IEEE 802.11
Was ist IEEE 802.11?
802.11 ist eine Familie von ständig weiterentwickelnder Spezifikationen für drahtlose lokale Netzwerke (Wireless Local Area Network, WLAN). Um deren Entwicklung und Pflege kümmert sich eine Arbeitsgruppe des IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers). Es gibt mehrere Spezifikationen in dieser Familie, und mit jeder WLAN-Generation kommen neue hinzu.
Bei 802.11 handelt es sich um den ersten Wireless-Networking-Standard, der sich durchgesetzt hat. Die technischen Spezifikationen regeln die Implementierung von WLANs für eine optimale Gerätekompatibilität und -konnektivität. Die 802.11-Spezifikationen umfassen Best Practices, Anforderungen an die physische Hardwareschicht und Algorithmen zur Bewältigung von Ressourcenkonflikten in gemeinsam genutzten Netzwerken.
Die 802.11-Technologien gehen auf eine Entscheidung der Federal Communications Commission (FCC), einer US-Regulierungsbehörde, aus dem Jahr 1984 zurück, das ISM-Frequenzband (Industrial, Scientific and Medical) für die unlizenzierte Nutzung freizugeben. Der ursprüngliche 802.11-Standard wurde 1997 ratifiziert. Seither wurden Dutzende von Änderungen und Überarbeitungen vorgenommen.
Ähnliche IEEE-Normen gibt es für Wireless Metropolitan Area Networks (WMAN). IEEE 802.16 beschreibt die Anforderungen an die physische Schicht. Alle 802-Standards sind immer wieder überarbeitet worden.
Welchen Zweck erfüllt der 802.11-Wireless-Standard?
802.11 spezifiziert die Schnittstelle, die eine OTA-Signalübertragung (Over the Air) zwischen zwei oder mehr Wireless-Clients ermöglicht. Sie ist der wichtigste Übertragungsweg für verschiedene elektronische Geräte, darunter Aktuatoren, Laptops, Smartphones, Tablets und Fernsehgeräte.
Jede 802.11-Version legt eine theoretische Leistungsgrenze fest, etwa Datendurchsatz, Netzwerkbandbreite, Signalreichweite und Funkfrequenzen. Netzwerkanbieter nutzen diese Informationen, um sich beim Produktdesign zu orientieren und zu entscheiden, welche Generationen von Wi-Fi-Technologien sie unterstützen.
Was bedeutet 802.11?
802.11 bezieht sich auf das vom IEEE eingeführte Nummerierungsschema. Das 802-Komitee im IEEE beaufsichtigt die Entwicklung von Industrieprotokollen für drahtlose Netzwerke, darunter auch Ethernet-Netzwerke. Die Zahl 11 in der Bezeichnung 802.11 bezieht sich auf eine Arbeitsgruppe für WLAN-Standards innerhalb des 802-Komitees.
Die ersten 802.11-Iterationen konzentrierten sich auf die Verbesserung von Geschwindigkeit und Datenrate. Die ursprüngliche 802.11-Spezifikation regelte den Betrieb im 2,4-GHz-ISM-Band mit einer Höchstgeschwindigkeit von circa zwei Megabit pro Sekunde (MBit/s), was deutlich unter den Datenraten auf Gigabit-Niveau eines modernen WLANs liegt.
Mit jedem technologischen Fortschritt wurde die erweiterte Spezifikation dadurch gekennzeichnet, dass man der 802.11-Nomenklatur ein Suffix aus einem oder zwei Buchstaben hinzufügte. Mit der Zeit sorgte die Aneinanderreihung von Buchstaben und Zahlen für Verwirrung bei Unternehmen, die versuchten, die Funktionen und Eigenschaften von Herstellerprodukten zu evaluieren.
Um das Ganze zu vereinfachen, hat die Non-Profit-Organisation Wi-Fi Alliance im Jahr 2018 die 802.11-Technologie unter ihrer Marke Wi-Fi neu benannt und die Bezeichnung rückwirkend für frühere Versionen übernommen. Das Firmenkonsortium überwacht auch die Zertifizierung von Herstellerprodukten.
Die numerische Namensgebung spiegelt das Branding von Mobilfunktechnologien wider. Die Version 802.11ax wird zum Beispiel als Wi-Fi 6 bezeichnet, um zu verdeutlichen, dass es sich um die sechste Wireless-Generation handelt.
Wie funktioniert 802.11?
WLAN-Kanäle erfordern Netzwerkgeräte, die für eine hohe Performance konzipiert sind. 802.11 verwendet sechs Halbduplex-OTA-Modulationsverfahren, die eine gemeinsame Netzwerkprotokollschicht nutzen.
802.11 sieht mehrere Funkfrequenzen vor, die Wi-Fi-Geräte zur Kommunikation nutzen, darunter das 900-MHz-, 2,4-GHz-, 3,6-GHz-, 4,9-GHz-, 5-GHz-, 5,9-GHz-, 6-GHz- und 60-GHz-Band. Jede Frequenz lässt sich in mehrere Kanäle unterteilen. Die Menge der für die Lizenzierung verfügbaren Frequenzen variiert je nach Land.
