Wi-Fi 6E
Was ist Wi-Fi 6E?
Wi-Fi 6E ist eine Variante des 802.11ax-Standards. Sie nutzt das 2,4-Gigahertz-, das 5-GHz- und – zum ersten Mal im Wi-Fi-Bereich – das 6-GHz-Spektrum. Als neueste Wi-Fi-Generation bringt Wi-Fi 6E mehrere neue Funktionen mit. Diese ermöglichen schnellere Geschwindigkeiten, geringere Latenz und eine höhere Kapazität der einzelnen Zellen und allgemein der WLAN-Systeme (Wireless Local Area Network). Wie bei den früheren 802.11-Varianten kommt es auch bei Wi-Fi 6E auf eine angemessene Ausgestaltung und Konfiguration an, um die Vorteile voll auszuschöpfen.
Wie funktioniert Wi-Fi 6E?
Die operativen Grundlagen von Wi-Fi 6E basieren auf dem IEEE-802.11-Framework. Wie bei den früheren Wi-Fi-Standards handelt es sich bei Wi-Fi 6E um eine Halbduplextechnologie, die den physikalischen Gesetzen für Interferenzen und Koexistenz mit Signalen im selben unlizenzierten Spektrum unterliegt. Außerdem gelten die Vorschriften der US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) und deren Auflagen für Parameter wie Ausgangsleistung und separate Kanalnutzung. Für Europa definiert das Normungsgremium ETSI die Nutzung im Standard EN 303 687 (PDF).
Alle drei Bänder – 2,4 GHz, 5 GHz und 6 GHz – profitieren von den neuen 6E-Funktionen, aber die beeindruckendsten Aspekte finden sind ausschließlich im 6-GHz-Frequenzband. Für die USA heißt das: In diesem Spektrum bietet 6E 1.200 Megahertz (MHz) an neuen Frequenzen, die bis zu 59 neue, 20 MHz breite Kanäle oder bis zu sieben neue Kanäle mit 160 MHz Breite ermöglichen – mit einer ebenfalls beeindruckenden Anzahl von 40 MHz und 80 MHz breiten Kanälen. In der EU kann der obere Bereich des Spektrums derzeit nicht genutzt werden und es stehen nur 500 MHz an neuen Frequenzen zur Verfügung. Das ergibt 24 20-Mhz-Kanäle, 12 mit 40 MHz, 6 mit 80 MHz und 3 mit 160 MHz Breite. Mehr verfügbare Kanäle bedeuten weniger Konflikte, während breitere Kanäle zu höheren Durchsatzraten führen.
Zu den technischen Besonderheiten von Wi-Fi 6E gehören die folgenden Merkmale:
- leistungsstärkstes Modulationsschema, das jemals bei Wi-Fi Anwendung fand, nämlich 1024-QAM (Quadratur-Amplituden-Modulation);
- Potenzial für einen Uplink/Downlink von bis zu 8x8, obwohl die meisten 6E-Access-Points (AP) maximal 4x4 erreichen;
- Orthogonal Frequency-Division Multiple Access (OFDMA), ein Verfahren, das Kanäle in neue Kombinationen, sogenannte Resource Units, mit unterschiedlicher Breite aufteilt, um verschiedene Arten von Clientgeräten gleichzeitig zu bedienen; und
- Target Wake Time (TWT) und Basic Service Set Coloring (BSS Coloring), die es den Clientgeräten ermöglichen, Akkustrom zu sparen und effizienter mit anderen APs zu koexistieren, die möglicherweise denselben Kanal nutzen.
Das vielleicht Beeindruckendste im 6-GHz-Spektrum von Wi-Fi 6E ist jedoch, dass keine Legacy-Clients erlaubt sind, die ansonsten das Ganze verlangsamen könnten. Bei allen anderen 802.11-Standards wurde der Abwärtskompatibilität von Clientgeräten Vorrang eingeräumt, oft auf Kosten der Power User. Im 6-GHz-Bereich von Wi-Fi 6E ist damit endgültig Schluss.
Wi-Fi 6 versus Wi-Fi 6E
Das IEEE definiert die verschiedenen Netzwerkstandards, darunter 802.11, der formale Rahmen für das, was allgemein als Wi-Fi bekannt ist. Die Wi-Fi Alliance drückt der WLAN-Branche mit eingeschränkten Interoperabilitätstests und einem Schwerpunkt auf Marketing ihren ganz eigenen Stempel auf. Die Wi-Fi Alliance bezeichnet den 802.11ax-Standard sowohl als Wi-Fi 6 wie auch als Wi-Fi 6E.
