfrequenz unterhalb von 6 GHz. Bei Wi-Fi 6 um die 20 bis 160 MHz in den Frequenzbändern 2,4 beziehungsweise 5 GHz.
- In der Modulierung: Beide Funksorten beherrschen bis zu QAM 1024
- In der Verwendung von mehreren Sende- und Empfangsantennen: MIMO-64T64R bei 5G und MIMO-8T8R bei Wi-Fi 6.
Im Ergebnis erreichen beide Technologien damit ähnliche individuelle Spitzendatenraten im Gigabit-pro-Sekunde-Bereich.
Kurze Reaktionszeiten
Beide Technologien folgen auch dem Trend und Bedarf nach geringeren Verzögerungszeiten, so Lemke, aber in etwas unterschiedlichem Maße:
- 5G mit 4ms im Best Effort und weniger als 1ms für hochverfügbare Echtzeitanwendungen.
- Wi-Fi 6 mit 10ms im Best Effort und 4ms bei hoher Priorisierung.
Grundsätzlich sind damit beide Technologien für fortschrittliche Internetdienste geeignet.
Unterschiede sieht Lemke vor allem bei der Ressourcenverwaltung der Technologien. Diese ergeben sich aus der Nutzung freier, unlizenzierter Frequenzen durch Wi-Fi, gegenüber lizensierter Frequenznutzung bei den Mobilfunktechnologien, und damit auch bei 5G.
5G robust bei hoher Auslastung
Die „Ausleuchtung größerer Flächen und die effizienteste Frequenznutzung unter hoher Auslastung ist und bleibt ein Vorteil der Mobilfunktechnologien“, sagt Lemke, „da diese auf Grund der zentralisierten Frequenzverwaltung robuster reagieren und besser auf die Vermeidung unvermeidlicher gegenseitiger Störung (Interferenz) durch viele Endgeräte konditioniert sind“. Dies gelte für die klassische Nutzung durch Smartphones, aber auch insbesondere „für die massenhafte Anbindung von IoT-Endgeräten unter stringentem netzoptimiertem Batteriemanagement“.
5G zuverlässiger in der Fabrik
Bei 5G wird die Technologieentwicklung laut Lemke „sogar so weit vorangetrieben, dass diese höhere Qualität der Datenübertragung über die Luft (determinierte Zuverlässigkeit und Verzögerung) bisher Wi-Fi-basierte Vernetzungsangebote im Fertigungsumfeld teilweise verdrängen wird“.
WLAN im Heim und im Büro
Wi-Fi mit seiner Nutzung freier Frequenzen sei und bleibe dagegen unverzichtbar im häuslichen Privatumfeld, im gewerblichen beziehungsweise öffentlichen Raum als „nomadischer Internetzugang“ und natürlich als Vernetzungstechnologie unter anderem im Büro allgegenwärtig.
WLAN-Weltmarktführer Cisco
Cisco Systems gilt als Weltmarktführer bei großen WLAN-Installationen. Und brechen die Kalifornier nun eine Lanze für Wi-Fi 6? Voila: Die bloße „Frage nach der Funktechnologie ist im Hinblick auf die Gesamtarchitektur nachgelagert“, meint Jürgen Hahnrath, Head of IoE Solutions Germany, Cisco Systems. Im Zentrum der Planung von Netzen stünden vielmehr Sicherheit, Automatisierung sowie Effizienz und Kosten.
Die letzte Meile, also wie welche Geräte angebunden werden, bilde nur einen Ausschnitt. „Generell erwarten wir, auch im Hinblick auf Wi-Fi 6, dass 5G in privaten Netzen eine Ergänzung sein wird, also dass die meisten Clients und ein Großteil des Traffics weiter über WLAN laufen werden“, sagt der Cisco-Manager.