Die ursprünglich für 802.11 verwendete Modulation war die binäre Amplitudenumtastung, die binäre Frequenzumtastung (Frequency Shift Keying, FSK), die binäre Phasenumtastung (Phase-Shift Keying, PSK) und andere Verfahren wie die komplementäre Codetastung (Complementary Code Keying, CCK). Diese Methoden waren im Hinblick auf die Entwicklung von Schaltkreisen einfacher, boten aber eine begrenzte Bitrate. Inzwischen gibt es neuere Modulationsverfahren, die eine höhere Datengeschwindigkeit liefern und die Anfälligkeit eines Netzwerks für Interferenzen verringern.
Das orthogonale Frequenzmultiplexverfahren (Orthogonal Frequency-Division Multiplexing, OFDM) hat seit der Einführung von 802.11a zunehmend an Bedeutung gewonnen, da es die Anzahl der Clients, die sich mit einem gemeinsam genutzten Wireless Access Point verbinden können, erhöht. OFDM lässt sich mit anderen Modulationsverfahren, zum Beispiel der Quadraturamplitudenmodulation (QAM), kombinieren.
802.11 spezifiziert die Verwendung von Carrier Sense Multiple Access/Collision Avoidance (CSMA/CA), einem Algorithmus, der Path Sharing zwischen zwei Sendestationen verwaltet. Die Methodik ähnelt dem 802.3-Standard des IEEE für Ethernet-Netzwerke, unterscheidet sich jedoch in der Implementierung.
Ethernet nutzt ein Vollduplexmodell für die Kollisionsvermeidung (Collision Avoidance), bei dem das Netzwerk mit Geräten gleichzeitig in Sende- und Empfangsrichtung kommunizieren kann. Um Signalkollisionen zu verhindern, erlaubt Ethernet das Senden eines Signals erst dann, wenn es eine Bestätigung erhält, dass der Übertragungsweg frei ist.
Im Gegensatz dazu verwendet ein Wi-Fi-Netzwerk ein Halbduplexmodell, bei dem es entweder möglich ist, zu senden oder zu empfangen, aber nicht beides gleichzeitig. Wi-Fi nutzt ein Medienzugriffsprotokoll, das als Distributed Coordination Function (DCF) bezeichnet wird, um den Signalverkehr zu überwachen. Wenn ein Client auf der Empfangsseite eine Übertragung nicht bestätigt, geht DCF davon aus, dass eine Kollision stattgefunden hat, und wartet eine bestimmte Zeit, bevor es versucht, das Funksignal erneut zu übertragen.
Warum sind die 802.11-Spezifikationen wichtig?
802.11 hat zur Entstehung gängiger Netzwerkprotokolle geführt und ist heute ein allgemein anerkannter Standard, der zur großflächigen Verbreitung von WLANs beiträgt. Für Anbieter stellen 802.11 und seine Erweiterungen eine Blaupause für die Entwicklung kompatibler und interoperabler Netzwerkhardware und -geräte dar.
Auch in Wirtschaft und Gesellschaft ist der Einfluss zu spüren. Durch Erweiterungen und überarbeitete Versionen haben die 802.11-Standards die Forschung und Entwicklung von Basistechnologien, etwa Hochgeschwindigkeits-WLAN-Routern mit redundanter Sicherheit, gefördert. Diese Entwicklung hat zu einer zunehmenden Verfügbarkeit von sicheren WLAN-Hotspots an öffentlichen Orten wie Flughäfen, Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Einkaufszentren und Stadien geführt.
Die Vorteile betreffen auch Verbraucher und Home-Office-Nutzer, die auf WLAN-Router angewiesen sind, um Daten zwischen mehreren intelligenten Geräten in privaten Netzwerken zu übertragen und auszutauschen.
Was ist die 802.11-Familie?
Im Folgenden sind die 802.11-Spezifikationen des IEEE chronologisch aufgeführt. Das Jahr ihrer Veröffentlichung steht in Klammern:
- 802.11 (1997) ist inzwischen veraltet. Die Legacy-Technologie legte zwei Spreizspektrum-Methoden (Spread Spectrum) im 2,4-GHz-Band fest: Frequenzsprung (Frequency Hopping, FHHS) und Direktsequenz (Direct Sequence, DSSS), jeweils mit ein oder zwei MBit/s, sowie Diffuse Infrared (Diffuses Infrarot) mit ein MBit/s.
- 802.11b (1999) steigerte die Geschwindigkeit auf elf MBit/s, indem DSSS im 2,4-GHz-Band zum Einsatz kam. Durch die Nutzung der niedrigeren DSSS-Modi konnten auch schwache Signale verarbeitet werden, so dass es sich als die maßgebliche WLAN-Technologie durchsetzte.
