Web 2.0
Web 2.0 zeichnet sich im Vergleich zu den Anfängen des Webs durch eine größere Benutzerinteraktivität und Zusammenarbeit, eine umfassendere Netzwerkanbindung und verbesserte Kommunikationskanäle aus.
Einer der größten Unterschiede zwischen Web 2.0 und dem ursprünglichen World Wide Web (WWW, rückblickend auch als Web 1.0 bezeichnet) ist die stärkere Kollaboration zwischen den Internetnutzern, Content Providern und beteiligten Unternehmen.
Ursprünglich wurden Informationen auf Webseiten nur passiv dargestellt. Benutzer haben sich Inhalte lediglich angeschaut, durchgelesen oder heruntergeladen. Zunehmend haben User aber mehr und mehr eigene Inhalte hinzugefügt. In vielen Fällen wurde von Benutzern sogar die komplette Kontrolle über die Webseite übernommen.
Die starke soziale Ausrichtung von Web 2.0 ist ein weiterer Unterschied gegenüber dem ursprünglichen, überwiegend statischen Web. Heute ermöglichen Webseiten gruppenbasierte Eingaben, Interaktionen, Content Sharing und Collaboration. Die verschiedenen Social-Media-Webseiten und deren Anwendungen bieten Foren, Microblogging, Wikis, Social Networking, Social Bookmarking und Social Curation an.
Elemente von Web 2.0
Wikis sind Webseiten, die es Benutzern ermöglichen, eigene Inhalte zu erstellen, zu editieren oder in einer Gruppe zusammenzuarbeiten. Wikipedia ist eine der ältesten und bekanntesten Wiki- Webseiten.
Die zunehmende Ausbreitung von Software as a Service (SaaS), Webanwendungen und Cloud Computing anstelle von On-Premises-Software und -Services.
Mobile Computing ist der Trend, immer online sein zu müssen, egal wo man sich gerade befindet. Dieser Trend wird vor allem durch die zunehmende Nutzung von Smartphones, Tablets und anderen Mobilgeräten in Kombination mit leicht zugänglichen WLAN-Verbindungenund schnelleren Datenverbindungen über das Mobilfunknetz gefördert.
Mash-ups sind Webseiten oder Anwendungen, bei denen ergänzende Inhalte aus zwei oder mehr Quellen integriert werden.
Social Networking umfasst den Ausbau der beruflichen und/oder privaten Kontakte durch persönliche Verbindungsaufnahmen über Social-Media-Seiten wie Facebook, Twitter, LinkedIn oder Google+.
Kollaborative Projekte, die darauf basieren, dass man eine große Anzahl an Teilnehmern und deren Ressourcen erreichen kann. Beispiele dafür sind Crowdsourcing, Crowdfunding und Crowdsource Testing.
Benutzergenerierte Inhalte (User-generated Content, UGC) sind zum Beispiel Texte, Bilder, Audio- und Videodateien, die sich völlig frei nutzen lassen.
Unified Communications (UC) ist die einheitliche Integration von mehreren Kommunikationsformen, zum Beispiel Telefon, Multimedia und Textnachrichten, die vom einzelnen Endanwender für seine geschäftlichen und privaten Kommunikationsformen einheitlich kontrolliert werden.
Social Curation bezeichnet die gemeinsame Nutzung von individuell erstellten Inhalten, die sich auf ein oder mehrere Themen fokussieren. Bekannte Social-Curation-Webseiten sind Reddit, Digg, Pinterest und Instagram.
Die Geschichte des Web 2.0
Die grundlegenden Komponenten, die zu Web 2.0 führten, waren die Fortschritte bei Ajax und anderen Anwendungen, wie RSS und Eclipse. Diese ermöglichten und unterstützten den Aufbau von mächtigen User-Engagement-Seiten. Darcy DiNucci, eine Beraterin für IT-Architekturen, prägte 1999 den Begriff Web 2.0 in ihrem Artikel Fragmented Future (PDF). Hier sinngemäß übersetzt:
„Das Web, so wie wir es heute kennen, das in einem Browserfenster bildschirmfüllend geladen wird, ist nur ein Embryo des kommenden Webs. Die ersten Schimmer des Web 2.0 beginnen zu scheinen, und wir beginnen gerade erst zu sehen, wie sich dieser Embryo entwickeln könnte. Das Web wird nicht als Bildschirm voller Text und Grafik verstanden, sondern als ein Transportmechanismus, der Äther, durch den Interaktivität stattfindet.“
Die weitere Verbreitung des Begriffs Web 2.0 wird Tim O'Reilly zugesprochen. Er veranstaltet 2004 eine gleichnamige Konferenz, auf der es einerseits um aktuelle Webprobleme, andererseits aber auch um Webkonzepte der nächsten Generation ging. O'Reilly Media hat sich in der Folge energisch für den Versuch eingesetzt, das Urheberrecht für Web 2.0 durchzusetzen und veranstaltet eine jährliche Konferenz gleichen Namens.
Kontroverse um Web 2.0
Kritiker des Web 2.0 argumentieren, dass es mittlerweile zu einfach ist, Online-Inhalte zu beeinflussen, was sich auf die Glaubwürdigkeit, Ethik und sogar Rechtmäßigkeit von Webinhalten auswirken kann.
Der Umfang des Datenaustausches und der Datenerhebung wirft auch Bedenken in Bezug auf Datenschutz und Sicherheit auf. Verteidiger des Web 2.0 weisen darauf hin, dass diese Probleme seit den Anfängen des Mediums bestehen. Die Alternative - eine Zensur auf Grundlage eines undefinierten Elitismus – ist aus ihrer Sicht viel schlimmer. Das endgültige Urteil über jegliche Webinhalte, sagen die Verteidiger, sollte allein von Endanwendern getroffen werden. Web 2.0 spiegelt die Entwicklung in diese Richtung wider.
