VoIP (Voice over Internet Protocol)
Unter VoIP (Voice over Internet Protocol, Voice over IP) versteht man die Übertragung von Sprache und Multimediainhalten über eine Internetverbindung. Mit VoIP können Nutzer von einem Computer, einem Smartphone, anderen mobilen Geräten, speziellen VoIP-Telefonen und WebRTC-fähigen Browsern aus Sprachanrufe tätigen. VoIP ist eine Technologie, die sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen interessant ist, da sie in der Regel weitere Funktionen umfasst, die bei herkömmlichen Telefondiensten nicht zu finden sind. Zu diesen Funktionen gehören beispielsweise die Anrufaufzeichnung, eine individuelle Anrufer-ID oder Voicemail to E-Mail. Auch für Unternehmen bietet sich dadurch eine ideale Möglichkeit, die Kommunikation zu vereinheitlichen.
Das Verfahren funktioniert ähnlich wie ein normales Telefon, aber VoIP nutzt eine Internetverbindung anstelle der Leitungen einer Telefongesellschaft. VoIP wird durch eine Gruppe von Technologien und Methoden realisiert, die zur Bereitstellung von Sprachkommunikation über das Internet verwendet werden, etwa Unternehmens-LANs oder -WANs.
Ein VoIP-Service wandelt die Stimme eines Benutzers von Audiosignalen in digitale Daten um und sendet diese dann über das Internet. Wenn ein anderer Benutzer von einer normalen Telefonnummer aus anruft, wird das Signal wieder in ein Telefonsignal umgewandelt, bevor es diesen Benutzer erreicht.
VoIP kann auch das Routing von ein- und ausgehenden Anrufen über bestehende Telefonnetze übernehmen. Einige VoIP-Dienste funktionieren jedoch möglicherweise nur über einen Computer oder ein VoIP-Telefon.
VoIP und Unified Communications
VoIP konsolidiert Kommunikationstechnologien zu einem einheitlichen System. Das bedeutet, dass VoIP in der Lage ist, eine Reihe von audio-, video- oder textbasierten Kommunikationsverfahren zu unterstützen. Dies kann besonders für Unternehmen nützlich sein, damit IT-Teams nicht mit mehreren unterschiedlichen Anwendungen arbeiten müssen, um effektiv miteinander zu kommunizieren.
Zu diesem Zweck ermöglicht VoIP es den Anwendern, mit Geräten wie Computern, Smartphones oder anderen mobilen Geräten zu telefonieren und Webkonferenzen durchzuführen.
Zu den üblichen Funktionen gehören:
- Audioanrufe
- Videoanrufe
- Voicemail
- Instant Messaging
- Team-Chats
- SMS-Nachrichten
- Mobile und Desktop-Apps
- Portierbarkeit von Mobilfunk- und Festnetznummern (somit kann ein Teilnehmer einen neuen Telefonanbieter wählen, ohne eine neue Nummer zu benötigen)
Geräte für VoIP
Es gibt zwei Haupttypen von VoIP-Telefonen: hardwarebasierte und softwarebasierte.
Ein hardwarebasiertes VoIP-Telefon sieht aus wie ein herkömmliches kabelgebundenes oder schnurloses Telefon und besitzt ähnliche Merkmale, zum Beispiel einen Lautsprecher oder ein Mikrofon, ein Touchpad und eine Anzeige der Anrufer-ID. VoIP-Telefone können auch Voicemail, Konferenzschaltungen und Rufumleitung unterstützen.
Softwarebasierte IP-Telefone, auch Softphones genannt, sind Softwareclients, die auf einem Computer oder mobilen Gerät installiert werden. Die Benutzeroberfläche von Softphones ist oft einem Telefon nachempfunden mit einem Touchpad und einer Anzeige der Anrufer-ID.
Zum Telefonieren wird ein mit einem Mikrofon ausgestattetes Headset an den Computer oder das Mobilgerät angeschlossen. Benutzer können auch über ihren Computer oder ihr mobiles Gerät telefonieren, wenn diese über ein eingebautes Mikrofon und einen Lautsprecher verfügen.
Wie funktioniert VoIP?
VoIP-Dienste wandeln die Stimme eines Benutzers von Audiosignalen in digitale Daten um. Diese werden dann per Ethernet oder WLAN an einen oder mehrere andere Nutzer gesendet. Dazu verwendet VoIP Codecs.