- 802.11a (1999) nutzte eine physische OFDM-Schicht im 5-GHz-Band, um bis zu 54 MBit/s zu übertragen. Der Vorteil des 5-GHz-Bands besteht darin, dass es weniger überfüllt ist, aber die höhere Frequenz kann die effektive Signalreichweite begrenzen.
- 802.11g (2003) verwendete OFDM im 2,4-GHz-Band, um eine ähnliche 54-MBit/s-Übertragung zu erreichen, aber ohne Forward Error Correction (FEC). Allerdings kommt es auch bei diesem Ansatz zu Signalstörungen durch benachbarte Geräte. 802.11g- und 802.11b-Geräte sind kompatibel, die 802.11g-Geräte der Hersteller tragen beide Bezeichnungen.
- 802.11n (2009), auch Wi-Fi 4 genannt, markierte den Beginn der neuen Namensgebung für die Wi-Fi-Standards. Alle 802.11n-Wireless-Produkte unterstützen die MIMO-Technologie (Multiple Input, Multiple Output), bei der mehrere Sender und Empfänger pro Gerät verwendet werden, um mehr Daten gleichzeitig zu übertragen. Die Erweiterung um zusätzliche Antennen erhöht die theoretische Datenrate auf 450 MBit/s im 2,4-GHz-Betrieb. 802.11n ist abwärtskompatibel mit 802.11a-, -11b- und -11g-Netzwerken.
- 802.11ac (2013), beziehungsweise Wi-Fi 5, basiert auf Änderungen an 802.11n. Die maximalen Datenraten erreichen im 5-GHz-Betrieb die Gigabyte-Ebene, mit erweiterter Kanalbreite, doppelter Anzahl an Spatial Streams, einer erhöhten 256-QAM-Bandbreite und verbessertem Multiuser-MIMO.
- 802.11af (2014) ermöglicht den WLAN-Betrieb in sehr hohen und ultrahohen Frequenzbändern, die normalerweise für Fernsehsignale reserviert sind.
- 802.11ah (2017) beschreibt WLANs mit niedrigem Stromverbrauch, die Hotspots mit vergrößerter Reichweite versorgen oder dazu dienen könnten, Traffic-Überlastungen in einem Mobilfunknetz abzufangen. 802.11ah-fähige WLANs können eine Alternative zur Bluetooth-Konnektivität mit geringer Reichweite darstellen.
- 802.11aj (2018), auch als Chinesisches Millimeterwellen-Frequenzband bezeichnet, ist für WLANs in China und anderen Regionen gedacht. Es bietet Abwärtskompatibilität mit 802.11ad, das derzeit überarbeitet wird.
- 802.11ax (2019), beziehungsweise Wi-Fi 6, ist der aktuelle Standard. Er nutzt das 2,4-GHz- und das 5-GHz-Frequenzband, kann optional aber auch das 6-GHz-Band verwenden.
Was ist Wi-Fi 6?
Zertifizierte Wi-Fi 6-Produkte nach IEEE 802.11ax kombinieren MIMO-Antennen mit OFDM, damit Router vier Spatial Streams übertragen können, was zu einer Vervierfachung der maximalen theoretischen Bandbreite pro Stream führt. 802.11ax-Funkmodule können entweder über 2,4 GHz oder 5 GHz senden und empfangen. Wi-Fi 6E oder Wi-Fi 6 Extended ermöglicht Wi-Fi 6 den Betrieb auch im neu unlizenzierten 6-GHz-Spektrum für High-Efficiency WLANs.
Nachfolgestandards für eine schnellere WLAN-Technologie werden von den IEEE-Technikern bereits untersucht, darunter auch:
- Der 802.11be-Entwurf beschreibt die Anforderungen für EHT-Netzwerke (Extremely High Throughput), bekannt unter der Bezeichnung Wi-Fi 7.
- Die 802.11ad-Erweiterung beschreibt die physische Schicht, die für den Betrieb von Netzwerken im 60-GHz-Spektrum erforderlich ist.
- 802.11bd befasst sich mit Wireless-Standards, die es in der Nähe befindlichen Fahrzeugen ermöglichen, autonom Sicherheits- und Verkehrsinformationen auszutauschen.
- 802.11bf ist eine Arbeitsgruppe innerhalb des IEEE-802.11-Komitees, die sich mit WLAN-Sensorik befasst. Dadurch sollen Geräte in der Lage sein, ihre Umgebung und Elemente darin wahrzunehmen.
- 802.11bh ist eine Ergänzung zu einer früheren Fassung, um zu untersuchen, wie sich die zum Schutz mobiler Clients zufällige und wechselnde MAC-Adresse auf die Leistung von drahtlosen Netzwerkdiensten auswirkt.
- 802.11bi ist aus einem früheren Projekt hervorgegangen, bei dem es um Datenschutzfragen ging, insbesondere um standardisierte Schritte, die verhindern, dass Netzwerke den Standort oder die Bewegungen eines Benutzers verfolgen.