Welche Lebensdauer haben Festplatten wirklich?
Wie lange leben Festplatten? Die Herstellerangaben dazu sind nicht unbedingt hilfreich. Aber die Realität sieht besser aus als Sie vielleicht glauben.
Ein Maß für Zuverlässigkeit von Festplattenlaufwerken ist der vom Hersteller angegebene MTBF-Wert (Mean Time Between Failures). Aber wie langen halten Hard Disks wirklich und lohnt sich diesbezüglich eventuell der Aufpreis für Enterprise-Festplatten?
Mit dem MTBF-Wert lässt sich die Wahrscheinlichkeit errechnen, wie lange es dauert, bis eine Festplatte ausfällt. Doch alle Theorie ist grau und die Herstellerangaben möglicherweise zu optimistisch. Um statistisch tragfähige Aussagen zur Lebensdauer von Festplatten oder anderen Geräten "im wirklichen Leben" machen zu können, benötigt man eine ausreichend hohe Fallzahl. Aber wer verwendet schon hunderte Laufwerke - möglichst noch von unterschiedlichen Herstellern - und führt Buch zu den Ausfällen?
Glücklicherweise hat der Cloud-Backup-Anbieter Backblaze entsprechendes Zahlenmaterial veröffentlicht. Die Kalifornier bieten unlimitiertes Cloud-Backup ab 3,96 US-Dollar im Monat. Laut Gleb Budman, CEO von Backblaze, stellte man in der Planungsphase für den Dienst sehr schnell fest, dass die anvisierten Endkunden-fähigen Preise mit den Enterprise-Storage-Lösungen von EMC, HDS, Netapp und Co. nicht zu realisieren sein würden. Das Backblaze-Team entwickelte daher eigene Speichersysteme mit günstiger Standard-Hardware, die so genannten StoragePods. Pro Gehäuse können 45 Stück 3,5-Zoll Laufwerke eingesetzt werden. Insgesamt hat Backblaze so bis Ende 2013 rund 75 Petabyte Speicherkapazität für Cloud-Backup realisiert.
BlackBlaze setzt zwar mehrheitlich Standard-Festplatten ein, hat aber auch Enterprise-Laufwerke in Verwendung. Im Backblaze-Blog veröffentlicht der Cloud-Backup-Anbieter unter anderem seine Erfahrungen mit der Lebensdauer der Festplatten. Das Zahlenmaterial basiert auf dem Betrieb von 25.000 Consumer-Festplatten, die 24x7 rund um die Uhr permanent laufen. Das sind verschärfte Bedingungen für Consumer-Laufwerke, für die von den Plattenherstellern eigentlich Enterprise-Laufwerke empfohlen werden.
Die Hälfte der Festplatten wird über sechs Jahre alt
78 Prozent der Laufwerke leben länger als vier Jahre, nur 22 Prozent sterben einen früheren Tod. In den ersten 18 Monaten liegt die Fehlerrate bei rund fünf Prozent, sinkt dann ab um nach drei Jahren Dauerbetrieb signifikant zu steigen. Das entspricht in etwas den Erwartungen, die sich aus der so genannten Badewannenkurve ergeben. Material- und Herstellungsfehler führen am Anfang zu höheren Ausfällen. Ist diese kritische Zeit überstanden, gibt es weniger Tote zu beklagen. Nach drei Jahren Betrieb machen sich dann aber Verschleisserscheinungen bemerkbar und die Ausfallrate steigt deutlich an.
Backblaze geht nach den bisherigen Erfahrungen davon aus, dass die Hälfte der Festplatten nicht älter als sechs Jahre aushält.
Enterprise-Festplatten sind nicht zuverlässiger
In einem weiteren Blogbeitrag widmet sich das Backblaze-Team speziell den Enterprise-Festplatten. Die Ergebnisse basieren auf Laufwerken, die in einem EMC- und Dell-Storage-System arbeiten. Aufgrund der geringeren Fallzahl, der anderen Hardware-Umgebung und unterschiedlichen Betriebsbedinungen sind die Ergebnisse sicher nicht vollständig mit den Consumer-Platten vergleichbar. Allerdings testete Backblaze auch einen StoragePod mit Enterprise-Festplatten. Von den insgesamt 368 Festplatten in den drei Systemen fielen 17 in den ersten zwei Jahre aus, was rund 4,6 Prozent entspricht. Ergebnisse über mehr als zwei Jahre Betrieb kann Backblaze noch nicht bieten. Als erste Erkenntnis lässt sich aber sagen, dass die teuren Enterprise-Festplatten in der Praxis zunächst einmal nicht unbedingt zuverlässiger als gängige Consumer-Laufwerke sind.
Allerdings garantieren die Festplattenhersteller, dass Sie ein entsprechendes HDD-Modell auch nach Jahren noch nachkaufen können. Diese Garantie ist beim Einsatz in professionellen Enterprise-Storage-Lösungen unverzichtbar.