Codecs arbeiten entweder hardware- oder softwarebasiert. Bei diesem Vorgang werden große Mengen von VoIP-Daten komprimiert und dekomprimiert. Die Sprachqualität kann unter der Komprimierung leiden, aber sie verringert die Bandbreitenanforderungen. Die Anbieter verwenden auch ihre eigenen, proprietären Codecs.
Beim Senden von Daten an andere Benutzer werden Audiodaten in Datenpakete gekapselt, die Pakete über ein IP-Netzwerk übertragen und am anderen Ende der Verbindung entkapselt, so dass man wieder Audiodaten erhält.
In privaten wie Unternehmensnetzwerken kommt in der Regel Quality of Service (QoS) zum Einsatz, um den Sprach-Traffic gegenüber latenzunempfindlichen Anwendungen zu priorisieren und so eine akzeptable Sprachqualität zu gewährleisten.
Weitere Komponenten eines typischen VoIP-Systems sind:
- Eine IP-PBX, um Benutzerrufnummern, Geräte, Funktionen und Clients zu verwalten.
- Gateways, um Netzwerke zu verbinden und bei einem Netzwerkausfall ein Failover oder lokale Ausfallsicherheit zu gewährleisten.
- Session Border Controller (SBC), die für Sicherheit und die Koppelung von Netzwerken sorgen sowie das Management von Anrufrichtlinien ermöglichen.
Ein VoIP-System kann auch Datenbanken zur Standortlokalisierung für Call-Routing- und -Managementplattformen bei Notrufen enthalten. Damit lassen sich Daten zur Anruf-Performance für ein reaktives und proaktives Management der Sprachqualität erheben.
Indem leitungsvermittelte Netze für die Sprachübertragung entfallen, reduziert VoIP die Kosten für die Netzwerkinfrastruktur und ermöglicht es den Providern, Sprachdienste über Breitband und private Netzwerke bereitzustellen. Dadurch dürfte es Unternehmen auch leichter fallen, ein einziges Sprach- und Datennetzwerk zu betreiben.
VoIP macht sich zudem die Resilienz IP-basierter Netze zunutze, indem es ein schnelles Failover nach Ausfällen und eine redundante Kommunikation zwischen Endpunkten und Netzwerken ermöglicht.
VoIP: Protokolle und Standards
VoIP-Endpunkte verwenden im Allgemeinen entweder Standard-Codecs der International Telecommunication Union (ITU) oder speziell entwickelte Codecs. Dazu gehören folgende Elemente:
- 711 ist der Standard für die Übertragung von unkomprimierten Paketen.
- 729 ist der Standard für komprimierte Pakete.
- Das Transmission Control Protocol (TCP) wird verwendet, um eine Nachricht in kleinere Pakete aufzuteilen. Währenddessen kümmert sich IP um das Senden und die Zustellung der Pakete.
- Mit dem ITU-Protokoll 38 lassen sich Faxe in Echtzeit über ein VoIP- oder IP-Netzwerk senden. VoIP nutzt dieses Protokoll typischerweise für die Unterstützung von nicht sprachlicher Kommunikation.
- Das Real-Time Transport Protocol (RTP) wird verwendet, nachdem die Sprache in IP gekapselt ist.
- Das Secure Real-Time Transport Protocol (SRTP) fungiert als verschlüsselte Variante von RTP.
- Das Session Initiation Protocol (SIP) ist ein strenger Standard für die Signalisierung, der am häufigsten für den Aufbau, die Aufrechterhaltung und das Beenden von Anrufen zum Einsatz kommt.
- Das Protokoll 248 beschreibt ein Gateway Control Protocol, das eine zentralisierte Architektur für die Erstellung von Multimediaanwendungen definiert.
- Bei 323 handelt es sich um ein Signalisierungsprotokoll, das zur Steuerung und Verwaltung von Anrufen verwendet wird.
- Das Extensible Messaging and Presence Protocol (XMPP) ist für das Management von Kontaktlisten, Instant Messaging und Präsenzinformationen zuständig.
- Skinny ist ein weiteres Signalisierungsprotokoll, wobei es sich um einen proprietären Cisco-Standard handelt.
- Das Session Description Protocol (SDP) wird zur Initiierung und Ankündigung von Sitzungen für die Multimediakommunikation sowie für WebSocket-Übertragungen genutzt.
Vorteile und Nachteile von VoIP
Zu den Vorteilen von VoIP gehören folgende Punkte:
- Geringere Kosten: Der Preis fällt in der Regel niedriger aus als bei herkömmlichen Telefongesprächen.