Heute lassen sich bereits „zahlreiche Business Cases für 5G absehen, von selbstfahrenden Autos über große IoT-Projekte und Augmented Reality bis hin zu Echtzeit-Gaming. In Zukunft dürften noch weitere Einsatzmöglichkeiten entdeckt werden, so dass neben der Automobilbranche, Spieleherstellern oder Betreibern geografisch verteilter IoT-Projekte auch andere Branchen von 5G-Anwendungen profitieren können“, so Hahnrath.
Im ersten Schritt gehe es bei 5G eher um schnellere, mobile Breitbandverbindungen. Hier könne 5G mit einem entsprechenden Router geringere Kosten zum Beispiel für Standorte ohne Glasfaser oder als Backup-Verbindung für vorhandene Datenverbindungen bringen. „Davon profitieren vor allem Mobilfunkbetreiber mit 5G-Lizenzen. Aber auch viele Kabelanbieter verfügen über Netzwerke, die 5G unterstützen. Damit können sie ihre eigenen Angebote um entsprechende Funktionen ergänzen.“
Zurück zum Kern der Frage: „Ob Unternehmen ein eigenes 5G-Netz aufbauen sollten, hängt auch von den Angeboten der Mobilfunk- und Datennetzanbieter, aber auch vom Anwendungsfall ab. Es ist zu erwarten, dass Netzanbieter attraktive Lösungen für Unternehmen entwickeln, so dass der Aufwand für Aufbau und Betrieb eines eigenen 5G-Netzes in den meisten Fällen zu hoch sein dürfte. In Ausnahmefällen sowie im industriellen Umfeld kann dies aus Sicherheitsgründen oder für schnellere und bessere Verfügbarkeit nötig sein“, so die Prognose des IoE-Managers. Das Kürzel IoE steht bei Cisco für „Internet of Everything“. Der Rest der Welt sagt IoT dazu, also Internet of Things.
Die weiteren, befragten WLAN-Hersteller HPE-Aruba und LANCOM Systems hatten keine explizite Meinung zum Aufbau firmeneigener 5G-Netze. Also springen wir zu R wie Ruckus.
Ruckus für High-Density-Umgebungen
Ruckus Networks liegt mit seinem ersten 802.11ax-AP namens R730 am oberen Ende des aktuell Machbaren. Wie Huawei betont auch Ruckus nicht so sehr die schiere maximale Geschwindigkeit, sondern die Gesamtkapazität der neuen 802.11ax-Technik. Damit könnten „mehr Teilnehmer effizienter und schneller bedient werden, wodurch sie sich insbesondere für den Einsatz in High-Density-Umgebungen eignet“, meint etwa Sascha Hirschoff, bis vor kurzem Senior Manager Systems Engineering, EMEA-CEE, bei Ruckus Networks, derweil bei VMware: „802.11ax-Clients werden effektiver und schneller bedient, dadurch geben sie schneller das Medium wieder frei und man hat mehr Sendezeit für Non-802.11ax Clients.“
So könnten auch ältere WLAN-Clients aus der 802.11a/b/g/n/ac-Ära indirekt von einer Wi-Fi-6-Einführung profitieren.
Ruckus ist „der Überzeugung, dass Unternehmensnetzwerke, die auf LTE- und später 5G-Technologie basieren, enormes Potenzial für die Bewältigung von verschiedensten geschäfts- und unternehmenskritischen Anwendungsfällen bieten“, so Hirschoff: „Das betrifft Branchen wie die Hafen- und Flughafenindustrie, das Gastgewerbe, Gesundheitswesen und Lagerwesen sowie die Fertigung und den Energiesektor. Darüber hinaus stehen Unternehmen branchenübergreifend vor dem Problem einer schlechten Mobilfunkabdeckung in Innenräumen“.
