6G
Was ist 6G?
Der Mobilfunkstandard 5G ist mittlerweile in Deutschland je nach Mobilfunkanbieter für 90 bis 98 Prozent der deutschen Bevölkerung verfügbar. Es handelt sich dabei aber zum weitaus größten Teil um eine Mischform aus 4G und 5G, 5G NSA oder 5G Non-Standalone genannt. Das echte 5G, 5G Standalone oder 5G SA, das im Gegensatz zu 5G NSA die volle Performance bietet, ist bei Weitem noch nicht so verbreitet – abhängig vom Mobilfunkanbieter ist es für Privatpersonen sogar überhaupt noch nicht buchbar. Die Industrie arbeitet aber schon am Nachfolger von 5G, folgerichtig 6G genannt.
6G steht für Sixth Generation Wireless. 6G-Netzwerke werden in der Lage sein, höhere Frequenzen als 5G-Netzwerke zu nutzen sowie eine erheblich höhere Kapazität und deutlich geringere Latenz zu bieten. Eines der Ziele von 6G ist die Unterstützung von Kommunikation mit einer Latenzzeit von einer Mikrosekunde. Das bedeutet, 1.000 Mal schneller als bei einer Millisekunde – oder ein Tausendstel der anvisierten bestmöglichen 5G-Latenz.
Es ist zu erwarten, dass der Markt für 6G-Technologie große Verbesserungen bei Imaging, Präsenztechnologie und Standorterkennung (Location Awarness) ermöglichen wird. In Zusammenarbeit mit künstlicher Intelligenz (KI) wird die Recheninfrastruktur von 6G den optimalen Standort für das Computing autonom bestimmen. Dazu gehören Entscheidungen über Data Storage, Verarbeitung und File Sharing.
Es ist wichtig zu wissen, dass 6G noch keine funktionierende Technologie ist. Während einige Hersteller schon in den Mobilfunkstandard der nächsten Generation investieren, sind die Branchenspezifikationen für 6G-fähige Netzwerkprodukte noch Jahre entfernt.
Was sind die Vorteile von 6G gegenüber 5G?
6G-Netzwerke werden mit Signalen am oberen Ende des Funkspektrums arbeiten. Es ist noch zu früh, um ungefähre Angaben zu den 6G-Datenraten zu machen. Aber Dr. Mahyar Shirvanimoghaddam, Dozent an der Universität von Sydney, hält eine theoretische Spitzendatenrate von einem Terabyte pro Sekunde (TByte/s) für Mobilfunkdaten für möglich. Diese Schätzung bezieht sich auf Daten, die in kurzen Intervallen über begrenzte Entfernungen übertragen werden. Das südkoreanische Unternehmen LG hat diese Art von Technologie, die auf adaptiver Strahlformung (Adaptive Beamforming) basiert, im Jahr 2021 vorgestellt.
Dieses Maß an Kapazität und Latenzzeit wird die Leistung von 6G-Anwendungen erhöhen. Es wird auch den Umfang der Fähigkeiten erweitern, um neue und innovative Anwendungen in den Bereichen drahtlose Konnektivität, Kognition, Sensorik und Bildgebung zu unterstützen. Mit 6G werden Access Points in der Lage sein, mehrere Clients gleichzeitig über ein orthogonales Frequenzmultiplexverfahren (Orthogonal Frequency-Division Multiple Access, OFDMA) zu bedienen.
Die höheren Frequenzen von 6G ermöglichen viel schnellere Abtastraten als bei 5G. Die werden auch einen signifikant besseren Durchsatz und höhere Datenraten ermöglichen. Die Kombination von Sub-mm-Wellen (Wellenlängen, die kleiner als ein Millimeter sind) und Frequenzselektivität, um relative elektromagnetische Absorptionsraten festzustellen, könnte möglicherweise zu erheblichen Fortschritten in der Wireless-Sensing-Technologie führen.
Mobile Edge Computing (MEC) wird Bestandteil aller 6G-Netzwerke sein, während man es in bestehende 5G-Netzwerke erst explizit implementieren muss. Nach der Bereitstellung von 6G-Netzwerken werden Edge Computing und Core Computing als Teil eines kombinierten Kommunikations-/Computing-Infrastruktur-Frameworks sehr viel nahtloser integriert sein. Dieser Ansatz wird, wenn die 6G-Technologie in Betrieb geht, viele potenzielle Vorteile mit sich bringen, zum Beispiel einen besseren Zugriff auf KI-Funktionen.