- Bessere Tonqualität: Bei unkomprimierten Daten ist der Ton weniger dumpf oder verzerrt.
- Zugang für Remote-Mitarbeiter: Vorteilhaft für Mitarbeiter, die remote arbeiten, da ihnen eine Reihe von Optionen zur Verfügung stehen, um an Besprechungen teilzunehmen oder mit anderen Teammitgliedern zu kommunizieren.
- Zusätzliche Funktionen: Dazu zählen Anrufaufzeichnung, Warteschlangen, individuelle Anrufer-ID oder Voicemail to E-Mail.
- Niedrige Auslandstarife: Bei einem internationalen Anruf über das Festnetz muss im Hintergrund eine Leitung gemietet werden, damit der Anruf ins Ausland übertragen werden kann. VoIP benötigt keine feste Leitung und nutzt für Anrufe das Internet. Infolgedessen fällt nur normaler Traffic an, so dass geringere Kosten entstehen.
Trotz dieser Vorteile können VoIP-Dienste auch einige Nachteile haben. Dazu zählen folgende Aspekte:
- Nicht alle Services lassen sich direkt mit Notfalldiensten verbinden.
- VoIP erfordert eine sehr schnelle Internetverbindung.
- Die Services funktionieren nicht bei Stromausfällen.
- Je nach VoIP-Dienst gibt es möglicherweise keine Telefonauskunft.
Die Geschichte von VoIP
Der Begriff VoIP bezog sich ursprünglich auf die Nutzung von Internetprotokollen für die Anbindung von Telefonanlagen (Private Branch Exchanges, PBX), wird aber heute synonym für IP-Telefonie verwendet. Paul Baran und andere Forscher arbeiteten an ersten Versionen für paketorientierte Netzwerkdesigns. 1973 demonstrierte Danny Cohen als Erster eine Form von paketvermittelter Telefonie über das frühe ARPANET. Ein Jahr später wurde das erste erfolgreiche Echtzeitgespräch über das ARPANET geführt. Drei Jahre danach, im Jahr 1977, wurde UDP zur Übertragung von Echtzeit-Traffic eingesetzt.
Die 1990er Jahre
1991 kam mit Speak Freely die erste VoIP-Anwendung heraus. Ein Jahr später brachte InSoft ein Desktop-Conferencing-Produkt namens Communique auf den Markt. Communique enthielt vor allem Optionen für Videokonferenzen. InSoft wird oft eine zentrale Rolle bei der Einführung der ersten Generation kommerzieller VoIP-Dienste in den Vereinigten Staaten zugeschrieben.
1994 verpflichtete die FCC VoIP-Provider dazu, den Communications Assistance for Law Enforcement Act einzuhalten, ein im gleichen Jahr verabschiedetes US-Gesetz, das Abhörmaßnahmen durch Strafverfolgungsbehörden legitimiert. Darüber hinaus mussten VoIP-Anbieter nun Beiträge für den Universal Service Fund entrichten, ein Subventionssystem, das den universellen Zugang zu Telekommunikationsdiensten in den USA fördern soll.
1995 begannen Intel, Microsoft und Radvision, VoIP-Systeme zu standardisieren. Ein Jahr später entwickelte die ITU-T Standards für die Übertragung und Signalisierung von Sprache über IP-Netzwerke und legte den Standard H.323 fest. Der Standard G.729 wurde ebenfalls eingeführt, und 1999 wurde SIP standardisiert.
Die 2000er Jahre
2005 begann die FCC, VoIP-Provider zu verpflichten, Notrufe zu unterstützen. Dies eröffnete VoIP die Möglichkeit, Anrufe über herkömmliche Telefonnetze zu tätigen und zu empfangen. Notrufe funktionieren mit VoIP jedoch anders. Beispielsweise kann ein Provider mit der richtigen Hardwareinfrastruktur den ungefähren Standort des anrufenden Geräts ermitteln – anhand der IP-Adresse, die dem Netzwerkrouter zugewiesen ist.
Ein weiterer Codec, das G.729.1-Protokoll, wurde 2006 vorgestellt. Ein Jahr danach begannen die Hersteller von VoIP-Geräten, in Asien zu expandieren. 2009 wurde der SILK-Codec eingeführt, der vor allem für Sprachanrufe in der Microsoft-Anwendung Skype zum Einsatz kommt.
Im Jahr 2010 präsentierte Apple den LD-MDCT-basierten AAC-LD-Codec, der insbesondere in Facetime Verwendung findet.