Mitarbeitererfahrung (Employee Experience, EX)
Die Mitarbeitererfahrung beschreibt die Wahrnehmung der Berührungspunkte eines Arbeitnehmers mit einem Arbeitgeber, angefangen bei der Bewerbung bis hin zum Ausscheiden aus dem Unternehmen. Der physische Arbeitsplatz, Unternehmenskultur und Technologie sind wichtige Komponenten der Mitarbeitererfahrung, die auch als Mitarbeitererlebnis oder Employee Experience (EX) bezeichnet wird.
Vorteile einer positiven Mitarbeitererfahrung
Die Stärkung der Mitarbeitererfahrung hat zahlreiche Vorteile, die alle mit der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter verbunden sind und zu höheren Gewinnen und einer besseren Positionierung auf dem Markt führen können. Dazu gehören:
- Engagiertere, produktivere Mitarbeiter. Unzufriedene Mitarbeiter können Unternehmen jedes Jahr viel Geld kosten, da sie die Produktivität und Rentabilität senken und die Fehlzeiten erhöhen. Im Gegensatz dazu sind engagierte Mitarbeiter produktiver und bringen weitere Vorteile mit sich, wie zum Beispiel eine bessere Mitarbeiterbindung und Sicherheit am Arbeitsplatz.
- Niedrigere Abwesenheitsraten. Unzufriedene Mitarbeiter sind eher bereit, dem Arbeitsplatz fernzubleiben, was sich wiederum negativ auf die Arbeitsmoral, die Produktivität und die Finanzlage auswirkt. Zufriedene Mitarbeiter haben eine geringere Fehlzeitenquote.
- Höhere Qualität der Arbeit. Nach Untersuchungen des Psychologen Shawn Achor von der Harvard University beeinflusst das Glücksniveau den beruflichen Erfolg stärker als der IQ oder die Fähigkeiten. Ein „glückliches“ Gehirn sieht zum Beispiel mehr Möglichkeiten und ist kreativer.
- Verbesserte Kundenbeziehungen. Die Erfahrung der Mitarbeiter wirkt sich auf alle Bereiche des Unternehmens aus, auch auf die Kundenerfahrung (Customer Experience, CX). Tatsächlich glauben viele Branchenexperten, dass die Kundenerfahrung direkt mit der Mitarbeitererfahrung zusammenhängt. Zufriedene Mitarbeiter sind eher in der Lage, bessere Stimmungen und Emotionen zu vermitteln, wenn sie mit Kunden interagieren. Sie neigen auch dazu, mehr Engagement und Verständnis für Produkte und Dienstleistungen zu zeigen, was sie wiederum in die Lage versetzt, den Kunden besser zu unterstützen.
Warum ist die Erfahrung der Mitarbeiter wichtig?
Die oben genannten Vorteile der Mitarbeitererfahrung machen deutlich, warum die Mitarbeiterzufriedenheit eine wichtige Priorität sein sollte. Hier ist ein detaillierterer Blick auf die Gründe.
Die erfolgreichsten Unternehmen ziehen Top-Talente an und halten sie. In wirtschaftlich guten Zeiten ist der Wettbewerb um Spitzentalente hart, und der Bedarf an effektiver Talentgewinnung und -bindung wächst. In schwierigen Zeiten, wie zum Beispiel der COVID-19-Pandemie und der Rezession, kann die Beachtung der Mitarbeitererfahrung Unternehmen unterstützen, wettbewerbsfähiger zu werden und die schlimmsten Auswirkungen zu verhindern.
Im Allgemeinen haben Unternehmen, die eine positive Mitarbeitererfahrung bieten, auch hohe Zustimmungswerte bei der Kundenerfahrung und ein positives Umsatzwachstum. Die Wahrnehmungen und Erfahrungen der Mitarbeiter wirken sich auf alle anderen Aspekte der Unternehmensprozesse aus. Zufriedene Mitarbeiter, die ihre Erfahrungen als gut empfinden, sind engagierter und erledigen ihre Aufgaben effektiver und effizienter.