Jedoch seien Unternehmen dank 5G bald in der Lage, diese „Herausforderungen zu bewältigen. Unter Verwendung von einem gemeinsam genutzten oder lokal lizenzierten Spektrum, das zu diesem Zweck zu nominalen Frequenzkosten bereitgestellt wird, werden sie ihre eigenen 3GPP-basierten Netzwerke errichten können. In Deutschland beispielsweise hat die Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass Unternehmen ab 2019 Frequenzen im 3,7-3,8 GHz-Band für den Einsatz in industriellen Anwendungen beantragen können. In diesem Fall war es ein Bündnis deutscher Industrie- und Produktionsunternehmen, das die Bundesnetzagentur zur Nutzung dieses Spektrums drängte“, so der Wireless-Experte Hirschoff: „Das zeigt, welchen Mehrwert sie darin sehen, die 3GPP-Technologie in einem speziellen Spektrum einzusetzen, um ihre Unternehmensprozesse zu unterstützen.“
Ingram Micro bringt Wi-Fi 6 ins Feld
Ingram Micro ist der größte ITK-Distributor Deutschlands, aber auch der Welt, somit eine wichtige Nahtstelle zu den WLAN-Integratoren, die WLAN bei den Anwendern installieren: Die „Möglichkeiten für regionale 5G-Frequenzen werden von der Bundesnetzagentur geschaffen und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch genutzt“, meint Thomas Groß, Executive Director Advanced Solutions, bei der Ingram Micro Distribution GmbH: Zum Beispiel in Produktionsstätten der Automobilindustrie, auf eigenen Teststrecken oder auf einem großen Campus wie etwa Hafenanlagen. Letztlich würden limitierende Faktoren wie die Höhe des Investitionsbedarfs, behördliche Voraussetzungen für die Vergabe der Lizenzen oder auch die damit aufkommenden Sicherheitsszenarien darüber entscheiden, was tatsächlich umgesetzt wird.
Thomas Groß geht “…eher von einer Koexistenz als von einem Entweder-oder-Szenario aus… Firmen, die sich bereits digitalisiert haben und ihre Apps und Services nur aus der Cloud beziehen, benötigen rein theoretisch kein eigenes Firmen-WLAN mehr. Dort geht es dann eher um Sicherheitsfragen, wie die Daten innerhalb der Cloud bestmöglich geschützt werden… Wie darauf zugegriffen wird, ob per Firmen-WLAN oder 5G, wird dann am Ende des Tages eine Kostenfrage sein“.
Marktübersicht zu Wi-fi 6
Die Zahl der WLAN-Ausrüster ist größer als jene der 5G-Ausrüster. Ingram Micro bringt vor allem WLAN ins Rollen, in Zukunft vielleicht aber auch 5G-Systemelemente. Mehr dazu in unserer kleinen WLAN-Marktübersicht.
Wird 5G das Firmen-WLAN überflüssig machen?
Jürgen Hahnrath von Cisco sagt es deutlich: „5G wird das Firmen-WLAN nicht ersetzen, sondern ergänzen. Die neue Technologie erreicht möglicherweise nie die gleiche Kosteneffizienz oder Breite der Geräteunterstützung. Zudem wird WLAN mit der Version 802.11ax viele aktuelle Innovationen der Funktechnologie übernehmen, um eine zuverlässige, dichte und durchsatzstarke Konnektivität zu bieten“.
Wahrscheinlich würden ohnehin „beide Ansätze parallel betrieben, da sie jeweils andere Stärken und Schwächen haben. Mobilfunkdienste wie 5G sind sehr effektiv im Hinblick auf breite Abdeckung, nahtlose Authentifizierung und Roaming. Daher eignen sie sich hervorragend für die flächendeckende Nutzung von Anwendungen, etwa auf Smartphones oder in Fahrzeugen“.
Hahnrath sieht aber auch enorme Kostenunterschiede zwischen WLAN und Mobilfunk: „Heute gibt es fünfmal mehr WLAN-Geräte als 4G-Geräte. Dies liegt zu einem Großteil daran, dass ein typischer WLAN-Client nur fünf Prozent eines voll ausgestatteten LTE-Clients kostet. So wird WLAN vor allem bei größeren Geräten am Arbeitsplatz oder zu Hause – wie Notebook oder TV-Monitor – sowie bei M2M-Geräten dominieren“.