Web-2.0-Technologien
Die meisten Web-2.0-Techniken sind sogenannte Rich-Web-Technologien. Neben Ajax, RSS und Eclipse gehören (oder gehörten) dazu vor allem Adobe Flash, Microsoft Silverlight und JavaScript.
Viele Web-2.0-Anwendungen basieren auf dezentralen Downloads, eine Methode mit der zum Beispiel BitTorrent erfolgreich war. Bei diesem Verfahren wird aus jedem Computer, auf dem ein Download erfolgreich abgeschlossen wurde, anschließend automatisch ein Upload-Server.
Die dezentrale Lastverteilung erlaubt es, dass viele Menschen gleichzeitig eine Datei herunterladen können. Dies ist immer dann von Vorteil, wenn aufgrund eines hohen Spitzenbedarf eine zentrale Lösung schnell überlastet ist.
Fertigung 2.0
Die Integration von herkömmlichen Fertigungsverfahren in die Kommunikationslösungen des Web 2.0 wird auch als Fertigung 2.0 bezeichnet. Hierbei werden alle typischen Web-2.0-Anwendungen und Services in die Fertigungs-IT eingebunden. Damit wird jede einzelne Produktphase von der Entwicklung bis zur Produktion unterstützt.
Der Einsatz dieser Tools und Technologien schafft eine bessere Zusammenarbeit, was wiederum zu einer gemeinsamen Nutzung und Strukturierung aller Unternehmensinformationen führt. Im Idealfall bewirkt dies ein besser durchdachtes Design und eine effizientere Produktion.
Enterprise 2.0
Die Einbindung von Web-2.0-Technologien in die Geschäftsprozesse eines Unternehmens sowie in die Intranets und Extranets wird häufig auch Enterprise 2.0 genannt. Die meisten Enterprise-2.0-Anwender nutzen hierbei eine Kombination aus Blogs, Social Networking und Social Collaboration sowie kostenlose, bezahlte und selbstentwickelte Technologien.
Der Begriff Enterprise 2.0 wurde ursprünglich vom Harvard-Professor Andrew McAfee geprägt, nachdem er einen Artikel in der Uni-Zeitschrift MIT Sloan Management Reviewmit dem Titel Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration veröffentlicht hatte.
Web 2.0 Selbstmord
Social Networking gilt als synonym zu Web 2.0. Folglich gilt das Löschen des eigenen Profils in den Social-Networking-Plattformen als Web 2.0 Selbstmord (Web 2.0 Suicide). Es gibt mittlerweile Webprogramme, die einem das Löschen der Internetpräsenz abnehmen.
Hierzu gehört beispielsweise der kostenlose Webservice Web 2.0 Suicide. Diese Anwendung löscht automatisch Benutzerinformationen auf den wichtigsten Social-Networking-Plattformen, unter anderem Facebook, MySpace, LinkedIn und Twitter. Anschließend wird der User der Facebook-Gruppe Social Network Suicidershinzugefügt, bevor das finale Logout erfolgt.
Die Zukunft von Web 2.0: Web 3.0
Einige Branchenexperten sehen in Web 2.0 bereits eine abflauende Übergangsphase zwischen den frühen Tagen des World Wide Web (WWW) und einer neuen, wesentlich erweiterten, Internetphase. Dieses nennen sie Web 3.0, welche ein sogenanntes semantisches Web umschreibt.
Der Erfinder des World Wide Web, Sir Tim Berners-Lee, verweist zum Beispiel darauf, dass das Web heute intelligenter gestaltet werden kann, um die Wünsche eines Benutzers intuitiver zu erfüllen. Er stützt sich dabei auf die Erkenntnis, dass etwa Suchmaschinen zwar das gesamte Web indexieren, aber dennoch nicht in der Lage sind, nur die Seiten auszuwählen, die der User wirklich sucht und benötigt.
Er schlägt vor, dass Softwareentwickler und Webautoren, einzeln oder in Zusammenarbeit, Selbstbeschreibungen oder ähnliche Techniken verwenden, damit neue kontextbezogene Programme die Informationen, die für einen Benutzer relevant sein könnten, besser klassifizieren können.
Web 3.0 beinhaltet die Veröffentlichung von Webressourcen in Sprachen, die für Daten vorgesehen sind (zum Beispiel XML, RDF, OWL und XHTML). Diese lassen sich durch Metadaten ergänzen, welche es speziellen Anwendungen ermöglichen, Inhalte zu analysieren, zu klassifizieren und für eine persönlichere Relevanz bereitzustellen. Die Gruppe Semantic Annotations for Web Services des W3C definiert die Spezifikationen für das Web 3.0.
Ubiquitous Computing
Das Modell der automatischen Datenklassifizierung und deren Verteilung im Web 3.0 schafft eine Basis für ein allgegenwärtiges Computing (Ubiquitous Computing). Ubiquitous Computing, auch bekannt als Pervasive Computing, ist ein Szenario, in dem die eingebettete Verarbeitung in Alltagsobjekten die Kommunikation und den unauffälligen Datenaustausch in der gesamten Umgebung des Benutzers ermöglicht.
Das Konzept überschneidet sich mit dem des Internet der Dinge (IoT), bei dem fast jede denkbare Entität oder jedes denkbare Objekt mit einer eindeutigen Kennung (UID) und der Möglichkeit zum automatischen Datenaustausch ausgestattet werden kann. Ein Beispiel für dieses Konzept ist ein Kühlschrank, der eine Einkaufsliste an das Smartphone sendet.
Nachfolgend ein Ted Talk mit Tim Berners-Lee über die Zukunft des Internets (in Englisch):