Die Erfahrungen der Mitarbeiter wirken sich direkt auf andere spezifische Aspekte des Arbeitsplatzes aus. So ist es beispielsweise wahrscheinlicher, dass Mitarbeiter, die positive Erfahrungen gesammelt haben, sich an ein Unternehmen binden und dort bleiben, als Mitarbeiter, die negative Erfahrungen gemacht haben.
Sie werben auch eher für das Unternehmen als einen großartigen Arbeitsplatz, was zu mehr Empfehlungen für offene Stellen und einer höheren Besetzungsrate führt, da die meisten Arbeitssuchenden sich leicht von der Wahrnehmung der Arbeitserfahrung und der Unternehmenskultur durch die Mitarbeiter beeinflussen lassen. Dies ist einer der Gründe, warum Websites mit Unternehmensbewertungen, zum Beispiel Glassdoor, immer beliebter werden.
Schlechte Bewertungen halten Bewerber von einem Unternehmen ab, während gute Bewertungen sie anlocken. Die Erfahrungen der Mitarbeiter wirken sich auch auf das Engagement der Arbeitnehmer aus. Ein höheres Engagement verbessert die Unternehmenskultur und steigert die Produktivität, was sich letztendlich positiv auf die Einnahmen und Gewinne des Unternehmens auswirkt.
Mitarbeitererfahrung versus Mitarbeiterengagement
Der Unterschied zwischen Mitarbeitererfahrung und Mitarbeiterengagement (Employee Engagement) liegt in der Unterscheidung zwischen Erfahrung und Engagement. Einfach ausgedrückt ist die Mitarbeitererfahrung ganzheitlich und umfasst alles, was ein Mitarbeiter denkt, fühlt und sieht. Im Gegensatz dazu bezieht sich das Mitarbeiterengagement darauf, wie positiv ein Mitarbeiter mit seiner Arbeit beschäftigt ist oder sich für sie engagiert. Das Mitarbeiterengagement ist ein Ergebnis des Gesamterlebnisses und steht in der Regel in einem viel engeren Zusammenhang mit der Produktivität.
Mitarbeiterengagement – im Gegensatz zum Mitarbeitererlebnis – wird oft mit einem engen Fokus auf technologische Tools, Messungen oder Vergünstigungen wie kostenloses Essen in Verbindung gebracht. Diese Faktoren können Teil einer Strategie für die Mitarbeitererfahrung sein, aber sie ersetzen nicht einen ganzheitlichen und langfristigen Ansatz zur Schaffung zufriedener, loyaler und produktiver Mitarbeiter.
Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Definitionen von Mitarbeitererfahrung und Mitarbeiterengagement und damit verbundene Unterschiede gibt. Marktanalysten haben möglicherweise jeweils ihre eigene spezifische Definition.
Wie man eine gute Mitarbeitererfahrung schafft
Die Mitarbeitererfahrung ist keine einmalige Angelegenheit. Die Schaffung einer positiven Mitarbeitererfahrung ist in Anbetracht der plötzlichen Zunahme der Fernarbeit aufgrund der COVID-19-Pandemie sogar noch wichtiger.
Unternehmen, die sich durch ihr Engagement für ihre Mitarbeiter und eine Geschäftsstrategie auszeichnen, die sich auf Werte, Mission und höhere Ziele konzentriert, bieten in der Regel eine bessere Mitarbeitererfahrung. Unternehmen mit vorbildlichen Mitarbeitererfahrungen bieten auch eine gute Vergütung und Sozialleistungen sowie ein von Vertrauen und Respekt geprägtes Umfeld zwischen Arbeitnehmern und ihren Führungskräften, in dem auch negatives Feedback erwünscht ist. Dies fördert eine ehrliche Rückmeldung der Mitarbeiter, welche die Personalabteilung und die Unternehmensleitung nutzen können, um Verbesserungen vorzunehmen.