Der Unterschied zwischen Wi-Fi 6 und Wi-Fi 6E besteht darin, ob ein bestimmter AP oder ein bestimmtes Clientgerät im 6-GHz-Band sowie im 5-GHz- und 2,4-GHz-Band arbeitet. Wenn es sich um ein 802.11ax-Gerät handelt, das 6 GHz nicht unterstützt, wird es als Wi-Fi-6-Hardware bezeichnet. Unterstützt es alle drei Bänder, handelt es sich um Wi-Fi-6E-Hardware.
Vorteile von Wi-Fi 6E
Bei ordnungsgemäßer Bereitstellung bietet Wi-Fi 6E mehrere konkrete Vorteile, darunter die folgenden Punkte:
- flexiblere WLAN-Designs aufgrund der größeren Anzahl an verfügbaren Kanälen und Kanalbreiten
- höhere Clientdichte pro Zelle und pro System
- höhere Geschwindigkeiten und geringere Latenz
- bessere Unterstützung für bandbreitenintensive Anwendungen, wie Videostreams mit höchster Auflösung
- allgemeine Effizienzsteigerungen pro Zelle für alle Clientgeräte
- verbesserte Sicherheit, wenn Wi-Fi Protected Access 3 (WPA3) eingesetzt wird
Die Vorteile von Wi-Fi 6E kommen am besten zur Geltung, wenn sowohl die Clientgeräte als auch die APs so leistungsstark wie möglich sind, mehr Datenströme unterstützen und mit aktuellem Code arbeiten. In den meisten 6E-Umgebungen gibt es eine bunte Mischung diverser Clientgenerationen, die aber alle von der auf operative Effizienz ausgerichteten 6E-Technologie profitieren können.
Je nach WLAN-Lebenszyklus kann Wi-Fi 6E für Unternehmen eine Gelegenheit sein, sich Gedanken darüber zu machen, ob es an der Zeit ist, sich von Hardware-Controllern sowie aufgeblähten Netzwerkmanagementsystemen zu trennen und das AP-Management in die Cloud zu verlagern oder vielleicht sogar den Anbieter zu wechseln. Solche Chancen bieten sich den Betreibern großer WLAN-Netzwerke nicht oft, daher sollte man die Relevanz nicht unterschätzen.
Nachteile von Wi-Fi 6E
Wie bei jeder Technologie sind auch bei Wi-Fi 6E einige Nachteile zu beachten. Dabei kann es sich um konkrete Nachteile oder einfach nur um die Kosten des laufenden Betriebs handeln.
Um 6 GHz mit 802.1X-Authentifizierung nutzen zu können, müssen die Geräte WPA3 unterstützen, was einige Unternehmen auf dem falschen Fuß erwischen könnte. Zudem erfordert das neue Spektrum aktualisierte Support Tools, etwa Messgeräte, Erfassungssoftware und Spektrumanalysatoren. Unternehmen müssen unter Umständen LAN-Switches für Power over Ethernet (PoE) und Multigigabit-Uplinks aufrüsten und auch die Verkabelung für die neuen Switches anpassen.
Ein weiterer potenzieller Nachteil sind die Kosten für Wi-Fi-6E-Geräte, zum Beispiel APs und Wi-Fi-6E-Router für den Heimbereich. Diese Geräte können recht teuer sein, vor allem bei umfangreichen Installationen. Da die 6E-Hardware noch recht neu ist, könnten außerdem einige Anbieter erste Codeversionen verpfuschen und in ihren aktuellsten und intensiv vermarkteten 802.11ax-Produkten für Kunden relevante Bugs veröffentlichen. Das ist bei bestimmten Anbietern einfach eine bekannte Tatsache.
Eine weitere Herausforderung für ein Wi-Fi-6E-Netzwerk besteht darin, dass Indoor-APs im Low-Power-Modus arbeiten, während Outdoor-APs die volle Leistung nutzen können. 6E-Bereitstellungen im Außenbereich erfordern Automated Frequency Coordination (AFC). Hierbei sieht ein AP in einer synchronisierten Datenbank nach, um zu gewährleisten, dass er auf einem Kanal landet, der die vorhandenen lizenzierten Nutzer des 6-GHz-Spektrums nicht stören wird. AFC wurde bereits bei anderen Technologien eingesetzt, aber es bleibt abzuwarten, wie reibungslos es mit Wi-Fi 6E funktioniert.
Sollten Sie auf Wi-Fi 6E umsteigen?
Ob man eine bestimmte Umgebung auf Wi-Fi 6E aufrüsten sollte, hängt im Allgemeinen von den Geschäfts- und Netzwerkanforderungen ab, die von Fall zu Fall unterschiedlich sind. Unternehmen benötigen ein fundiertes Know-how über PoE-Kapazitäten, Switch-Funktionen, WLAN-Sicherheitsanforderungen von 6 GHz und die Clientgeräte, die das Netzwerk nutzen werden. Wenn Design und Untersuchungen intern durchgeführt werden, kommt man um die Anschaffung neuer, 6E-fähiger Tools nicht herum.