Wann ist mit 6G-Internet zu rechnen?
Man geht davon aus, dass 6G-Internet im Jahr 2030 kommerziell startet. Die Technologie nutzt das verteilte Radio Access Network (RAN) und das Terahertz-Spektrum (THz) stärker, um die Kapazität zu vergrößern, die Latenz zu verringern und das Spectrum Sharing zu verbessern.
Während bereits erste Diskussionen zur Definition von 6G stattfanden, begannen die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (F&E) im Jahr 2020 ernsthaft. 6G wird die Entwicklung fortschrittlicher Mobilfunktechnologien erfordern, zum Beispiel kognitive und hochsichere Netzwerke. Außerdem wird eine um Größenordnungen schnellere Erweiterung der spektralen Bandbreite als bei 5G erforderlich sein.
Viele der Probleme im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Millimeterwellenfunk für 5G müssen rechtzeitig gelöst werden, damit Netzwerkdesigner die Herausforderungen von 6G bewältigen können.
Wie wird 6G funktionieren?
Man rechnet damit, dass Wireless-Sensing-Lösungen mit 6G verschiedene Frequenzen selektiv nutzen werden, um die Absorption zu messen und die Frequenzen entsprechend anzupassen. Das ist möglich, weil Atome und Moleküle elektromagnetische Strahlung bei charakteristischen Frequenzen emittieren/absorbieren und die Emissions- und Absorptionsfrequenzen für ein bestimmtes Material gleich sind.
6G wird beträchtliche Auswirkungen für viele staatliche und industrielle Ansätze im Bereich öffentliche Sicherheit und Schutz kritischer Assets haben. Dazu zählen:
- Bedrohungserkennung
- Gesundheits-Monitoring
- Feature- und Gesichtserkennung
- Entscheidungsfindung auf Gebieten wie Strafverfolgung und Social-Credit-Systeme
- Messungen der Luftqualität
- Gas- und Toxizitätserkennung
- Sensorische Schnittstellen, die sich wie das echte Leben anfühlen
Verbesserungen in diesen Bereichen würden auch der Mobiltechnologie sowie neuen Technologien, etwa Smart Cities, autonomen Fahrzeugen sowie Virtual Reality und Augmented Reality, zugutekommen.
Brauchen wir 6G überhaupt?
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum die 6G-Technologie benötigt wird. Dazu gehören:
- Technologiekonvergenz: Die sechste Generation der Mobilfunknetze wird mehrere ehemals disparate Technologien integrieren, unter anderem Deep Learning und Big Data Analytics. Die Einführung von 5G hat den Weg für den Großteil dieser Konvergenz geebnet.
- Edge Computing: Die Notwendigkeit, Edge Computing bereitzustellen, um einen Gesamtdurchsatz und eine geringe Latenz für extrem zuverlässige Kommunikationslösungen mit niedriger Latenz zu gewährleisten, ist ein wichtiger Treiber für 6G.
- Internet der Dinge: Gleiches gilt für die Unterstützung der M2M-Kommunikation (Machine-to-Machine) im Internet of Things (IoT).
- High-performance computing (HPC): Darüber hinaus ist ein enger Zusammenhang zwischen 6G und High Performance Computing (HPC) festgestellt worden. Während einige der Daten von IoT- und Mobilgeräten mittels Edge-Computing-Ressourcen verarbeitet werden können, wird der überwiegende Teil eine Verarbeitung durch stärker zentralisierte HPC-Ressourcen erfordern.
Wer arbeitet an der 6G-Technologie?
Das Rennen um 6G zieht die Aufmerksamkeit vieler Branchenakteure auf sich. Dazu zählen auch Keysight Technologies und Rhode&Schwarz sowie weitere Anbieter von Test- und Messlösungen sowie Antennen. Große Infrastrukturunternehmen wie Ericsson, Huawei, Nokia und Samsung haben signalisiert, dass sie 6G-Forschung und -Entwicklung in Arbeit haben.
Es ist sehr gut möglich, dass dadurch der Wettlauf um 5G zur Nebensache gerät, weil es spannender ist, zu beobachten, welche Länder den Markt für die 6G-Technologie und verwandte Anwendungen, Services und Lösungen dominieren.
Folgend finden Sie einige der wichtigsten laufenden Projekte.