Hewlett Packard Enterprise Aruba
Aruba, ein Hewlett Packard Enterprise Unternehmen, hat den 802.11ax-Markt schon 2018 betreten, auch in Deutschland. Das versichert uns nicht nur Axel Simon, Chief Technologist bei HPE-Aruba. Das bestätigt auch Mario Glockner, Supervisor HPE bei Ingram Micro: „Die Aruba-510-Access-Point-Serie haben wir seit November 2018 im Portfolio“, sagt Glockner. Im April 2019 hat Aruba mit der AP-Serie 530 und 550 weitere AX-Modelle bis 8x8-Multi-User-MIMO angekündigt, die bei der Performance über der 510er-Serie liegen.
Axel Simon stellt fest, dass 5G und Wi-Fi 6 rein technisch große Ähnlichkeiten haben. „Die Aruba-Access-Points der neuesten Generation sind jedoch die Universaltechnologie für die Anbindung jeglicher Endgeräte durch die Bereitstellung von Wi-Fi 6, Bluetooth Low Energy, Zigbee und weiteren Funkprotokollen. Diese Vielfalt wird es in 5G auf lange Sicht nicht geben,“ sagt der Aruba-Chefdenker: „Ich glaube nach wie vor nicht an die Inhouse-Mobilfunkausleuchtung – dieses Versprechen hat bereits LTE nicht eingelöst.“
Allerdings kann Axel Simon sich vorstellen, die „Aruba-WLANs technologisch so zu ergänzen, dass ein Inhouse-WLAN an einen Provider-5G-Backbone angebunden werden kann und somit WiFi die Ausleuchtungslücken Inhouse schließt. Dabei wird dieses so gestaltet, dass ein 5G-Kunde ein Roaming zu Aruba-WLANs bekommt. Dieser Weg ist allerdings weder wirklich neu noch 5G-spezifisch. Zudem obliegt es dem Kunden, seine Verträge zu gestalten und damit auch zu entscheiden, ob er die Datenhoheit behalten möchte oder diese an einen Provider abgeben möchte“.
Überhöhte Wahrnehmung von 5G
Axel Simon stellt fest, dass es „in Deutschland derzeit eine überhöhte Wahrnehmung der Möglichkeiten von 5G gibt. Allerdings haben schon 3G und 4G angekündigt, WLAN überflüssig zu machen und dieses Versprechen nicht eingelöst. Hier sind sowohl Politik als auch die Anbieter aufgefordert, realistisch zu argumentieren und nicht ein Strohfeuer zu entfachen. Am Ende ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich ähnlich gestaltet, wie in der Vergangenheit: Mobilfunk wird im Außenbereich eine große Rolle spielen, wohingegen WLAN seine Rolle sowohl Inhouse als auch in hochfrequentierten Umgebungen ausbauen wird – da es ja hier nicht nur auf Konnektivität, sondern auch auf die lokationsbasierten Dienste ankommt“.
Wer behält die Datenhoheit?
Die wichtigste Frage sei aber: „Wer behält die Datenhoheit, um Dienste für den Anwender zu gestalten? Aufgrund der hohen technischen Ähnlichkeit von 5G und Wi-Fi 6 wird die Ergänzung beider Technologien der Schlüssel für den Anwender sein – nicht eine überzogene Polemik der Politik, in der Hoffnung, das Bandbreitenthema in Deutschland in der Fläche durch Dritte gelöst zu bekommen,“ sagt Simon von Aruba.