Da der physische Arbeitsplatz, die Kultur und das emotionale Wohlbefinden sowie die Technologie alle eine Rolle bei der Schaffung einer guten Mitarbeitererfahrung spielen, müssen Unternehmens- und Personalleiter allen drei Bereichen Aufmerksamkeit schenken. Zum Beispiel unterstützen individuelle Arbeitsräume, Investitionen in Kultur und Work-Life-Balance und eine benutzerfreundliche Technologie die Produktivität.
Auch das Leistungsmanagement kann dazu beitragen, dass sich die Mitarbeiter wohl fühlen. Erfolgreiche Manager wissen, dass dies über eine Performance-Management-Software hinausgeht. Aus diesem Grund ist die Entwicklung von Führungskräften eine entscheidende Komponente zur Verbesserung der Mitarbeitererfahrung. Hier sind drei Faktoren für ein erfolgreiches Leistungsmanagement:
- Führungskräfte und Manager konzentrieren sich darauf, die persönlichen und beruflichen Ziele und Werte der Mitarbeiter mit dem Zweck, den Werten und der Mission des Unternehmens in Einklang zu bringen. Das Gefühl der Sinnhaftigkeit ist ein entscheidender Faktor für eine positive Mitarbeitererfahrung.
- Führungskräfte und Manager bieten ihren Mitarbeitern Möglichkeiten, ihre Leidenschaft für ihre Arbeit zu entfalten, um ein Gefühl der Erfüllung zu schaffen und produktiver zu werden.
- Führungskräfte und Manager fördern die Fähigkeit der Mitarbeiter, sich neue Fähigkeiten und Kenntnisse anzueignen, die sie benötigen, um nicht nur ihre Arbeit zu erledigen, sondern auch hervorragende Leistungen zu erbringen und einen größeren Beitrag zum Unternehmen zu leisten.
In ähnlicher Weise wirkt sich auch die Anerkennung der Mitarbeiter auf die Erfahrung der Mitarbeiter aus. Vorgesetzte sollten Mitarbeiter feiern, wenn sie ihre Leistungskennzahlen (Key Performance Indicator, KPI) oder Verkaufsziele erreichen. Die Anerkennung harter Arbeit gibt den Mitarbeitern das Gefühl, dass sie ein wertvoller, unverzichtbarer Teil des Unternehmens sind, und dass das, was sie tun, wichtig ist.
Auch das Feedback der Mitarbeiter ist wichtig. Gelegenheiten zum Einholen von Feedback gibt es bereits bei Bewerbern, die den Einstellungsprozess durchlaufen, bis hin zu Austrittsgesprächen. Das Sammeln von kontinuierlichem Mitarbeiter-Feedback liefert wichtige Informationen, wie zum Beispiel:
- den Zeitpunkt, zu dem sich Bewerber für ein Unternehmen entscheiden
- die Effektivität von Onboarding-Prozessen
- Veränderungen der Mitarbeitererfahrungen, wenn ein Unternehmen wächst
- Ideen der Mitarbeiter für Verbesserungen
- verschiedene Möglichkeiten, wie das Management mit den Mitarbeitern in Kontakt treten kann
Framework für Mitarbeitererfahrungen
Ein Framework für die Mitarbeitererfahrung ist im Wesentlichen eine Struktur oder Strategie zur Verbesserung der Mitarbeitererfahrung.
Die Mitarbeitererfahrung lehnt sich stark an den Bereich des Kundenerfahrungsmanagements (Customer Experience Management, CEM) an, auf dem sie basiert. Aufgrund dieser Grundlage werden bei der Erstellung von Frameworks für Mitarbeitererfahrungen in der Regel Design-Thinking-Strategien eingesetzt, um das Arbeitsumfeld, die Kultur, die Personaldienstleistungen und die Veranstaltungen des Unternehmens zu optimieren.