- Die Universität Oulu in Finnland hat das Forschungsprojekt 6Genesis auf den Weg gebracht, um eine 6G-Vision für 2030 zu entwickeln. Die Universität hat außerdem eine Kooperationsvereinbarung mit dem japanischen Beyond 5G Promotion Consortium unterzeichnet, um die Arbeit des finnischen Forschungsprogramms 6G Flagship zu 6G-Technologien zu koordinieren.
- Das südkoreanische Electronics and Telecommunications Research Institute erforscht das Terahertz-Band für 6G und arbeitet an Datengeschwindigkeiten, die 100 Mal schneller sind als 4G-LTE-Netzwerke und fünfmal schneller als 5G-Netzwerke.
- Das chinesische Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (Ministry of Industry and Information Technology, MIIT) investiert in die 6G-Forschung und -Entwicklung und überwacht diesen Prozess.
- In den Vereinigten Staaten hat die Federal Communications Commission (FCC) 2020 die Frequenzen über 95 Gigahertz (GHz) bis 3 THz für 6G-Spektrumtests freigegeben.
- Hexa-X ist ein europäisches Konsortium aus führenden Vertretern von Hochschulen und Industrie, das die Forschung zu 6G-Standards vorantreiben will. Das finnische Kommunikationsunternehmen Nokia leitet dieses Projekt, an dem auch der schwedische Betreiber Ericsson und die italienische TIM beteiligt sind.
- In Deutschland hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2021 bundesweit vier Hubs zur Erforschung der Zukunftstechnologie 6G ausgewählt. Je ein 6G-Forschungs-Hub entsteht unter Koordination des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (Open6GHub), des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut, HHI (6G-RIC), der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (6GEM) und den Technischen Universitäten Dresden/ München (6G-Life).
- Forscher der Universität Osaka in Japan und der australischen Universität Adelaide haben einen Mikrochip auf Siliziumbasis entwickelt, der über einen speziellen Multiplexer verfügt, um Daten zu teilen und eine effizientere Verwaltung von Terahertz-Wellen zu ermöglichen. Während der Tests behaupteten die Forscher, das Gerät übertrage Daten mit 48 GBit/s, verglichen mit der theoretischen Grenze von 10 GBit/s von 5G.
Künftiger Anwendungsbereich von 6G-Netzwerken
Vor ungefähr zehn Jahren wurde der Begriff Beyond 4G (B4G) geprägt. Damit wollte man auf die Notwendigkeit hinweisen, die Evolution von 4G über den LTE-Standard hinaus voranzutreiben. Es war nicht klar, was 5G mit sich bringen würde, und zur damaligen Zeit waren nur F&E-Prototypen ohne verbindliche Standards in Arbeit. Der Begriff B4G blieb eine ganze Weile erhalten und deutete an, was jenseits von 4G möglich und potenziell nützlich sein könnte. Ironischerweise entwickelt sich der LTE-Standard nach wie vor weiter, und einige Aspekte finden sich in 5G wieder.
Ähnlich wie B4G kann man Beyond 5G (B5G) als Wegbereiter für 6G-Technologien begreifen, die die Fähigkeiten der fünften Mobilfunkgeneration und 5G-Anwendungen ersetzen werden. Die vielen privaten Wireless-Implementierungen von 5G, einschließlich LTE, 5G und Edge Computing für Unternehmens- und Industriekunden, haben geholfen, die Grundlagen für 6G zu schaffen.
6G-Wireless-Netzwerke der nächsten Generation werden dabei noch einen Schritt weiter gehen. Durch sie wird ein Netz von Kommunikationsanbietern entstehen, von denen sich viele ihr eigenes Netz aufbauen, ähnlich wie die Integration von Solarenergie zur gemeinsamen Energieerzeugung im Smart Grid geführt hat.
Data Center sehen sich aufgrund von 5G bereits mit großen Veränderungen konfrontiert. Dazu gehören Virtualisierung, programmierbare Netzwerke, Edge Computing und Probleme rund um die gleichzeitige Unterstützung von öffentlichen und privaten Netzwerken. Eventuell wünschen sich zum Beispiel einige Geschäftskunden eine Kombination von On-Premises RAN mit Hybrid On-Premises und Hosted Computing – jeweils für Edge und Core Computing – sowie im Data Center gehostete Core-Netzwerkelemente für private Business-Netzwerke oder alternative Service-Provider.