Lancom Systems mit Wi-Fi 6 am Start
Lancom Systems sieht sich als „der führende deutsche Hersteller von Netzwerklösungen für Geschäftskunden und die öffentliche Hand“. Laut deren Chef und Gründer, Ralf Koenzen, gehört es zu den Zielen von Lancom, „zuverlässige, standardkonforme und sichere Netzwerktechnologie anzubieten, für die etliche Jahre Support und kostenlose Software-Updates bereitgestellt werden“.
Die endgültige Version des neuen WLAN-Standards IEEE 802.11ax (Wi-Fi 6) werde erst Ende 2019/Anfang 2020 verabschiedet, sagt Koenzen. Zudem starte die Wi-Fi Alliance die Zertifizierung von Produkten, die sich bei Bedarf per Software-Update auf den finalen Standard aktualisieren lassen, auch erst in der zweiten Jahreshälfte 2019. „Erste Produkte mit Wi-Fi-6-Unterstützung werden wir deshalb auch erst in der zweiten Jahreshälfte 2019 anbieten, da vorher nicht garantiert ist, dass ‚Pre-Standard-Geräte‘ später per Firmware-Update auf den endgültigen Wi-Fi-6-Standard angepasst werden können“.
Ansonsten lobt der Lancom-Chef die Vorteile des neuen High Efficiency WLAN: „Überlastete Netze aufgrund des stetig wachsenden Bedarfs an Bandbreite durch mehr Clients und leistungshungrige Anwendungen werden zunehmend zur Herausforderung bei der Planung von WLAN-Netzen. Die 802.11ax-Technologie adressiert genau dieses Problem, indem sie zeitgleich mehr Clients mit mehr Daten versorgen kann“. Das gilt natürlich für alle 802.11ax-APs, nicht nur für jene von Lancom.
Konkret hat Lancom am 25. Juni 2019 seine ersten Wi-Fi-6-APs in München angekündigt: Den LX-6400 mit internen Omni-direktionalen Antennen und den LX-6402 mit externen Strahlern. Die technischen Angaben waren da noch etwas spärlich: Gleichzeitiger Betrieb im 2,4-GHz- und 5-GHz-Band für bis zu 3.600 Mbit/s kombinierte Datenrate, 4x4 Antennen, ein 1 GBit und ein 2,5 Gbit/s-PoE-Port, 802.3at bis zu 30W, Bluetooth Low Energy (BLE) und USB-Schnittstelle (für künftigen IoT Support), Verwaltung durch LANCOM Management Cloud.
Diese mittelstarken 802.11ax-Produkte zielen wohl eher auf den Mainstream. Stärkere Wi-Fi-6-Modelle mit 8x8-Multi-User-MIMO für sehr dichte Umgebungen sollen 2020 folgen.
5G als Ausfall-Reserve für Firmen
Ralf Koenzen sieht 5G und WLAN ganz klar in unterschiedlichen Bereichen: „Es gibt Anwendungen, bei denen der Weg über die Mobilfunknetze alternativlos ist. Ich denke hier an wirklich mobile Szenarien, die ortsungebunden stattfinden. Das autonome Fahren ist eines dieser Beispiele, ebenso Smart Farming. Auch Smart Cities sind auf Basis von 5G sehr gut denkbar. Hinzu kommt der Einsatz in Gebieten, in denen es kein leitungsgebundenes Highspeed-Internet gibt. Hier hat 5G als vollwertiger Gigabit-Internet-Zugang Potential. Dies gilt ebenso als Backup-Verbindung für geschäftskritische Prozesse“.
Ganz anders sei der Fall bei „kabellosen Anwendungen und Angeboten, die in einem räumlich klar eingegrenzten Gebiet realisiert werden sollen, etwa innerhalb von (Büro-)Gebäuden, in Schulen und Universitäten, in Stadien, Fabriken oder Logistikzentren, in Kliniken, dem Hotel- und Gaststättengewerbe und dem Bildungssektor oder ganz schlicht zuhause. All diese Szenarien lassen sich deutlich wirtschaftlicher auf Basis einer anderen, seit vielen Jahren erprobten stationären Drahtlostechnologie realisieren: dem Wireless LAN“.