Genauso wie Marketingspezialisten daran arbeiten, das gesamte Kundenerlebnis an den Berührungspunkten über die gesamte Customer Journey hinweg zu verstehen, können Unternehmens- und HR-Führungskräfte Employee Journey Maps erstellen, das heißt grafische Darstellungen des organisatorischen Weges eines Mitarbeiters, die möglicherweise auf den Lebenszyklus des Mitarbeiters abgestimmt sind.
Employee Journey Maps konzentrieren sich in der Regel auf wichtige Momente, das heißt auf die Punkte, die das Erlebnis am stärksten beeinflussen. Sie können sich auch auf eine bestimmte Art von Mitarbeiter-Persona oder einen bestimmten Teil der Reise konzentrieren. Diese Maps sind der Schlüssel zum Aufbau eines erfolgreichen Frameworks.
Die Reise beginnt oft mit der Rekrutierung sowie dem Vorstellungsgespräch und geht dann weiter zu Berührungspunkten wie dem Angebotsschreiben und dem ersten Monat des Mitarbeiters im Unternehmen. Daher sind ein positiver Onboarding-Prozess und eine einfache Eingliederung in das Arbeitsumfeld von entscheidender Bedeutung für die Schaffung eines starken Frameworks für die Mitarbeitererfahrung. Weitere wichtige Berührungspunkte, die sich auf das Framework auswirken, sind die Beurteilungen im ersten Jahr, die Talententwicklung der Mitarbeiter sowie berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und Beförderungen.
Auch die Art und Weise, wie ein Unternehmen auf persönliche Meilensteine wie Heirat und Geburt eines Kindes reagiert, sollte bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Mitarbeitererfahrung berücksichtigt werden. Es sollten nicht nur Pläne und Angebote für eine Auszeit in Betracht gezogen werden, sondern es sollten auch Prozesse implementiert werden, die die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer längeren Auszeit erleichtern.
Umfragen, People Analytics und Einzel- oder Kleingruppengespräche mit den Mitarbeitern können die Genauigkeit und Effektivität der Employee Journey Map eines Unternehmens erhöhen. Arbeitgeber sollten keine Vermutungen darüber anstellen, was ihre Mitarbeiter wünschen oder brauchen, sondern die Mitarbeiter direkt befragen. Die einzigen, die genau wissen, wie man die Mitarbeitererfahrung verbessern kann, sind die Mitarbeiter selbst.
Die Stimme der Führungskraft ist ein wesentliches Element des Frameworks für die Mitarbeitererfahrung. Führungskräfte, zum Beispiel leitende Angestellte und Manager, sind dafür verantwortlich, die Unternehmenskultur zu schaffen und die Unternehmenswerte zu bestätigen. Die Mitarbeiter sollten in der Lage sein, eine Beziehung zu ihren Führungskräften aufzubauen. Führungskräfte sollten den Managern klare Vorgaben machen, was von ihnen erwartet wird, und ihnen gleichzeitig die relevanten Fähigkeiten und Informationen vermitteln, die sie benötigen, um positive Maßnahmen zu ergreifen und die Mitarbeitererfahrung zu verbessern.
Tools zur Messung der Mitarbeitererfahrung
Feedback-Software, einschließlich Umfrage-Tools wie TinyPulse und Subcurrent, welche Umfragen auf der Collaboration-Plattform Slack unterstützen, und Net-Promoter-Score-Umfragen für Mitarbeiter können Bereiche des Unternehmens aufzeigen, die gut funktionieren oder verbessert werden müssen.
Softwareanbieter haben begonnen, Cloud-Plattformen für Mitarbeitererfahrungen anzubieten. Dazu gehören ServiceNow, die HR Portal Software von Willis Towers Watson, ConnectMe von Deloitte und PeopleDoc von Ultimate Software.