6G-Mobilfunknetzwerke werden die Mittel für Kommunikation und Datenerfassung liefern, die notwendig sind, um Informationen zu sammeln. Für den 6G-Technologiemarkt wird aber ein Systemansatz benötigt. Er wird Data Analytics, KI und Berechnungsmöglichkeiten der nächsten Generation über HPC und Quantencomputing umfassen.
Zusätzlich zu den tiefgreifenden Veränderungen in der RAN-Technologie wird 6G durch die Konvergenz zahlreicher neuer Technologien auch Veränderungen in der Struktur des Kernkommunikationsnetzwerks mit sich bringen. Vor allem die künstliche Intelligenz wird mit 6G in den Mittelpunkt rücken.
Zu den weiteren Veränderungen, die 6G voraussichtlich mit sich bringen wird, gehören:
- Nano-Core: Es wird erwartet, dass sich ein sogenannter Nano-Core als gemeinsamer Rechenkern herausbildet, der Elemente von HPC und KI umfasst. Der Nano-Kern muss kein physisches Netzwerkelement sein. Stattdessen könnte es sich um eine logische Sammlung von Rechenressourcen handeln, die sich viele Netzwerke und Systeme teilen.
- Koordinierung von Edge und Core: 6G-Netzwerke werden wesentlich mehr Daten erzeugen als 5G-Netzwerke. Die Datenverarbeitung wird sich dahin gehend weiterentwickeln, dass eine Koordinierung zwischen Edge- und Core-Plattformen erforderlich ist. Als Reaktion auf diese Veränderungen müssen sich die Data Center weiterentwickeln.
- Datenverwaltung: Die 6G-Funktionen in den Bereichen Sensorik, Bildgebung und Standortbestimmung werden riesige Datenmengen erzeugen, die im Auftrag der Eigentümer des Netzwerks, der Dienstanbieter und der Datenbesitzer verwaltet werden müssen.
Was ist ein 7G-Netzwerk und warum ist es notwendig?
Obwohl 6G-Netzwerke frühestens im Jahr 2032 einsatzbereit sein werden, hat die Forschung an Mobilfunktechnologien der siebten Generation (7G) bereits begonnen. Das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) entwickelt mithilfe seiner Arbeitsgruppe Extremely High Throughput die 802.11be-Spezifikation für 7G und eine Branchenzertifizierung in Zusammenarbeit mit der Wi-Fi Alliance.
Der überarbeitete Standard des IEEE wird für Mai 2024 erwartet. Die Gerätehersteller erhalten damit Designspezifikationen für die Interoperabilität und Performance.
6G-Netzwerke versuchen, schnelle Gigabit-Ethernet-Konnektivität auf kommerzielle und private Geräte auszuweiten. Man erwartet, dass 6G einen wesentlich höheren Durchsatz und Datenfluss bietet. In der geplanten Form wird 6G Folgendes ermöglichen:
- theoretische Datenrate von bis zu 400 GBit/s gleichzeitig über mehrere Gigahertz-Kanäle
- bis zu drei Kanäle mit 160 Mhz Bandbreite
- Multiplexing von bis zu acht Spatial Streams.
6GE (das E steht für Extension) ist ein Zwischenschritt zwischen 6G und 7G. Diese Verbindungen nutzen einen neu lizenzierten 6-GHz-Kanal, der die verfügbaren Frequenzen für die Übertragung von 6G-Signalen erweitert. Die FCC in den USA war die erste Regulierungsbehörde, die 2020 grünes Licht für das 6-GHz-Spektrum gab, um die Innovation von 6GE-Wi-Fi-Geräten zu fördern.
Die 7G-Technologie wird einen Quantensprung in der Bandbreite darstellen, um ultradichte Workloads zu unterstützen. 7G besitzt beispielsweise das Potenzial, durch die Integration in Satellitennetzwerke für Erdbeobachtung, Telekommunikation und Navigation eine kontinuierliche globale Wireless-Konnektivität zu ermöglichen. Unternehmen könnten 7G einsetzen, um Fertigungsprozesse zu automatisieren und Anwendungen zu unterstützen, die eine hohe Verfügbarkeit, vorhersehbare Latenz oder eine garantierte Quality of Service (QoS) erfordern.
Im Vergleich zu 6G ist 7G auf Folgendes ausgelegt:
- Die Datenübertragung soll fünfmal schneller sein wie bei 6G-Projektionen
- Verdoppelung der Kanalgröße auf 320 MHz
- Bereitstellung von 16 Spatial Streams, verglichen mit acht bei 6G.