WLAN-Netze kann Jeder bauen, 5G eher nicht
Bei den Gründen muss Koenzen nicht lange überlegen: „Im Gegensatz zu Mobilfunknetzen können WLAN-Infrastrukturen in kürzester Zeit von Jedermann in Eigenregie aufgebaut und ohne zwischengeschalteten Provider betrieben werden. Dies hat große wirtschaftliche Vorteile. So fallen für den laufenden Betrieb eines WLAN keine nennenswerten Kosten an, keine teuren Lizenzen oder Verträge je Client“.
Gerade vor dem Hintergrund der mit dem Internet der Dinge explosionsartig steigenden Anzahl zu vernetzender Dinge sei das ein wichtiges Argument: „Hinzu kommt, dass sich Anwenderunternehmen mit ihrer eigenen Drahtlosinfrastruktur unabhängig aufstellen und ihre Netze vollständig unter Kontrolle haben. Überall dort, wo geschäftskritische Applikationen drahtlos vernetzt oder hochsensible Daten übertragen werden, ist dies von unschätzbarem Wert“, sagt der Firmengründer.
Am Ende sieht Koenzen eine „Dualität der Netze: Auf dem Weg in die von der Politik postulierte Gigabit-Gesellschaft brauchen wir zwingend ein Miteinander von mobilen und stationären Funktechnologien. Sowohl der Mobilfunk als auch das WLAN haben ihre ganz spezifischen Stärken und Anwendungsfelder, die die jeweils andere Technologie nicht ersetzen kann. Das wird sich auch mit dem Ausbau der 5G-Infrastruktur nicht ändern“.
Was nun? 5G oder Wi-Fi 6?
Wi-Fi 6 hat schon in der Praxis bewiesen, dass Netto-Datenraten bis 2500 Mbit/s möglich sind: Auch außerhalb von herstellerkontrollierten Labors, etwa in der Autors eigenen Testmessungen, allerdings nur auf kurze Distanz von drei Metern im gleichen Raum.
Auch 5G hat zumindest in Presse-Demonstrationen von Deutscher Telekom und Vodafone schon im Sommer 2019 bewiesen, dass Downloads bis rund 1000 MBit/s und Uploads bis zu mehreren 100 Mbit/s mit 5G-Smartphones in deutschen 5G-Netzen möglich sind, bei freier Sicht zum Funkturm, über einige Hundert Meter Entfernung. Die gigantischen 5G-Versprechungen von 10 bis 20 Gigabit pro Sekunde wurden mit regulären 5G-Smartphones hierzulande allerdings noch nicht bewiesen. 5G steht erst am Anfang, da ist noch ganz viel Luft nach oben.
Die Gartner-Wireless-Prognose
Marktanalyst Nick Jones von Gartner sieht die Top-10-Wireless-Trends wie folgt, mit Wi-Fi an der Spitze:
- Wi-Fi
- 5G-Mobilfunk
- Vehicle-to-Everything (V2X) Funk
- Long-Range Wireless Power
- Low-Power Wide-Area (LPWA) Networks
- Wireless Sensing
- Enhanced Wireless Location Tracking
- Millimeter Wave Wireless
- Backscatter Networking
- Software-defined Radio (SDR)
Wi-Fi wird laut Nick Jones bis ins Jahr 2024 die wichtigste High-Performance-Netzwerk-Technik für Büros und private Heime bleiben.
5G-Funksysteme werden laut Nick Jones ab 2019 und 2020 beginnend etwa fünf bis acht Jahre für den kompletten Rollout benötigen. In einigen Fällen könne Wi-Fi den 5G-Funk ergänzen, weil er in großen High-Speed-Umgebungen wie Häfen, Flughäfen und Fabriken schlichtweg kosteneffizienter sei als 5G.